Sabine Barbisch

„Enorm spannend – dieses Leben muss einem aber liegen“

Oktober 2015

Für Volker Ammann, seine Frau und seine drei Kinder heißt es alle paar Jahre „alles auf Anfang“. Er ist Wirtschaftsdelegierter der Außenwirtschaft Austria. Das bedeutet, dass sich der Lebensmittelpunkt der ganzen Familie immer wieder von einem Teil der Welt in einen anderen verlagert.

Quer über den ganzen Globus verteilt verfügt die Außenwirtschaft Austria über mehr als hundert Stützpunkte. Diese sogenannten Außenwirtschaftscenter werden von Wirtschaftsdelegierten geführt. Sie greifen österreichischen Unternehmen, die im Ausland Fuß fassen wollen, unter die Arme, rühren die Werbetrommel, helfen bei der Abwicklung von Außenhandelsgeschäften, unterstützen beim Kontakt mit Behörden, Banken oder Versicherungen und schaffen einen Rahmen für die Vernetzung der Unternehmer vor Ort. Volker Ammann ist einer dieser Wirtschaftsdelegierten. Den Grundstein für seine internationale Karriere hat der in Rankweil aufgewachsene Ammann mit einem Studium für Tourismus-Management in Klessheim und einem BWL-Studium an der Universität Innsbruck gelegt. Schon früh zog es ihn ins Ausland: mit Anfang zwanzig nach Deutschland und England. In diesen Jahren sammelte Ammann wichtige Erfahrungen bei der Arbeit bei Banken und im Tourismussektor.

Iran, Österreich, USA, Hongkong, Dänemark, Österreich, Singapur

Zwischen 1991 und 1994 war er erstmals als stellvertretender österreichischer Handelsdelegierter der WKÖ tätig. Der Job führte ihn nach Teheran, wo er für den Iran und Afghanistan zuständig war, um dann für das Liebherr-Werk Nenzing im Projektmanagement zu arbeiten. Von 1995 bis 1998 wechselte er in die USA – als stellvertretender österreichischer Handelsdelegierter in New York. Bis 2001 bekleidete er in Hongkong als Zuständiger für Hongkong, Südchina und Macao dieselbe Position. In den folgenden Jahren war Ammann Leiter der Aufnahme und Ausbildung der Außenwirtschaft der WKÖ in Wien. 2003 wurde er zum österreichischen Handelsdelegierten in Kopenhagen berufen und unterstützte und beriet in dieser Funktion österreichische Unternehmen bei deren Exportbemühungen für Dänemark, die Färöer sowie zuletzt Norwegen und Island. Im Jahr 2009 kehrte Ammann nach Wien zurück und war in der Abteilungsleitung der Außenwirtschaft Österreich für das strategische Controlling verantwortlich. Seit August 2011 lebt und arbeitet Ammann nun in Südostasien: Er leitet das österreichische Außenwirtschaftscenter in Singapur und vertritt den österreichischen Botschafter in dessen Abwesenheit in Singapur.

Zwischen Neubeginn, Anpassung und lebenslangem Lernen

Als Wirtschaftsdelegierter verlagert sich Ammanns Lebensmittelpunkt alle paar Jahre in ein anderes Land: „Dieses Leben muss einem schon liegen, schließlich bedeutet es immer einen kompletten Neuanfang. Sie wechseln ja nicht nur das Büro oder den Schreibtischplatz, es geht um eine neue Kultur und Sprache, ein anderes Klima, unterschiedliche Märkte, neue Herausforderungen und Kundenwünsche. Es bedeutet ein ständiges Anpassen, Beobachten und Abgleichen und natürlich wirklich lebenslanges Lernen.“ Privat bedeutet jeder dieser Ortswechsel „zurück zum Start“, berichtet der Wirtschaftsdelegierte: „Für unsere drei Kinder heißt das jedes Mal eine neue Schule, neue Freunde.“ Außerdem stellen sich bei jedem Umzug in ein neues Land grundsätzliche Fragen wieder: „Welcher Arzt ist gut? Wie steht’s mit der Hygiene in Krankenhäusern? Oder aber: Wo finde ich welche Lebensmittel? Ist das Wasser trinkbar? Sind die öffentlichen Verkehrsmittel für die Kinder sicher? Wie komme ich zu einem Mobiltelefon, solange ich noch kein lokales Bankkonto habe? Und vieles andere – eben die tausend Dinge des Lebens, die wir ansonsten für gegeben nehmen.“

Dynamik und Effizienz ersetzen nicht den „Schmäh“

Singapur ist der aktuelle Lebensmittelpunkt der Ammanns. Es sei nicht der beste Ort, an dem sie je gelebt haben, denn „wir haben uns überall wohlgefühlt“. Ein lebens- und arbeitswerter Ort sei Singapur aber allemal. Die Dynamik der Stadt, das „westliche Denken“ mitten in Asien, die enorme Effizienz und wirtschaftsfreundliche Mentalität sowie das enge und freundliche Nebeneinander auf engstem Raum von verschiedenen ethnischen und religiösen Gruppen nennt er als Vorteile. „Was mich fasziniert, ist nicht nur der ständige Vergleich mit anderen und die Suche nach neuen Ideen und Lösungen, sondern vor allem der Ansatz, auch gleich zumindest eine neue Idee für sich selbst umsetzen zu wollen.“ Der „österreichische Schmäh“ und die damit verbundene Leichtigkeit und Bereitschaft, etwas außerhalb der Norm einfach einmal zu versuchen, sei in Singapur aber eher schwierig, denn „Regeln werden konsequent eingehalten und wenig hinterfragt“, berichtet er.

Nichts ist geschenkt

Mit diesem „anderen Lebensstil“, wie Volker Ammann ihn durch seine wechselnden Arbeitsorte führt, „kommt man besser klar, ansonsten ist man in diesem Beruf falsch“. Das gelte leider auch für die Familie. Er jedenfalls „klopfe auf Holz“ – seine Familie sei bislang gut damit klargekommen. Die Flexibilität, mit denen seine Kinder aufwachsen, weil sie durch das Umfeld und das Leben dazu gezwungen werden, ist für ihn ein großer Vorteil, wie auch die Mehrsprachigkeit. „Man darf dabei aber nicht vergessen: Geschenkt haben meine Kinder das nicht bekommen. Das bedeutet viel harte Arbeit, konsequent sein und ständiges Training, Offenheit für Neues und Lernbereitschaft“, gibt er sich pragmatisch. Die Frage nach einer „Familiensprache“ – Ammanns Frau ist Iranerin, seine Kinder wachsen in unterschiedlichen Ländern auf – beantwortet er mit einem Lachen: „Meine Kinder verstehen Dialekt, können ihn aber nicht aktiv sprechen. Sie sind dreisprachig erzogen worden und aufgewachsen. Früher legten meine Frau und ich enorm großen Wert darauf, die Sprachen für die Kinder klar zu trennen. Heute sind die Sprachen und die damit einhergehenden Kulturen so gefestigt, dass das keine Rolle mehr spielt. Wir sprechen heute ein ziemliches Kunterbunt aus Englisch, Farsi und Deutsch.“

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