Helmut Steurer

Ehemaliger Direktor der Wirtschaftskammer Vorarlberg

(Foto: ©Christine Kees)

Was die Wirtschaft braucht

Juli 2017

Vorarlbergs Unternehmen haben 2016 eine großartige Performance hingelegt, keine Branche hat ausgelassen, überall wurden positive Entwicklungen verzeichnet. Produktions- und Exportzahlen haben demnach zugenommen, die Bauwirtschaft bilanziert positiv, Einzelhandel und Dienstleistungssektor haben überdurchschnittliche Ergebnisse vorzuweisen, der Tourismus kann auf einen Rekordsommer und ein starkes Winterergebnis zurückblicken und am Arbeitsmarkt ist eine Trendwende gelungen, sprich die Arbeitslosigkeit leicht gesunken: Der aktuelle Wirtschaftsbericht weist Positives auf. Mit plus zwei Prozent Wirtschaftswachstum war Vorarlberg im Vorjahr Spitzenreiter aller österreichischen Bundesländer, mit einer durchschnittlichen Arbeitslosenquote von 5,9 weist Vorarlberg im Ländervergleich zudem den zweitniedrigsten Wert hinter Salzburg auf.

Wirtschaft ist nicht Selbstzweck; ihre gute Entwicklung bringt Arbeitnehmern Lohn- und Gehaltssteigerungen und neue qualifizierte Arbeitsplätze, die gute Entwicklung bringt Entlastung am Arbeitsmarkt, die gute Entwicklung sichert die Finanzierung der sozialen Systeme. Der Gesellschaft sollte an einer starken, wachsenden Wirtschaft also gelegen sein. Und trotzdem, wie zum Widerspruch, hat sich auch in Vorarlberg in den vergangenen Jahren ein gegenläufiger Trend immer stärker etabliert: Es wird Unternehmern sukzessive schwerer gemacht, große Investitionsvorhaben zu verwirklichen; Investitionen, die notwendig sind, um Weiterentwicklung und Wettbewerbsfähigkeit und damit den Wirtschaftsstandort Vorarlberg langfristig sichern zu können.

Was an großer Infrastruktur im Land geschaffen wurde, haben wir der Weitsicht unserer Vorväter zu verdanken. Heutzutage könnte, nur um ein Beispiel zu nennen, die Rheintalautobahn mit Sicherheit nicht mehr gebaut werden; wer das bezweifelt, muss nur an die traurige Geschichte der S 18 denken, an der wir seit 40 Jahren scheitern. Was vielen Menschen und der Wirtschaft eine Entlastung bringen würde, scheiterte bekanntlich am Wachtelkönig; das Interesse tausender Vorarlberger wurde niedriger erachtet als die Existenz eines Vogels. Was Einzelne begehren, bekommt den Vorzug vor dem, was Vielen nützt; es ist ein zeitgeistiger Irrweg, der da gegangen wird. Es hat sich eine falsche Rücksichtnahme etabliert, die auf Kosten des Großen und Ganzen geht und die, bei weiterer Fortschreibung, dem Wirtschaftsstandort Vorarlberg mit Sicherheit mehr schaden als nützen wird. Der aktuelle Wirtschaftsbericht und all seine Vorgänger zeigen, wie sehr die Gesellschaft von einer starken Wirtschaft profitiert – es wäre also hoch an der Zeit, den Unternehmern und deren geplanten Projekten auch mit mehr Wertschätzung zu begegnen.

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