Claudia Endrich­

Autorin und Kommunikatorin 

Entspannungspause

April 2020

Die meisten Vorarlberger*innen sind gern im Ländle „dahoam“. Sie schauen sich aber auch gerne anderswo um: 82 Prozent sind 2018 mindestens einmal auf Urlaub gefahren. „Zwei Flugreisen im Jahr sind nicht ungewöhnlich“, so ein Branchenvertreter. Wenn nur die Hälfte der Urlaubenden 2018 mit dem Flugzeug unterwegs war, sind das immer noch 41 Prozent der Bevölkerung im Ländle, während im Jahr 2017 nur drei Prozent der Weltbevölkerung geflogen sind. Fazit: Es geht uns gut, wir nutzen unseren Wohlstand – auch auf Kosten der Umwelt. Aber Reisen bildet, sagt man, macht toleranter. Reiseerfahrung ist zum Statussymbol geworden, etwas, das man stolz vor sich herträgt und online wie offline präsentiert. Das stürzt uns in Zeiten von „Flugscham“ in ein großes Dilemma.
Ich selbst war in den letzten Jahren regelmäßig in der Welt unterwegs und habe mich gleichzeitig meines großen ökologischen Fußabdrucks sehr geschämt. Die offene Frage blieb: Welchen Zweck erfüllt unsere unbändige Reiselust? Macht sie unseren Planeten wirklich zu einem besseren Ort? Mit dieser Frage habe ich, noch während ich unterwegs war, viele Menschen konfrontiert, allen voran mich selbst. Aus den Gesprächen und Begegnungen ist dabei das Buch „Das nächste Mal bleib ich daheim“ entstanden. Zurück in Österreich habe ich mir also vorgenommen, so lange wie möglich kein Flugzeug mehr zu besteigen. Ein hehres Ziel? Die jüngsten Ereignisse zeigen, was machbar ist, wenn es sein muss. Und plötzlich haben wir Zeit, all die Bücher zu lesen, die wir schon so lange lesen wollten, die Wanderung im Bregenzerwald zu machen, von der wir schon so lange reden, und, und, und. Wenn alle daheimbleiben, muss niemand mehr mit den Erlebnissen anderer mithalten. Das klingt ja mal wirklich entspannend!