Florian Dünser

Inhaber voor – Agentur für Digitalkommunikation www.voor.at

Datenschutz-Bumerang

September 2022

Tausende Abmahnschreiben hat der selbsternannte Datenschutzanwalt Marcus Hohenecker im August im Namen seiner Mandantin Eva Z. an österreichische Unternehmen verschickt. Der Vorwurf: Die Website des jeweiligen Unternehmens verstoße mit der Einbindung von Google Fonts gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), seine Mandantin fühle sich auf den besuchten Websites „unwohl“. Der dadurch entstandene Gefühlsschaden sei mit 190 Euro wieder gut zu machen.
So weit, so absurd. Womit der Anwalt aber nicht gerechnet hat, war die Welle der Empörung, die damit losgetreten wurde. Hunderte Betroffene blockierten Tage lang das Telefon des Anwalts, er wurde in der Kanzlei, auf der Straße und in seinem Zuhause mit dem Abmahnschreiben konfrontiert, teils sogar bedroht. Ein eigenes Crowdfunding mit dem Ziel wurde initiiert, dem Anwalt möglichst viele kleine Buchungszeilen auf das Kanzleikonto zu buchen. Und: Ein Disziplinarverfahren der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich sowie Anzeigen von Berufskollegen rundeten die Bumerang-Aktion schließlich ab. 
Eine Welle der Empörung wegen 190 Euro? Mitnichten geht es hier ums Geld. UnternehmerInnen haben alle Hände voll damit zu tun, ihren Betrieb auf die großen Herausforderungen der Zeit einzustimmen – Störfeuer wie Pandemie, Energiekrise und Ressourcenverfügbarkeit nicht einkalkuliert. Der bürokratische Aufwand, mit dem diese tagtäglich konfrontiert sind, ist zu einem Dschungel undurchschaubarer Aufgaben mutiert – die unsägliche DSGVO, die auch vier Jahre später de facto niemand wirklich verstanden hat, ist nur der i-Punkt auf einer Entwicklung, die konstant an der Wettbewerbsfähigkeit Europas sägt. Dass die Abmahnwelle einer Datenschutz-Banalität das sprichwörtliche Fass zum Überlaufen bringen kann, überrascht daher nicht.