Richard Bilgeri

Heimat Bregenzerwald

März 2016

Der Bregenzerwald ist nicht nur eine sehr schöne, sondern auch eine sehr lebenswerte, kulturelle und traditionelle Region. Der Heimatpflegeverein hat sich die Pflege und den Erhalt dieser Werte zur Aufgabe gemacht.

Franz Michael Felder, der bekannteste Bregenzerwälder Schriftsteller des 19. Jahrhunderts, veröffentlichte 1868 im S. Hirzel Verlag in Leipzig seinen letzten Roman „Reich und Arm“. Es ist eine Geschichte, die der Autor in seiner Heimat ansiedelt. In ihr müssen sich die Protagonisten in einem sozialen Raum zurechtfinden, der alles andere als bäuerliche Idylle verheißt. Am Ostermorgen aber drängt sich eine Frage in die Enge der Dorfgemeinschaft: Wer trägt was? Fiktion und Realität werden sich nicht wesentlich unterschieden haben. In Felders Lebensumfeld gehörte das Tragen der Juppe für Frauen und Mädchen an Werk-, Sonn- und Feiertagen ungeachtet der sozialen und ökonomischen Unterschiede zu den Gesetzmäßigkeiten ihres Kleidungsverhaltens.

Die ältesten bekannten Bregenzerwälder Bildquellen stammen aus dem 17. Jahrhundert. Das Gestaltungsprinzip der Juppe erkennen wir erst in einem Votivbild aus dem Egg Museum, das um 1710 datiert ist. Der Rock ist schwarz, das Mieder rot. Diese Kombination war im 18. Jahrhundert besonders beliebt. Unter dem Einfluss der spanischen Mode wurde die Oberbekleidung dann vorzugsweise schwarz gefärbt.

Beim Heimatpflegeverein Bregenzerwald zählen neben der geschichtlichen Aufarbeitung insbesondere die Erhaltung und Förderung des kulturellen Erbes zu den wesentlichen Aufgaben. Eines dieser wichtigen Kulturgüter ist die Bregenzerwälder Frauentracht. Die Juppe zählt zu den ältesten und schönsten Frauentrachten Europas und wurde über Jahrzehnte als Alltagsgewand getragen. Im 20. Jahrhundert wurde die Juppe dann allerdings stark zurückgedrängt und seit etwa 15 Jahren erlebt sie wieder einen neuen Aufschwung. Beim Bezirksmusikfest 2001 in Egg wurde mit Unterstützung des Vorarlberger Landestrachtenverbandes ein großer Trachtenumzug initiiert, der vom ORF live im Fernsehen übertragen wurde. In der Folge wurden mit der Juppenwerkstatt Riefensberg sowie InTracht auch zwei Vereine gegründet, wo heute wieder Juppen gefärbt bzw. Trachtenteile gestickt, geknüpft und genäht werden. Am 8. September 2013 wurde vom Heimatpflegeverein der 1. Bregenzerwälder Trachtentag ins Leben gerufen, an dem sich viele Gemeinden, Vereine und Jüpplerinnen in der ganzen Talschaft beteiligt haben. Beim Festakt in Riefensberg wurde dann auch die Informationsbroschüre „d’Jûppô> vorgestellt, welche in Zusammenarbeit mit der Juppenwerkstatt aufgelegt wurde. Auch wenn die Juppe heute noch nach relativ strengen Regeln getragen wird, so waren auch gewisse Lockerungen unumgänglich. Für Wälderzöpfe sind sehr lange Haare erforderlich, die mit einem schwarzen Samtband geflochten, überkreuzt und auf dem Kopf zusammengebunden werden, und so werden zur Juppe in jüngster Zeit auch nackenfreie Flecht- bzw. Steckfrisuren, aber auch kurze Haare getragen.

Zu unserem Kulturgut zählen aber auch die Mundart sowie das Volkslied und die Volksmusik. Schon Franz Michael Felder (1839–1869) und Gebhard Wölfle (1848–1904) haben uns ein großes Erbe hinterlassen. Ihnen folgten dann im 20. Jahrhundert die Mundartdichter Natalie Beer (1903–1987) aus Au, Klara Schwendinger (1918–2007) aus Mellau, Othmar Mennel (1923–2007) aus Hittisau sowie Kaspar Troy (1927–2014) und Werner Bischof (*1920) aus Bezau. Anlässlich des 95. Geburtstages von Werner Bischof haben wir am 19. Juni 2015 im Gebhard-Wölfle-Saal in Bizau einen ganz besonderen Wälderabend veranstaltet.
Viele dieser Texte wurden von Josef Abel, Adolf Sohm, Anton Pfeifer, Hubert Franz und vielen anderen sowie auch von Wilhelm Fritz aus dem Kleinwalsertal vertont. Viele dieser Volksweisen wurden in „Bregenzerwälder Lieder und Jodler“ zusammengefasst, welches vom Heimatpflegeverein Bregenzerwald in zwei Auflagen aufgelegt wurde. Das beliebte Liederbuch wird heute von vielen Gesangs- und Volksmusik­ensembles verwendet und erfreut sich großer Beliebtheit. Eine besondere Konzentration solcher Volkslied- und Volksmusikgruppen finden wir in Andelsbuch, und so seien hier die Familienmusik Bär, die Familienmusik Metzler sowie die Hausmusik Fink erwähnt.

Unser Verein zählt etwa 750 Mitglieder und beschäftigt sich mit Gegenwärtigem, Historischem und Zukünftigem. Unter anderem wurde auch das Bregenzerwald-Archiv – heute eine sehr wichtige Institution der Regio Bregenzerwald und ihrer Gemeinden – vom Heimatpflegeverein aufgebaut. Heute wird es von einer hauptberuflichen Archivarin geführt und sowohl von unserem Verein als auch von etwa zwei Dutzend Ortschronisten unterstützt. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen, unsere Arbeit als aktives oder förderndes Mitglied zu unterstützen.

www.heimatpflegeverein.at

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