Daniela Grabovac

* 1978 in Spittal an der Drau, ist Juristin und Leiterin der Antidiskriminierungsstelle sowie der Extremismuspräventionsstelle Steiermark mit Sitz in Graz. 

Hass im Netz und Cybermobbing – gegen Kinder und Jugendliche

Oktober 2022

Hass im Netz stellt für diejenigen, die davon betroffen sind, immer eine emotionale Herausforderung dar. Erstens weil das Geschriebene bestehen bleibt und mehrere Male von einem selbst wie auch von anderen gelesen werden kann, zweitens weil es in den meisten Fällen Beifall erntet und gehässige Kommentare von anderen noch folgen. Beziehen sich solche verletzenden, bloßstellenden Kommentare und Inhalte auf eine bestimmte Person und werden sie in böswilliger Absicht verfasst, spricht man von Cybermobbing. Hate Speech, also die Hassrede, bezeichnet kommunizierte Verachtung und Abwertung, die sich gezielt gegen bestimmte Personengruppen oder deren Vertreter und Vertreterinnen richtet und diese in ihrer Würde verletzt und verunglimpft. Für Kinder und Jugendliche stellt die Erfahrung von Hass im Netz und Cybermobbing eine besonders schlimme Dimension dar, denn sie nutzen die Informations- und Kommunikationsmedien nicht nur zur Freizeitgestaltung und zum Zeitvertreib, sondern generieren dort auch Lösungen altersspezifischer Entwicklungsaufgaben, indem sie zum Identitäts-, Informations- und Beziehungsmanagement dienen. 

Surreal und doch real
Für Kinder und Jugendliche ist die digitale Welt, auch wenn diese surreal ist, real. Saferinternet.at beschreibt dies am treffendsten: „Soziale Netzwerke dienen als eine Art digitale Nabelschnur zur Außenwelt und verdienen ihren Namen mehr als je zuvor.“
Die Studie der DAK „Mediensucht 2020“, in der das Medienverhalten sowie die Medienerziehung innerhalb des ersten coronabedingten Lockdowns erforscht wurde, stellte fest, dass die durchschnittliche Nutzungsdauer von sozialen Medien bei Jugendlichen unter der Woche um mehr als eine Stunde, also auf fast dreieinhalb Stunden pro Tag gestiegen ist. Am Wochenende beträgt die Nutzungsdauer sogar durchschnittlich vier Stunden am Tag. Dadurch wird deutlich, dass der Hass, der ihnen entgegenschlägt, sie unmittelbarer trifft – mitten in ihre reale Welt, mitten in ihren Freundeskreis, mitten in den schulischen Kontext.
 
Deutlich zu beobachten
Die Ergebnisse einer Onlinebefragung unter 12- bis 17-Jährigen im Rahmen einer Studie zu Internetnutzung und Cybermobbing in Zeiten von Corona zeigen in Bezug auf die Verbreitung von Hate Speech im Internet, dass 54 Prozent innerhalb eines Jahres mindestens einmal Hassbotschaften im Netz gesehen haben, elf Prozent selbst hasserfüllte Online-Inhalte erstellt oder verbreitet haben und 17 Prozent Opfer von Hate Speech gewesen sind. Zudem haben Jugendliche den Eindruck, dass Hate Speech im Internet zunimmt. Diese Einschätzung wird durch eine aktuelle Studie bestätigt, wonach im Vergleich zum Jahr 2018 ein deutlich größerer Anteil der Heranwachsenden im Jahr 2020 angibt, Hate Speech im Internet beobachtet zu haben.
Dies überrascht vielleicht nicht, jedoch der Umstand, dass die Erhebungen der Längsschnittstudie „Täter im Internet“ im ersten Messzeitpunkt ergaben, dass 35 Prozent der befragten Schüler und Schülerinnen angaben, innerhalb des vergangenen halben Jahres Cybermobbing ausgeübt zu haben; zum zweiten Messzeitpunkt waren es 24 Prozent. Die häufigste Art der Ausübung von Cybermobbing wäre das Schreiben von beleidigenden Nachrichten. Dabei dürften die Beweggründe für Hate Speech und Cybermobbing doch andere sein als bei Erwachsenen. Im Gegensatz zu einer Art Nervenkitzel, Spaß, ideologischen Überzeugungen und persönlich wahrgenommenen Ungerechtigkeiten als Beweggründe für Hate Speech bei Erwachsenen sind bei Kindern und Jugendlichen das Streben nach Macht und Zugehörigkeit zu verorten. Die gruppenbezogene Abwertung anderer wird daher als machtvoll erlebt, sie vermittle den Kindern und Jugendlichen das Gefühl sich gegenüber anderen aufzuwerten. Um sich einer Gemeinschaft (beispielsweise der Klasse, einer Gruppe oder dem familiären Umfeld) zugehörig zu fühlen, werde Hate Speech als gängiges Motiv genutzt.

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