Thomas Klagian

Stadtarchivar von Bregenz. Studium der Geschichte und der klassischen Philologie in Innsbruck. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Geschichte der Stadt Bregenz.

Die goldene Schale – Spazieren in Bregenz

Oktober 2014

Mit einer goldenen Schale hat der irische Missionar Kolumban Bregenz verglichen, als er den Ort im Jahr 612 verließ, und meinte die landschaftlichen Reize und den fruchtbaren Boden.

Jeder, der die Lage von Bregenz vor Augen hat, wie sich die Stadt, gerahmt vom Pfänderstock, an eine Bucht des Bodensees schmiegt, muss Kolumban recht geben. Eine goldene Schale voller Schlangen, fügte er freilich hinzu, und meinte die Bregenzer. Die Bregenzer ließen sich nämlich nicht bekehren; sie waren vielleicht beeindruckt von diesem starrköpfigen Iren, lieb gewonnen haben sie ihn nicht.

Das Buch lädt ein, auf zwei Routen durch Bregenz zu spazieren und etwas über die Geschichte der Stadt und über ihre Bewohner zu erfahren – im wahrsten Sinne des Wortes en passant. Die eine Route führt vom Kloster Mehrerau den See entlang bis zur Militärschwimmschule, die von den Bregenzern liebevoll Mili genannt wird, die andere von der Stadtpfarrkirche St. Gallus über die Oberstadt und die Maurachgasse an den See. Halten wir an drei Orten kurz inne.

Gondelhafen: Nur mehr ein Knopf im Geländer der Seepromenade erinnert an die „Gulaschbrugg“, jene legendäre gusseiserne Passerelle beim Bahnhof, die die Stadt mit den Seeanlagen verbunden hat. Der Bregenzer Künstler Wif Kofler flexte eines Nachts ein Stück aus dem Handlauf des Geländers, formte es zu einem Knopf und schweißte es wieder an: ein Knopf gegen das Vergessen. Ihren Namen hatte die Gulaschbrücke, so wird kolportiert, vom legendären Gulasch, das der Helvetia-Wirt, ein Trentiner, seinen Landsleuten offerierte. Seit den 1880er-Jahren reisten jedes Frühjahr Zigtausende Trentiner und Italiener über Bregenz in die Schweiz und ins Süddeutsche, um dort Arbeit zu finden. Nach dem Abriss des alten Bahnhofs 1989 stand nur mehr die Gulaschbrücke allein auf weiter Flur. Im Jänner 1991 – genau 100 Jahre nach ihrer Errichtung – schlug der Gulaschbrücke das letzte Stündchen. Sie wurde in handliche Teile zerlegt und landete in den Stahlöfen der VÖEST.

Oberstadt: Als Stadt wiedererstanden ist Bregenz um 1250 als eine Gründung der Grafen von Montfort. Die Oberstadt liegt auf einem kleinen Plateau, das nach drei Seiten steil abfällt und lediglich an der Bergseite sanft in den Pfänderstock übergeht. Dort, an der schwächsten Stelle, stand die Burg mit dem Schelmenturm (die Fronfeste). Die Burg wurde 1857 abgerissen, der Turm 1884. Das anstelle der Burg errichtete Bregenzer Gefängnis, ein hübsches und wohlproportioniertes Gebäude in Schönbrunner Gelb, ist heute Sitz des Bundesdenkmalamts.

Stadtpfarrkirche: Bis in die 1960er-Jahre wurde der Hochaltar der Stadtpfarrkirche St. Gallus in der Zeit von Ostern bis Fronleichnam mit dem Silberaltar geschmückt. In den letzten Jahrzehnten schlummerte der Altar in einem Schrank der Sakristei unbeachtet vor sich hin. Heute erstrahlt der Silberaltar nach mustergültiger Restaurierung im Jahr 2010 wieder in altem Glanz. Er wird nunmehr in der linken Seitenkapelle dauerhaft präsentiert. Die Kernstücke des Silberaltars hat die Pfarre St. Gallus 1750 von der edlen Familie von Deuring angekauft. Das Hauptrelief zeigt die Hl. Dreifaltigkeit, darunter links Moses und den brennenden Dornbusch, in der Mitte Jonas mit dem Walfisch und rechts eine detailgetreue Darstellung des Deuringschlössles. Der Silberaltar gilt als das bedeutendste barocke Kunstwerk des Landes.

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