CO Emissionen als internationaler Wettbewerbsfaktor
„Die EU investiert 1000 Milliarden Euro für den Klimaschutz – das werden wir spüren“
Die Pandemie hat Umwelt- und Klimathemen zwar für den Moment in den Hintergrund rücken lassen. Klar ist aber, dass das nicht so bleiben wird: Nachhaltige Investmentfonds erfahren hohe Wachstumsraten an den Börsen, die Politik setzt auf Konjunkturaufschwung durch „grüne“ Investitionen – siehe Umweltbonus bei der Investitionsprämie. EU-Gelder für den Wiederaufbau nach Corona werden an Investitionen in Umwelt- und Klimaschutz gekoppelt, der europäische Green Deal soll so durch die Pandemie noch schneller real werden.
Die 1000 Milliarden Euro
„Es fließt extrem viel Geld in diesen Green Deal, hier kann ein echter, spürbarer Strukturwandel zu einer nachhaltigen Wirtschaft stattfinden“, sagt beispielsweise Professor Stefan Borsky vom Wegener Center für Klima und globalen Wandel in Graz, der vor kurzem erst bei einem gemeinsam veranstalteten Webinar von Ökoprofit und der Außenwirtschaftsabteilung der Wirtschaftskammer Vorarlberg referierte.
1000 Milliarden Euro werden demnach in den nächsten zehn Jahren von der Europäischen Union investiert, um Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen und die Erderwärmung unter zwei Grad zu halten. Durch Investitionen in Energieeffizienz, umweltfreundliche Technologien, erneuerbare Energien und weitere Maßnahmen soll das Wirtschaftswachstum von der Ressourcennutzung entkoppelt und eine Auslagerung von CO2-intensiven Industrien durch Regulation verhindert werden.
Regulation im internationalen Handel
Regulation im internationalen Handel ist nichts Neues. Und dennoch gibt es einen Paradigmenwechsel. Borsky, der Klimawandel Impact-Forschung mit Fokus auf internationalen Handel und entsprechende Regulierungen betreibt, erklärt: „In den 1990ern wurden eher multilaterale Umweltschutzabkommen abgeschlossen – wie beispielsweise das Kyoto Protokoll. Seit der Jahrtausendwende sehen wir eher einen integrierten Ansatz mit mehr Umweltschutzklauseln in Freihandelsabkommen (etwa CETA): Rund 590 Umweltthemen finden sich aktuell in 850 Freihandelsabkommen.“
CO2-Emissions-Zölle
Wie wird es die EU schaffen, ihre zukünftigen klimaneutralen Betriebe und Produkte vor der CO2-Emissions-intensiven, möglicherweise günstiger produzierenden Konkurrenz aus Drittstaaten zu schützen? Dem Grazer Professor zufolge ist „hier noch vieles in Diskussion“. CO2-Emissions-Zölle könnten zwar den Ausgleich schaffen, doch ist die Ausgestaltung solcher Zölle komplex. Laut Borsky sind beispielsweise „Lieferketten und Bürokratie große Herausforderungen; ein Ansatz könnte sein, CO2-Emissionen für Produktgruppen aus bestimmten Ländern und dementsprechend den Grenzausgleich festzusetzen.“
Bewusstsein in Vorarlberger Betrieben
Hohe 57 Prozent der beim Webinar „CO2 als internationaler Wettbewerbsfaktor“ anwesenden Betriebe gaben an, im eigenen Unternehmen bereits CO2-Emissions-Berechnungen anzustellen. Michael Schranz von Getzner Textil berichtet von einer hohen Nachfrage von Kunden nach der CO2-Emissions-Performance. „Es bräuchte allerdings einen faireren Wettbewerb mit internationalen Berechnungs-Standards.“
Alexander Abbrederis von pratopac sagt: „Im Verpackungssektor ist Kreislaufwirtschaft das Entscheidendere, aber Kunden fragen zunehmend konkret nach der CO2-Bilanz. Ökoprofit ist dabei ein gutes Monitoring-Instrument.“ 25 Prozent weniger CO2-Emissionen waren es etwa in den letzten beiden Jahren, ein Produkt wurde nach Michael Braungarts Modell „CradletoCradle“ durchleuchtet, eine Zertifzierung ist angedacht und der CO2-Abdruck für die einzelnen Produkte wird gerade berechnet. „Wir fokussieren uns bei den Audits auf CO2-Kennzahlen, damit Betriebe ein Gefühl für CO2-Emissionen entwickeln und dadurch zukunftsfit werden“, erklärt Dietmar Lenz, Auditor bei Ökoprofit.
Auswirkungen auf den Standort
Welchen Einfluss Regulierungen auf die Wettbewerbsfähigkeit von Staaten beziehungsweise Branchen haben, ist Inhalt vieler Studien. Borsky zitiert Untersuchungen, wonach „der durch die zunächst verminderte Wettbewerbsfähigkeit entstehende Druck zu mehr Effizienz und Innovation führt und so langfristig die Wettbewerbsfähigkeit verstärken kann.“
Interessant ist auch: „Stark exportierende Firmen stoßen oft weniger Emissionen aus als Firmen, die nur am heimischen Markt tätig sind. Sprich, der Wettbewerb am Export-Markt macht Betriebe effizient.“ Regulierungen verursachen bei betroffenen Firmen oft starke Veränderungen, insgesamt in der Region oder Branche oft aber kaum. Der Grazer Professor erklärt: „Es kommt vielfach zu Umverteilungen von Beschäftigung in ressourcenintensiven hin zu ressourceneffizienteren Produktionsweisen.“ Und wie sieht das mit der viel gefürchteten Abwanderung aus? „Die Annahme, dass stark regulierte Länder Betriebe durch Abwanderung verlieren, hat sich in Studien nicht bestärkt.“ Warum? „Der Grund liegt in der Agglomeration, dem Netzwerk um die Firmen herum, das sich im Laufe der Jahre an die Firmen angepasst hat. Das lässt sich woanders nicht so schnell aufbauen.“
Green Deal als Chance
Günter Schabhüttl von der Außenwirtschaftsorganisation ist überzeugt: „Der Green Deal – richtig umgesetzt – wird ein echter Game Changer mit großem Marktvolumen. Unsere Services unterstützen Betriebe gerne dabei, neue nachhaltige Märkte zu entdecken.“
Klimaschutz ist jedenfalls eines der großen Zukunftsthemen und dabei ein entscheidender Wettbewerbsfaktor, CO2- Emissionen werden eine zentrale Messgröße werden. In Vorarlberg ist man hier, wenngleich noch mit Luft nach oben, mit vielen Initiativen und engagierten Betrieben auf gutem Weg.
Zur Person
Stefan Borsky vom Wegener Center für Klima und globalen Wandel in Graz, referierte vor kurzem bei einem gemeinsam veranstalteten Webinar von Ökoprofit und der Außenwirtschaftsabteilung der Wirtschaftskammer Vorarlberg.
Kommentare