Andreas Dünser

Chefredakteur "thema vorarlberg" (andreas.duenser@themavorarlberg.at)

„Mit einer bisher nicht gekannten Vehemenz“

Oktober 2024

Der erfolgreiche Entrepreneur Johannes Moser (40) sagt im Interview, KI werde – längerfristig gesehen – nahezu jeden Bereich unseres Lebens verändern. Für Vorarlberg erwartet der Digital-Experte kurzfristig nur geringe, längerfristig aber sehr wohl massive Veränderungen.

Herr Moser, wird KI derzeit unterschätzt oder überschätzt?
Ich glaube, dass beides der Fall ist. Es herrscht im Moment ein riesiger Hype, ausgelöst durch ChatGPT. Zwar sind diese ganzen Chatbots – noch – stupider, als allgemein angenommen wird. Aber die Ergebnisse sind faszinierend. Wie es derzeit in spezifischen Bereichen generell große Fortschritte gibt, etwa, was die Objekterkennung auf einem Bild oder einem Video betrifft. ChatGPT machte für die breite Masse nur sichtbar, was es schon länger gibt, und was zum Teil bereits etabliert ist. Die Menschen machen den Fehler, KI auf ChatGPT zu reduzieren. Dabei ist das nur ein Anwendungsfall; zwar beeindruckend, ein großer Entwicklungsschritt bei diesen textbasierten Verfahren. Aber KI ist viel mehr als das. Künstliche Intelligenz ist für die Menschheit ein Kultursprung.
 
Und damit verbunden sind …
Ängste und Chancen, wie bei jedem Kultursprung. Wobei ich selbst fest daran glaube, dass wir uns dank dieser Technologie weiter in eine positive Richtung entwickeln werden. KI ist ein neues Werkzeug; sie erweitert und verbessert den Werkzeugkasten der Menschheit. Aber: Wir müssen dringend eine gesellschaftliche Kultur des richtigen Umgangs mit künstlicher Intelligenz entwickeln. Die Bedeutung von Wissen hat sich durch die Entstehung des Internets schon extrem gewandelt und wird sich weiter wandeln; im Prinzip kann man jetzt bereits jede Frage stellen und bekommt darauf eine Antwort. Wissen wird immer noch verfügbarer, aber gleichzeitig auch immer abstrahierter, unkonkreter – weil niemand weiß, woher die KI die Informationen bezieht, sprich auf welche Quellen sie zugreift.
 
Wie wirkt sich KI in Vorarlberg kurzfristig und wie längerfristig aus?
Ich rechne zunächst mit überschaubaren Auswirkungen. Ein Texter oder auch nur jemand, der E-Mails schreibt, hat es dank ChatGPT und ähnlicher Programme zwar heute bereits ein bisschen einfacher; aber es wird deswegen kurzfristig nicht zu großen Verwerfungen am Vorarlberger Jobmarkt kommen. Was derzeit geschieht, ist noch recht homöopathisch. Aber längerfristig sehe ich die Gefahr, dass wir am Standort zu sehr in der Industrie verhaftet sind, die Zukunft aber in Richtung Software gehen wird. Da wird es zwangsläufig zu Umwälzungen, oder zumindest zu starken Veränderungen kommen. Man muss da nur einen Blick auf Netflix oder Spotify werfen, um zu erkennen: Das produzierte Gut wird an Relevanz verlieren, und sich in die digital-geistige Welt verschieben. Und damit wird sich auch unser Umgang mit Ressourcen vollkommen ändern. Wie sich auch das Zusammenleben, die Kultur, die Bildung ändern wird. KI wird längerfristig nahezu jeden Bereich unseres Lebens umformen. Man muss nur daran denken, wie beispielsweise die Erfindung des Buchdrucks oder der Dampfmaschine die Menschheit verändert hat. So wird es auch mit KI sein. Aber …
 
Ja, bitte?
 Den Menschen wird heute eine Anpassung abverlangt, die im Gegensatz zu früheren Zeiten, als Veränderungen bis zu ihrer Wirksamkeit noch wesentlich mehr Raum und Zeit hatten, jetzt in immer kürzeren Abständen erfolgt. Zwar wird der Weg zu dem, was man sich gemeinhin unter künstlicher Intelligenz vorstellt, noch sehr weit sein. Aber: Neue Themen werden in einer bisher nicht gekannten Vehemenz auf uns zukommen. KI wird einen immensen Impact auf uns haben. Aber: Sie wird unser Leben einfacher machen.
 
Vielen Dank für das Gespräch!
 
Zur Person

Johannes Moser (*1984 in Hard) studierte Informatik an der TU Wien. Moser ist erfolgreicher Entrepreneur, er war Mitbegründer eines Berliner Software-Start-ups, das im Vorjahr mit großem Erfolg an ein US-Unternehmen verkauft wurde. Der Mitgründer der „Plattform für Digitale Initiativen“ wohnt in Schwarzach.

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