Natürlich bereitet mir der Höhenflug der politischen Extreme Sorge. Auch in Vorarlberg haben 27 Prozent für den selbsternannten Volkskanzler gestimmt. 73 Prozent aber eben nicht, und das selbst in angespannten Zeiten. Außerdem sind die meisten der 27 Prozent keine Extremisten.
Klar, manche werden nicht erreichbar sein: Wer Nazilieder grölt und mit Identitären marschiert, wer seit der Pandemie an die große Verschwörung glaubt und nur den rechten Einheitsbrei der alternativen Medien verfolgt, wird von einer breiten, gemäßigten Mitte schwer zu überzeugen sein. Da vertraue ich unserem demokratischen Rechtsstaat.
Mir geht es vielmehr um die Bekannten, die mit mir Fußball spielen, denen ich im Zug gegenübersitze, mit denen ich vielleicht auch arbeite. Um den Teil der 27 Prozent, den ich niemals als extrem abstempeln würde. Da gibt es berechtigte Ängste, die Populisten leider auf unverantwortliche Weise zu schüren wissen.
In Gesprächen mit diesen Menschen gibt es oft schon nach wenigen Minuten einen kleinen gemeinsamen Nenner – selbst ein gestärktes Europa, die Unverhandelbarkeit der Menschenrechte und der Schutz des Planeten erscheinen dann meist plausibel. Mir fällt auf, dass vielen jungen Menschen unkontrollierte Migration und der politische Islam Sorge bereitet. Der deutsche Minister Cem Özdemir hat kürzlich von unangenehmen Erfahrungen seiner Tochter mit Migranten berichtet. Özdemir wurde dafür aus seiner eigenen Partei scharf kritisiert.
Doch genau darüber sollten wir reden. Diese Themen dürfen wir nicht den Extremisten überlassen. Wer die Ängste so vieler Menschen nicht ernst nimmt und mit moralischem Überlegenheitsgefühl auf sie herabsieht, verhärtet nur die Fronten. Und stärkt die Ablehnung gegenüber konstruktiver Politik. Das wäre mit Blick auf die nächsten Wahlen ein Fehler.
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