René Schmidpeter

Er ist ein international anerkannter Stratege für CSR (Corporate Social Responsibility), Vordenker und Publizist. Er lehrt an renommierten Hochschulen im In- und Ausland und ist wissenschaftlicher Leiter des Zentrums für humane Marktwirtschaft in Salzburg. Er hat zudem einschlägige Publikationen zum Thema „Gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen“ veröffentlicht und ist Herausgeber der CSR-Management-reihe sowie der internationalen Flaggschiffreihe „CSR, Sustainability, Ethics and Governance“ beim Verlag Springer Gabler.

Wettbewerbsvorteil Vertrauen

Oktober 2014

Wie Vertrauen und Verantwortung immer mehr zum Wettbewerbsvorteil unserer Wirtschaft werden. René Schmidpeter erklärt, wie sich Unternehmen durch die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung erfolgreich am Markt positionieren und warum es sich gerade für mittelständische Unternehmen lohnt, in Vertrauen zu investieren.

Vertrauen ist in der heutigen Zeit ein wichtiges Gut. Insbesondere in Zeiten der Unsicherheit gewinnt Vertrauen zunehmend an wirtschaftlicher Bedeutung. Seit 2008 wurden durch die Finanzkrise mehrere Billionen an Werten und eine Menge Vertrauen zerstört. Die süd- und osteuropäischen Länder sind ganz besonders von den Entwicklungen an den internationalen Finanzmärkten betroffen. Es zeigt sich deutlich, wie schnell Finanzkapital – quasi per Knopfdruck – von einer Region in eine andere fließen kann. Dies hat auch massiven Einfluss auf die Realwirtschaft und damit direkten Einfluss auf die Zukunftsfähigkeit ganzer Branchen, Unternehmen und deren Standorte. Wir erlebten unmittelbar in der Krise einen Ruf nach mehr Politik, und diese zeigte in der Anfangsphase massiven Aktionismus: Die Politik rettete zwar die Banken, aber in vielen anderen Bereichen wurde der notwendige Strukturwandel nicht mit gleichem Engagement vollzogen. So gab es zwar die Abwrackprämie, aber keine grundlegend positive Veränderung der Rahmenbedingungen für wirtschaftliches Handeln.

Im Gegensatz dazu erkannten viele Unternehmen die Zeichen der Zeit. Sie entwickelten neue innovative Produkte, Services und Märkte, um den gesellschaftlichen Wandel aktiv mitzugestalten. Dieses proaktive Handeln der Unternehmen zeitigt auch bereits erste positive Effekte in puncto Vertrauen. Seit 2011 zeigt das international wichtigste Vertrauensbarometer, das Edelmann Trust Barometer, dass das Vertrauen in die Wirtschaft weltweit höher ist als das Vertrauen in die Politik. Im Jahr 2014 hat der Vertrauensabstand zwischen Wirtschaft und Politik mit 14 Prozent seinen Höchstwert erreicht (weltweites Vertrauen in die Politik: 44 Prozent – weltweites Vertrauen in die Wirtschaft: 58 Prozent).

Diese Verantwortungsübernahme durch Unternehmer wird immer öfter sowohl als Wettbewerbsvorteil für die Unternehmen als auch als Standortvorteil für unser Land gesehen. Mittelständische und familiengeführte Unternehmen streben schon aus der Verbundenheit zum Standort nach einem nachhaltigen Unternehmenserfolg. Man kann mit gutem Recht sagen: Gesellschaftliche Verantwortung ist für den Mittelstand kein Fremdwort. Aber: Corporate Social Responsibility als Managementkonzept, das heißt als aktiv gesteuerte und explizit formulierte, in alle Unternehmensabläufe integrierte gesellschaftliche Verantwortungsstrategie ist für viele Unternehmen oft noch neu. CSR ist zwar implizit im Unternehmen vorhanden, doch nicht explizit festgelegt bzw. nach innen und außen kommuniziert.

Deshalb stellt sich eine weitere Frage: Brauchen KMU ein aktives Verantwortungsmanagement bzw. neuhochdeutsch CSR? Die klare Antwort: ja. Denn:

1. Explizite CSR ermöglicht den Einbezug der Mitarbeiter bei der Verantwortungsübernahme. Auf Grundlage einer expliziten CSR-Strategie können sich die Mitarbeiter in die Formulierung und Weiterentwicklung der Verantwortungsziele einbringen und diese gemeinsam mit der Geschäftsführung weiterentwickeln. Dadurch werden Innovationspotenziale besser genutzt und die Identifikation der Mitarbeiter mit der Verantwortungsübernahme wird erhöht.

2. Bei Übergabe des Unternehmens wird auch die Verantwortungskultur weitergegeben. Eine explizit auch mit den Nachfolgern besprochene und ausgearbeitete Verantwortungsstrategie kann im Fall der Unternehmensübergabe mit weniger Problemen an die nächste Generation weitergegeben werden.

3. Bei unternehmerischem Handeln kann die explizite Verantwortungsstrategie genutzt werden, um den eigenen Standpunkt zu vermitteln. Insbesondere im Handel bzw. in der Produktion im Ausland sind eigene Werte und Positionen für die Geschäftspartner nicht immer ersichtlich, daher trägt eine offene Kommunikation und Diskussion über die eigene Sicht auf Verantwortung und die eigenen CSR-Aktivitäten zum wechselseitigen Verständnis und damit zum Unternehmenserfolg bei.

4. Gerade bei einer dynamischen Unternehmensentwicklung ist es wichtig, auch die eigene Rolle in der Gesellschaft weiterzuentwickeln. Wenn sich das Unternehmen erfolgreich entwickelt und wächst, ist es wichtig, dass die ursprünglich vom Unternehmensgründer gelebte und gedachte Verantwortungsübernahme „mitwächst“. Dazu bedarf es gerade in Zeiten der Expansion eines expliziten Managements von Verantwortung.

5. In der Zusammenarbeit mit Großunternehmen wird immer mehr Professionalität im Umgang mit Verantwortung gefordert. Großunternehmen entwickeln derzeit aus eigenem Antrieb bzw. auf Druck der Öffentlichkeit weitreichende CSR-Strategien. Dies hat auch Konsequenzen für KMU als Zulieferer für Großunternehmen, weil neue Ansprüche und CSR-Kriterien seitens der Großunternehmen verstärkt eingefordert werden.

6. Auch die öffentlichen Auftraggeber fordern immer öfter explizite Verantwortungsübernahme. Für KMU, die für öffentliche Auftraggeber bzw. Großunternehmen arbeiten, wird daher die anhaltende Diskussion um CSR immer relevanter. Öffentliche Verwaltungen und Großunternehmen werden aufgrund von neuen „Procurement-Regelungen“ soziale und ökologische Kriterien bei der Auftragsausschreibung immer stärker einfordern.

7. Last but not least: Es zeigt sich, dass gesellschaftliche Herausforderungen (Demografie, Fachkräftemangel, Bildung, Inte­gration, Klimawandel) immer drängender werden. Dies ist Chance und Risiko zugleich.

Daraus folgt: CSR wird sich weiter durchsetzen, denn es zeigt sich, dass nachhaltiges Wirtschaften wirtschaftliche Vorteile mit sich bringt. Gerade in Zeiten hoher Unsicherheit gibt es viele Möglichkeiten, sich durch CSR am Markt zu differenzieren bzw. negativen Markteffekten proaktiv zu begegnen. Aber ohne eine explizite CSR-Strategie bleiben insbesondere viele KMU hinter dem möglichen Nutzen zurück, das heißt, die aus CSR resultierenden Chancen werden nicht im vollen Umfang genutzt. Denn analog dem Motto „Geht es der Wirtschaft gut, geht es den Menschen gut“ gilt im Umkehrschluss auch „Geht es den Menschen gut, geht es der Wirtschaft gut“ – ein Leitsatz, den insbesondere mittelständische Unternehmen tagtäglich mit Leben erfüllen.

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