Josef Moosbrugger

Landwirtschaftskammer-Präsident 

Stellungnahme zum Beitrag ‚Bauernspiele der Unverfrorenheit“

September 2018

Der Artikel – entnommen aus dem „Standard“ – ist voll von Vorurteilen gegenüber den Bauern und ihrer Vertretung. Der Autor Stefan Brocza wirft der Landwirtschaft vor, sich 70 Prozent ihres Einkommens schenken zu lassen. 

Wer einen offenen Blick in die Vorarlberger Landschaft wirft, müsste mit freiem Auge erkennen, dass die Agrargelder keine Geschenke sind, sondern eine Abgeltung bäuerlicher Leistungen. Hat die Seilbahnwirtschaft jemals nachgerechnet, was sie jährlich für die Pistenpflege ausgeben müsste, würden das nicht die Älpler und Bauern tun? Würden die Bäuerinnen und Bauern die Hänge und Alpen nicht mehr bewirtschaften, würde dort Gebüsch wuchern. Wohin sollten dann die Gastonomen und Hoteliers ihre Gäste schicken, und wo sollten sich dann die Vorarlbergerinnen und Vorarlberger erholen? 

Öffentlicher Beitrag zur Lebens- und Standortqualität 

An anderer Stelle in diesem Blatt wird festgestellt, wie wichtig die Lebensqualität für den Wirtschaftsstandort Vorarlberg ist. Sich einmal tiefgründiger damit auseinandersetzen, was die Vorarlberger Landwirtschaft mit ihren bäuerlichen Spezialitäten und der gepflegten Landschaft zur Lebensqualität in unserem Land beiträgt, würde genügen, um den Nutzen bäuerlicher Arbeit für die Menschen und die Wirtschaft in Vorarlberg zu erkennen. 

Ich glaube auch zur Marke „Vorarlberg“, die gerade erarbeitet wird, kann die Land-, Forst- und Holzwirtschaft viel Vorarlberg-Prägendes beitragen. Auch dazu würde es sich lohnen, das Thema, was es Prägendes aus bäuerlicher Hand und Tradition gibt, näher zu beleuchten. In diesem Lichte kommt man wohl bald drauf, dass die öffentlichen Gelder für die landwirtschaftliche Arbeit kein Geschenk sind. Sie sind das Entgelt für nachgewiesene öffentliche Leistungen, die Bürger und Gäste konsumieren, aber dafür keinen direkten finanziellen Beitrag leisten. 

Erschwerte Bedingungen und höhere Standards 

Man sollte auch nicht außer Acht lassen, dass Österreichs Bäuerinnen und Bauern unter oft erschwerten Bedingungen und in einer im internationalen Vergleich sehr kleinen Betriebsstruktur arbeiten. Sie tun dies gleichzeitig unter deutlich höheren ökologischen und regulatorischen Standards und damit höheren Kosten als ihre ausländischen Konkurrenten. Genau dieser Berufsgruppe vorzuwerfen, es sich in der „beruflichen Hängematte“ bequem zu machen, ist blanker Zynismus. 

Objektivität und Sachlichkeit 

Der Autor bezichtigt zudem die „hyperventilierende“ Ministerin der Unkenntnis der Grundrechnungsarten. Gleichzeitig weiß er aber offensichtlich nicht, dass Österreich gerade in den Programmen für Bergbauern, Umwelt und Bio so viele Leistungen erbringt wie kein anderes Land in der EU und daher von den vorgeschlagenen Kürzungen (15 Prozent) in diesem Bereich ganz besonders betroffen wäre. 

Die offensichtlich ideologisch bedingte Abneigung des Autors gegenüber einem Berufsstand wird auch darin sichtbar, dass man diesem pauschal die Verunreinigung des Grundwassers, die Ausrottung der Insekten und die Abnahme des Vogelbestandes vorwirft. Er negiert dabei den in vielen Vergleichsdaten nachweisbar hohen ökologischen Standard der österreichischen Landwirtschaft und den internationalen Spitzenwert der österreichischen Wasserqualität. Mehr noch, der Autor schreibt gerade so, als wären die Bauern alleine für alle ökologischen Probleme verantwortlich. 

Zur Wahrung der Objektivität würde es sich lohnen, die größeren Zusammenhänge darzustellen. Das Österreichische Wirtschaftsforschungsinstitut hätte dazu einiges an Daten und Erkenntnissen zu liefern.

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