Herbert Motter

Es sind nach wie vor die alten Klischees

Dezember 2014

Trotz jahrzehntelanger Kampagnen, die Mädchen motivieren sollen, auch typische Männerberufe zu ergreifen, entscheidet sich der Großteil der jungen Frauen weiterhin für Berufe, die traditionell als weibliche Domäne gelten und in denen meist weniger bezahlt wird.

Vor rund 20 Jahren absolvierte die erste Anlagenelektrikerin Österreichs ihre Lehre bei Zumtobel. Diesem Beispiel sind mittlerweile hunderte Mädchen gefolgt, von der bautechnischen Zeichnerin über die Lackiertechnikerin bis zur Metalltechnikerin.

Allerdings weit weniger, als es hätten sein können: Die Begeisterung von Frauen für technische Ausbildungen ist trotz zahlreicher Initiativen und Bemühungen auf Bundes- und Landesebene immer noch bescheiden. Für die Wirtschaft verschärft dies einen Technikermangel, der sich angesichts geburtenschwacher Jahrgänge ohnedies abzeichnet. Eine schlechte Koordination der Initiativen ist aber nicht allein verantwortlich dafür, dass wenig Bereitschaft herrscht, von der herkömmlichen Berufswahl abzugehen. Vor allem sind es die alten Klischees über unterschiedliche geschlechtsspezifische Berufswelten, die sich selbst bei den Jugendlichen hartnäckig halten.

42 Prozent aller Mädchen in einer dualen Ausbildung wählten im vergangenen Jahr einen der drei dem klassischen Rollenbild entsprechenden Lehrberufe: Einzelhandel, Bürokauffrau oder Friseurin. Mit oft unbedachten Folgen, denn diese Ausbildungs- und Berufswahl hat Auswirkungen auf Karriereverlauf und Entlohnung über das gesamte weitere Arbeitsleben. Die Einkommensunterschiede beginnen bereits bei den Lehrlingsgehältern und setzen sich nach Abschluss der Berufsausbildung fort.

Die Ursache dafür ist wie so oft bei geschlechtsspezifischen Analysen in unseren historischen und noch nicht im 21. Jahrhundert angekommenen Gesellschafts- und Rollenbildern zu finden. Technische Kompetenz wird dabei noch immer von vielen Menschen als typisch „männlich“ betrachtet. Wenig überraschend wirken deshalb technische Berufe für das weibliche Geschlecht nicht unbedingt anziehend – wohl auch, weil die Mädchen und jungen Frauen mitten in der Entwicklung ihrer weiblichen Identität stecken und gerade aus der Ablehnung von allem Männlichen ihre Feminität entwickeln, aber genau in diesem Alter die Berufswahl zu treffen haben.

Jobs subtiler darstellen

„Den Mädchen gilt es daher möglichst früh zu vermitteln, dass Technik Kreativität und gestalterische Möglichkeiten bietet. Technik muss in der Lebensplanung der Frau umsetzbar sein. Es braucht aber auch Arbeitszeit- und Arbeitsmodelle, die für alle Mitarbeiter eine Vereinbarkeit mit persönlichen Bedürfnissen ermöglichen“, sagt die neue Direktorin der HTL Bregenz, Claudia Vögel. Technik würde heute anders ausschaun, wenn Frauen schon bei der Entwicklung dabei wären: „Ein Fön wäre bestimmt leise und leicht.“

Was früher mit Lärm, Schmutz und schweren körperlichen Anstrengungen verbunden wurde, ist einem Berufsbild mit kreativen Qualifikationen und logisch-analytischem Denken gewichen. Gut gemeinte Fotos von Frauen in schmutzigen blauen Arbeiteroveralls, wie man sie leider allzu oft sieht, sind demnach eher kontraproduktiv. Es geht bewusst darum, den Job subtiler, das heißt für beide Geschlechter spannend darzustellen – ein Weg, den auch die Vorarlberger Initiative „I kann’s! I trau mer’s zu!“ geht. Die Projektpartner (Amazone, AK und V.E.M.) arbeiten gemeinsam mit Unternehmen an konkreten Maßnahmen und Lösungen für einen gleichmäßigen Zugang von Mädchen und Jungen zu technischen Ausbildungen.

Persönliche Ansprache und Rolle der Eltern

Für Direktorin Claudia Vögel ist die persönliche Ansprache entscheidend. Allein schon, dass sie als Frau die Führung der Schule übernommen habe, zeige Wirkung, „denn Mädchen brauchen Vorbilder, sogenannte ‚role models‘.“ In der HTL Bregenz sind in diesem Schuljahr zwölf Mädchen in ersten Klassen gestartet, das sind rund zehn Prozent. Eine merkliche Steigerung. Im Vergleich dazu ist etwa bei der FH Vorarlberg in den technischen Studiengängen keine signifikante Tendenz nach oben zu erkennen. Im Bachelorstudium Mechatronik studieren rund zehn Prozent Frauen, im Bereich Informatik – Software and Information Engineering sind es rund 30 Prozent Studienanfängerinnen. Auch hier lässt sich keine Entwicklung nach oben feststellen. Claudia Vögel: „Die Fachhochschule hat dann mehr Frauen, wenn wir als Vorläufer mehr ausbilden. Wir müssen eben früher ansetzen.“ Und da spiele das familiäre Umfeld nach wie vor die entscheidende Rolle.

„Die Entscheidungen finden zu Hause statt. Und ohne Zuspruch und Unterstützung der Eltern ist nichts zu machen“, betont Vögel. Der Schlüssel liege darin, dass auch die Mütter und Väter diese Notwendigkeit erkennen und als Chance für ihre Töchter begreifen. Eine entsprechende Elternbildung ist für die HTL-Direktorin daher eine gesellschaftliche Notwendigkeit.

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