Christoph Hoffmann

Director Corporate Strategy, Sustaina­bi­lity & Circular Economy bei ALPLA, beschäftigt sich mit den zentralen Zukunftsfragen der weltweit tätigen ALPLA Gruppe. Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft spielen in seinem Verantwortungsbereich naturgemäß zentrale Rollen.

Kunststoffmythen auf dem Prüfstand

Juli 2019

Christoph Hoffmann, Director Corporate Strategy, Sustainability & Circular Economy bei ALPLA plädiert in seinem Gastbeitrag an alle Plastik-Hasser: „Checkt eure Fakten!“

Sehen wir uns zuerst die Ausgangssituation an: Wie wird Kunststoff in der Öffentlichkeit derzeit wahrgenommen? Mal ehrlich, das Image von Plastik kann sich niemand schön reden. Die Bilder von verschmutzten Stränden kennen wir alle zu gut. Littering ist ein großes Problem und ein riesen Aufreger. Das hat zu einer emotionalen Diskussion über Sinn und Unsinn von Verpackungen geführt, in der folgende Argumente häufig fallen: Viele Verpackungen sind überflüssig. Der Verzicht darauf würde fossile Ressourcen schonen, CO2-Emissionen reduzieren und das Littering-Problem lösen. Und außerdem gibt es tolle Alternativen wie Glas oder Metall. Ist das alles richtig?

Mythos 1: Verpackungen sind überflüssig

Frische Lebensmittel wie Gemüse oder Fleisch halten verpackt zwischen zehn und 25 Tagen länger als unverpackte Produkte. Als Faustregel gilt: Die CO2-Emissionen für die Herstellung einer Verpackung liegen bei weniger als zehn Prozent des CO2-Ausstoßes, der für die Herstellung des Lebensmittels verursacht wird. Sichere, hygienische Verpackungen verhindern aber das frühzeitige Verderben von Lebensmitteln. Diese Funktion von Verpackungen ist alles andere als überflüssig. Denn mehr als ein Drittel aller weltweit hergestellten Lebensmittel wird verschwendet. Dieser Food Waste trägt laut FAO der Vereinten Nationen zu 8 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen bei. Wenn nur ein Bruchteil davon verhindert werden kann, sparen wir tonnenweise CO2 – und was noch viel mehr wiegt: Weniger Menschen auf dieser Erde leiden Hunger. 

Mythos 2: Verpackungen verschwenden Ressourcen

Nur vier Prozent der weltweiten Fördermengen von Rohöl fließen in die Herstellung von Kunststoffen, wovon nur etwa 36 Prozent zu Verpackungen verarbeitet werden. Diesen Irrglauben möchte ich aber auch von einer anderen Seite beleuchten: Kunststoff ist ein Wertstoff, genauso wie Metall oder Glas. Warum glauben also so viele Menschen, dass sich Wertstoffe in der Umwelt einfach in Luft auflösen sollen? Es ist nicht einmal schlau, Papier in die Natur zu werfen und darauf zu warten, dass es „verschwindet“. Der einzig richtige Weg ist nämlich, Wertstoffe im Kreislauf zu halten: Nach dem Gebrauch sammeln, sortieren, wieder aufbereiten und zu neuen Produkten verarbeiten, immer und immer wieder. 

Mythos 3: Verpackungen aus Glas oder Metall sind ökologisch besser

Sicher haben auch Sie schon zu einer Glasflasche gegriffen, obwohl das gleiche Produkt in einer Flasche aus PET im Regal gestanden wäre. Das war ökologisch gesehen gar nicht so klug, wie Ökobilanzen beweisen: Glas ist schwerer als Kunststoff und verursacht beim Transport mehr CO2. Beim Recycling benötigt Glas sehr hohe Temperaturen zum Einschmelzen. Alleine diese Tatsache lässt Einwegflaschen aus Glas im Vergleich zu Einwegflaschen aus PET mit Recyclinganteil mächtig alt aussehen. Richtig spannend wird der Faktencheck bei Mehrweggebinden: Kunststoffflaschen mit hohem Recyclinganteil lassen Glasflaschen in der Ökobilanz weit hinter sich. 
Womit sich der Kreis schließt. Sammeln und Wiederverwenden macht Sinn, spart Ressourcen und verhindert Treibhausgase. Aber zwischen den Zeilen steckt noch eine Nachricht für Sie: Sie als Konsument haben die Macht. Checken Sie Ihre Fakten, lassen Sie sich nicht von Emotionen leiten! Konsumieren Sie verantwortungsbewusst, kaufen Sie nicht nur die Verpackung (und schon gar nicht aus den falschen Motiven), sondern vor allem das Produkt! Ich bin der Meinung: Kunststoff ist ein Werkstoff mit guten Eigenschaften, den man wie alle anderen Ressourcen verantwortungsvoll einsetzen muss. Hassen muss man ihn definitiv nicht.

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