Andreas Dünser

Chefredakteur "thema vorarlberg" (andreas.duenser@themavorarlberg.at)

Kein Blatt vor den Mund nehmen!

März 2016

Blau machen, jemandem den Kopf waschen – oder jemandem etwas abknöpfen: Vom Ursprung und der Bedeutung bestimmter Redewendungen.

Jemandem reinen Wein einschenken
Diese Redewendung kommt aus dem Mittelalter: In alten Zeiten verdünnten Gastwirte den Wein oft mit Wasser oder essigsaurer Tonerde. Nur diejenigen, die nicht betrogen und ihren Gästen reinen Wein einschenkten, galten als ehrlich.

Jemanden etwas abknöpfen
Das Wort abknöpfen bezieht sich auf den alten Brauch, Knöpfe aus Edelmetallen oder anderen wertvollen Materialien zu verwenden, um seinen (Wohl-)Stand zu demonstrieren. Knöpfe waren damals keine Massenware, sondern – zumindest für Vermögende – von bestimmten Handwerkern hergestellte kunstvolle Statussymbole. In ländlichen Gebieten wurden oft auch Silbermünzen zu Knöpfen umgearbeitet. Kam es nun zu einem Überfall, wurde das vermögende Opfer oft nicht nur um Schmuck, Ware oder Geld erleichtert, sondern auch um die Knöpfe – sie wurden ihm abgeknöpft.

Eine lange Leitung haben
Als die Telegrafie und erst recht das Telefon noch recht junge Erfindungen waren, litt das Fernmeldewesen an einigen Kinderkrankheiten. Sowohl Qualität als auch Zuverlässigkeit der Übertragung ließen oft zu wünschen übrig. Je größer die Entfernung zwischen Absender und Empfänger war (mit entsprechend langen Leitungen), um so störanfälliger war auch die Verbindung.

Ins Fettnäpfchen treten
Um sich vor nassen Füßen zu schützen, war es vor Jahrhunderten bei Bauern zumindest in bestimmten Landkreisen üblich, in die Nähe der Eingangstür oder des Ofens einen Napf mit Fett zu stellen, aus dem Gäste bei Bedarf ihr Schuhwerk einfetten konnten. Wer unabsichtlich in den Napf trat, hinterließ freilich entsprechende Fußabdrücke im Hausinneren.

Auf dem Holzweg sein
Vor langer, langer Zeit, als die Wälder noch so dicht und tief waren wie zu Zeiten der Gebrüder Grimm, dienten sogenannte Holzwege dem – streckenweisen – Transport gefällter Bäume mittels Pferden oder Fuhrwerken. Zu irgendeinem sinnvollen Ziel führten diese Wege nicht – sie endeten oftmals im Nichts beziehungsweise mitten im dichten Wald. Wer auf einen Holzweg geraten war, musste entweder umkehren oder sich durchs Gebüsch schlagen.

Torschlusspanik
Torschlusspanik meinte ursprünglich die Angst, man könnte zu spät kommen und vor bereits verschlossenen Stadttoren stehen. Im Mittelalter, aber auch später noch, waren die meisten Städte von einer Stadtmauer umgeben. Hinein oder hinaus konnte man nur durch die Stadttore. Untertags war das kein Problem, aber mit Einbruch der Dunkelheit wurden die Tore zum Schutz vor Gesindel geschlossen. Dann war es für ankommende Reisende nicht mehr so einfach, in die schützende Stadt zu gelangen. Ein geringes Übel war noch die Gebühr, die vielerorts für den verspäteten Einlass anfiel. Schlimmer – weil gefährlicher – war es, außerhalb der Stadt übernachten zu müssen.

Das Geld zum Fenster hinauswerfen
Am alten Rathaus in Regensburg gibt es ein Fenster, in dem früher der Kaiser stand, um sich vom Volk huldigen zu lassen. In diesem Rathaus fand von 1663 bis 1806 der „Immerwährende Reichstag“ statt – die Ständevertretung im Heiligen Römischen Reich. Von hier aus warf der Kaiser Münzen aus dem Fenster, für die Armen im Volk. Da es aber die Steuergelder der Bürger waren, sagten sie zu Recht: „Er wirft unser Geld zum Fenster hinaus.“

Kein Blatt vor den Mund nehmen
Diese Redewendung entwickelte sich aus dem Theaterwesen. Früher ging es in den Komödien im Theater eher schonungslos zu – selbst hohe Staatsmänner und Politiker wurden verspottet und kritisiert. Damit sie dafür nicht bestraft werden konnten, versteckten Schauspieler ihre Gesichter oft hinter Masken – oder einfach hinter einem Blatt Papier. Mutige Mimen aber verzichteten darauf – sie nahmen im wahrsten Sinn des Wortes kein Blatt vor den Mund.

Blau machen
Diese Redensart stammt vom früheren „Blauen Montag“. Dieser freie Tag war bei Färbern gebräuchlich, welche die zu färbende Wolle am Sonntag zum Einwirken in das Färbebad legten. Montags nahmen sie die Wolle dann aus dem Bad und ließen sie an der Luft trocknen. Die spezielle Farbe, die damals verwendet wurde, reagierte in einer chemischen Reaktion mit der Luft und wurde blau. Die Färber mussten diese Reaktion abwarten, konnten währenddessen nichts tun und machten buchstäblich „blau“.

Seinen Senf dazugeben
Diese Redewendung stammt aus dem 17. Jahrhundert. Damals war Senf sehr wertvoll; war bei einem Essen Senf dabei, galt es als besonders. Deshalb gaben manche Wirte zu jedem Essen ein klein wenig Senf dazu, um es so den Gästen gegenüber attraktiver und kostbarer zu präsentieren. Nur passte der Senf gar nicht zu jedem Essen – und wurde damit zum geflügelten Wort für Menschen, die ungefragt ihre Meinung kundtun, obwohl diese gar keiner hören möchte.

Jemandem den Kopf waschen
Im Mittelalter wusch der sogenannte Bader Menschen, die in die Badestube gingen, die Haare. Dabei ging es recht grob zu, wenn der Bader Köpfe einseifte, mit Kleie bestreute und kräftig rieb. Badende empfanden die Kopfwäsche bisweilen als unangenehme Tortur. Die Redewendung ist erst ab dem 17. Jahrhundert überliefert.

Den Löffel abgeben
In früheren Zeiten war der einer schöpfenden Hand nachempfundene Löffel das wichtigste Teil des Essbestecks – für einfache Leute meist auch das einzige. Der Löffel war kein Massenprodukt wie in heutiger Zeit, sondern persönlicher Besitz, wurde oft auch aus Eisen, Zinn oder gar Silber gefertigt. Löffel waren wertvoll – und deswegen ein begehrtes Erbstück. Und wenn nun jemand einen solchen Löffel vererbt bekam, hieß das, dass sein Vorbesitzer ihn abgegeben hatte, also gestorben war.

Etwas auf die hohe Kante legen
Diese Redewendung kommt aus dem Mittelalter, als die Menschen ihr Geld zu Hause aufbewahrten. Beliebte Verstecke waren die Kanten hoher, uneinsehbarer Möbelstücke – man legte sein Geld also im wahrsten Sinn des Wortes „auf die hohe Kante“.

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