Silke Glüsenkamp

HR Consultant, plusculum Unternehmensberatung 

Mythos Fachkräftemangel

Juli 2022

Urlaubsflüge fallen aus, weil Bodenpersonal fehlt. Renommierte Gasthäuser schließen ihre Pforten, weil ihnen die Köche oder Servicemitarbeiter ausgegangen sind. Schulen sind gefährdet, weil sie keine Lehrer finden. Von den Gesundheits- und Pflegeberufen ganz zu schweigen. Der Fachkräftemangel ist lange bejammert, der Arbeitsmarkt wird relevanter als der Absatzmarkt. Ein Mythos?
Die Wahrheit: Die demografische Entwicklung ist real. Es treten mehr Arbeitskräfte in den Ruhestand als Neueinsteiger ins Berufsleben starten. Diese Rahmenbedingungen gelten für alle. Trotzdem gibt es Unternehmen, denen es leicht fällt, potenzielle Mitarbeitende anzuziehen. Ist der Fachkräftemangel doch ein Mythos? Nein, eher eine hausgemachte Angelegenheit. Oft suchen Unternehmen noch die eierlegende Wollmilchsau statt auf die Potenziale zu reagieren, die sich ihnen bieten. Sei es intern, wenn Mitarbeitende sich weiterentwickeln möchten oder extern, wenn Bewerbende keinen „perfekten“ Lebenslauf haben, aber viele Talente mitbringen. Das Gute ist oft näher als man denkt.
Was macht Arbeitgeber attraktiv? Motivierende Arbeitswelten sind gefragt, auf Lebensphasen der Mitarbeitenden abgestimmt. Die Lösung liegt bestimmt nicht in der Kaffee-Flatrate oder beim Tischkicker, sondern eine differenzierte Herangehensweise ist gefordert. Das könnten flexible Arbeitszeitmodelle und -orte sein, Bildungsauszeiten oder Betreuungsunterstützung bei Kindern oder pflegebedürftigen Verwandten, um ein paar Beispiele zu nennen. 
Ein Umdenken ist erforderlich. Statt Personalressourcen zu verwalten ist es an der Zeit, dass sich HR als Manager eines Wandels versteht. Nicht zuschauen, sondern Gestalten ist gefragt. Also Schluss mit dem Fachkräftemangel-Jammer. Einfach mal machen, vor allem anders machen.