
Ulrich Ilgs – wohl heute noch gültige – „Leitgedanken für eine gute Politik“
Als Vorarlbergs erster Landeshauptmann nach dem Zweiten Weltkrieg hatte der am 7. April 1905 in Dornbirn geborene Ulrich Ilg die Landespolitik von 1945 bis 1964 und wohl noch darüber hinaus geprägt. In der Literatur wird der Politiker vielfach als „Vater des heutigen Vorarlberg“ bezeichnet. Und welche Politik Ilg für die richtige hielt, geht auch aus seinen „Leitgedanken für eine gute Politik“ hervor, die der einstige (Kurzzeit-)Staatssekretär im Kabinett Dollfuß wenige Jahre vor seinem Tod am 9. Mai 1986 zu Papier brachte. Aus heutiger Perspektive mag der eine oder andere der 14 Gedanken ein wenig antiquiert wirken, etwa wenn Ilg festhielt, dass man sich in der Politik „mehr auf den Herrgott als auf die Menschen“ verlassen solle. Doch die meisten der 14 Überlegungen haben auch 30 Jahre nach Ilgs Tod nichts an Aktualität und Berechtigung verloren. „Soviel Freiheit als möglich und nicht mehr Zwang als notwendig“, schrieb Ilg beispielsweise. „Deshalb glücklich jede Demokratie, die mit wenig Gesetzen auskommt.“
Alt-Landeshauptmann
Ulrich I L G
6850 Dornbirn
Leitgedanken für eine gute Politik
- „Tue recht und scheue niemand.“ Deshalb soll man sich auch in der Politik mehr auf den Herrgott und das eigene Gewissen verlassen als auf die Menschen.
- Das Wohl der Allgemeinheit und des Vaterlandes stehen höher als das Wohl einer politischen Partei. Was sachlich richtig ist, muß deshalb auch parteipolitisch richtig sein.
- Soviel Freiheit als möglich und nicht mehr Zwang als notwendig. Deshalb glücklich jede Demokratie, die mit wenig Gesetzen auskommt.
- Scharfmacherei in der Politik bringt die Demokratie in Mißkredit. Insbesondere sind Erpressungen von Anfang an abzulehnen, weil diese Methode sonst Schule machen könnte.
- Verhandlungen im vertraulichen Rahmen sind erfahrungsgemäß sachlicher und fruchtbarer als öffentliche Auseinandersetzungen. Bei Entscheidungen soll man mehr an die nächste Generation als an die nächsten Wahlen denken.
- Bei Volksabstimmungen soll das Volk nicht durch schwierigste Fragen überfordert werden. (Zwentendorf)
- Die Koppelung von Bundesdienstleistungen mit zusätzlichen Leistungen anderer Gebietskörperschaften kann zu Ungerechtigkeiten und zu indirekten Freiheitsbeschränkungen führen.
- Darlehen sollen von Gebietskörperschaften nur soweit aufgenommen werden als dies für Investitionen erforderlich ist.
- Ist die Familie gesund, dann ist auch der Staat gesund. Schutz und Förderung der Familie haben deshalb Vorrang.
- Der Staat ist nicht allmächtig. Deshalb kann man nicht verlangen, daß er imstande sein muß, alle Probleme zu lösen.
- Föderalismus und Subsidiarität gewährleisten eine bessere und billigere Verwaltung, doch dürfen kleine öffentliche Gemeinschaften nicht zu sehr mit unpopulären Aufgaben belastet werden.
- Die staatliche Neutralität soll auch dadurch zum Ausdruck kommen, daß die Wehrpflicht bei der Landesverteidigung ausdrücklich auf das Territorium des eigenen Vaterlandes beschränkt wird.
- Die Entwicklungshilfe für unterentwickelte Länder ist ein Gebot der Stunde, wobei es vertretbar ist, die Verwertung überschüssiger Produkte damit zu verbinden.
- Das gute Beispiel der Politiker wirkt auf die Dauer mehr für eine gute Atmosphäre als große Reden und Proklamationen.
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