Heiko Gebauer
Kurt Matzler

Pro & Contra - Strategie oder Bauchgefühl?

April 2016

Strategie oder Bauchgefühl: Was ist entscheidend für die Unternehmensentwicklung? Das ist nur eine der Fragen, die im Rahmen des neuen Messeformats „Karl“ (3. Mai bis 2. Juni) diskutiert werden. „Thema Vorarlberg“ lud zwei Teilnehmer vorab zu einer Debatte. Los geht’s …

Heiko Gebauer - Strategie

Werkplatz und Denkfabrik Vorarlberg brauchen Innovationen, die über technische Produkte und Dienstleistungen hinausgehen. Unternehmen müssen auch in innovative Geschäftsmodelle investieren. Ein Geschäftsmodell beschreibt – einfach gesagt – das Wertversprechen, die Wertschöpfung und das Erlösmodell eines Unternehmens.

Internationale Unternehmen wie der Reifenhersteller Michelin machen es vor. Statt ausschließlich in Innovationen für höhere Reifenqualität zu investieren, brachte Michelin die Lösung EFFITIRESTM auf den Markt. Mit dieser Lösung garantiert Michelin einen Preis pro 1000 km, die der Reifen benutzt wird. Das Geschäftsmodell basiert nicht mehr auf dem Verkauf von Reifen, sondern auf dem Verkauf der Kilometerleistung. Auch Start-ups wie Dropbox setzen auf innovative Geschäftsmodelle. Dropbox hat ein Freemium-Modell. Es bietet kostenlosen Speicherplatz im Internet. Die Qualität der Leistung ist so hoch, dass die Kunden nicht nur sehr zufrieden sind. Sie beginnen auch, für eine Erweiterung des Speicherplatzes eine monatliche Gebühr zu bezahlen.

Auch Unternehmen aus Vorarlberg investieren in innovative Geschäftsmodelle. Für Stromversorger wie die VKW, reicht es heute nicht mehr aus, Strom zu erzeugen und abzurechnen. Trends wie die Verbesserung der Energieeffizienz führen bei Stromversorgern zu neuen Geschäftsmodellen. Statt sich für den produzierten Strom bezahlen zu lassen, bezahlen Kunden zukünftig nur für die vereinbarte Energieeinsparung.
Der Weg zu innovativen Geschäftsmodellen führt über die Strategie. Unternehmen müssen ihr heutiges Geschäftsmodell hinterfragen. Auch dann, wenn sie heute noch erfolgreich sind. Kreativ- oder Strategieworkshops sollten dazu genutzt werden, Ideen für neue Geschäftsmodelle zu generieren. Diese Ideen sollten dann nicht durch ein bloßes Bauchgefühl („das ist eine gute Idee“), sondern mit einer strategischen Initiative umgesetzt werden. Diese Initiative beginnt mit der Erarbeitung der einzelnen Elemente im Geschäftsmodell: Wer ist mein Kunde?, Wie erreiche ich meine Kunden? Welchen Wert verspreche ich meinen Kunden?, Wie generiere ich Wert für meine Kunden? Wer sind meine Schlüsselpartner? Und wie funktioniert mein Erlösmodell?

Es ist wichtig, die Elemente an die Marktgegebenheiten und die Kundenwünsche anzupassen. Die Praxis spricht oft davon, dass Geschäftsmodell-Ideen nur so lange überleben, bis sie das erste Mal auf einen Kunden treffen. Erst nach dieser Phase des Experimentierens beginnen Unternehmen mit einer Umsetzung im Markt. Damit diese Umsetzung nicht auf Widerstände innerhalb des Unternehmen stößt, ist es entscheidend, das neue Geschäftsmodell in die Strategie des Unternehmens einzubetten.

 

Kurt Matzler - Bauchgefühl

In seiner berühmten Rede an der Stanford University sagte Steve Jobs zu den Studenten: „Eure Zeit ist begrenzt. Vergeudet sie nicht damit, das Leben eines anderen zu leben … Folgt eurem Herzen und eurer Intuition, sie wissen bereits, was ihr wirklich werden wollt. Alles andere ist zweitrangig.“ Steve Jobs war dafür bekannt, dass er Marktforschung ignorierte und gar nicht durchführte. Bei Innovationen verließ er sich auf seine Intuition. Eine Ausnahmeerscheinung? Nicht unbedingt. Zwischen 40 und 60 Prozent der Führungskräfte und Unternehmer verlassen sich bei wichtigen Entscheidungen auf ihre Intuition, sie hören auf ihr Bauchgefühl. Und je höher die hierarchische Position und umso komplexer die Entscheidungen, desto wichtiger wird dieses Bauchgefühl. Intuition ist dabei weder ein magischer sechster Sinn noch ein paranormaler Prozess. Sie ist weder das Gegenteil von Rationalität noch ein Entscheiden nach dem Zufallsprinzip. Intuition ist schnelles, unbewusstes Abrufen von Erfahrungswissen, das sich in einem „Bauchgefühl“ äußert.

Wir untersuchten, wie sich Intuition im Management auf den Erfolg auswirkt. Die besten Ergebnisse zeigen Führungskräfte, die sich von der Intuition leiten lassen, aber dann analysieren und ihre Entscheidungen absichern. Keine weise Führungskraft wird Entscheidungen aufgrund von Intuition treffen, die so schwerwiegend sind, dass sie das Unternehmen zerstören können. Sie wird vielmehr versuchen, Intuition durch Wissen um Fakten zu ergänzen.
Welche Empfehlungen lassen sich für Führungskräfte ableiten? Erstens: Intuition ist unbewusstes Abrufen von Erfahrungswissen. Verlassen Sie sich auf Intuition nur, wenn Sie ausreichendes Erfahrungswissen haben – mindestens zehn Jahre „domain-specific knowledge“ sind notwendig, um gute, intuitive Fähigkeiten zu entwickeln.

Zweitens: Intuition drückt sich in einem Bauchgefühl aus. Sie brauchen emotionale Intelligenz, um Ihr Bauchgefühl richtig zu interpretieren. Daniel Goleman fand, dass 90 Prozent der Unterschiede zwischen Top-Performern und durchschnittlichen Führungskräften in der emotionalen Intelligenz liegen.

Drittens: Sie brauchen eine Umgebung, in der Sie schnell lernen. Lernen Sie durch Fehler. Wir lernen mehr durch Fehler als durch Erfolge. Schaffen Sie in Ihrem Unternehmen daher eine entsprechende Fehlerkultur, in der Fehler als Chancen zum Lernen betrachtet werden.

Viertens: Lassen Sie der Intuition nicht freien Lauf. Prüfen Sie Fakten, nachdem Sie sich von der Intuition leiten ließen, oder, wie es Peter Drucker einmal formulierte: „I believe in intuition only if you discipline it. The ,hunch‘ artists, the ones who make a diagnosis but don’t check it out with facts, with what they observe, are the ones … who kill businesses.“

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