In den 1920er- bis 1950er-Jahren wurde in wissenschaftlichen Arbeiten das Dorf als Form des vorbildlichen Zusammenlebens dargestellt. Sitte, Verwandtschaft und Nachbarschaft bildeten die gemeinschaftliche Basis. Angeprangert wurde der Sittenverfall. 1950 bis 1990 wurde die Dorfgemeinschaft als modernisierungsbedürftiges Relikt der Vergangenheit angesehen. Es kam zu einer Aufspaltung der Dorfgemeinschaft in traditionelle und proletarisierte Klassen mit eigenen Bewusstseinsausprägungen. 1980 bis 2000 wurde das Dorf als ein von Machtbeziehungen durchdrungenes Kräftefeld diskutiert, wo Akteure um ökonomische, soziale und kulturelle Kapitalien ringen.
In den vergangenen 20 Jahren hat sich die Diskussion über die Dörfer gravierend gewandelt. Die einen sind der Meinung, dass es das Dorf gar nicht mehr gibt. Beziehungen sind in virtuelle Plattformen gewandert, eingekauft wird am Online-Markt.
Andere sehen Dörfer als Zukunftsorte. Gemeinden, aber auch Firmen betonen ihren dörflichen Charakter. Verbunden wird damit Identität, Lebensqualität, Überschaubarkeit und Beziehungen. Denn genau danach haben Menschen nach Jahrzehnten der Singularisierung Sehnsucht und das Dorf ist zum Synonym dafür geworden.
Ein aktuelles Beispiel: Dem ehemaligen Gasthaus Taube in Andelsbuch wird von einer Handvoll Ehrenamtlicher rund um Bianka und Herbert Franz wieder Leben eingehaucht. Es steht mitten im Dorf und die Bevölkerung freut sich, dass wieder Licht im Haus ist. Wenn es nach den Initiatoren geht, soll da etwas entstehen, das die dörfliche Gemeinschaft fördert. Solche und ähnliche Initiativen tragen wesentlich dazu bei, das Dorf als traditionsreiche und wertgeschätzte Siedlungseinheit zu erhalten und es wird und soll darüber geredet werden.
Kommentare