Sabine Barbisch

„Filmemachen ist die Kunst, mit Menschen Filme über Menschen zu machen“

September 2020

Schon während ihres Studiums hat sich Zsuzsanna Kiràly im weiten Feld des Mediums Film bewegt, seit über zehn Jahren arbeitet sie in der Filmproduktion in Berlin, vor drei Jahren hat sie mit „Flaneur Films“ ihre eigene Produktionsfirma gegründet. In „Thema Vorarlberg“ spricht sie über die Kunst des Filmemachens und die „ständige Sehnsucht nach der Landschaft, in der man aufgewachsen ist.“

Zsuzsanna Kiràly ist Filmproduzentin und damit für die Entwicklung, die Finanzierung, den Dreh, die Postproduktion und zum Teil für die Auswertung eines Filmes verantwortlich. „Also für die gesamte Herstellung von der ersten Idee bis zur Aufführung: Man begleitet die Regie von der Idee zum Drehbuch, stellt das Dreh- und Postproduktionsteam zusammen, kümmert sich um die Finanzierung und Einreichungen bei Förderanstalten und involviert Verleiher und Weltvertriebe. Damit ein Film nach dem Dreh fertig wird, muss der Bildschnitt gemacht werden, die Tonbearbeitung und -mischung sowie die Bildbearbeitung“, erzählt die 35-Jährige, die diesen anspruchsvollen und vielfältigen Beruf seit über zehn Jahren
ausführt. 
Dass sich ihre Karriere in Richtung Film entwickeln würde, kristallisierte sich bereits während ihres Publizistik- und Kommunikationswissenschaftsstudiums in Wien heraus: „Ich habe die geisteswissenschaftliche Ausbildung sehr genossen und währenddessen interessante PR-Jobs gemacht. Nachdem ich mich mehrere Jahre in Filmnetzwerken engagiert hatte, wusste ich, dass ich das weiterverfolgen und in dem Sinne professionalisieren wollte, dass mich das Filmemachen und Filmesehen in seiner Komplexität und Diversität begeistert und auf produktive und kreative Art und Weise fordert.“ Ihr Zugang war dann „learning by doing“: Zsuzsanna Kiràly hat zunächst für Festivals in der Vorauswahl gesichtet, Festivals mitorganisiert und ein Praktikum in einer Produktionsfirma gemacht. Und sie ist bis heute bei der Produktionsarbeit geblieben: Sie war zehn Jahre lang bei „Komplizen Film“ im Bereich Drehbuch- und Projektentwicklung tätig, und seit nun drei Jahren führt sie mit „Flaneur Films“ eine eigene, selbstständige Filmproduktion. „Ich habe mich nach und nach auf die Stoffentwicklung, Akquise und internationale Koproduktionen von Arthouse-Spielfilmen spezialisiert. Mit meiner eigenen Produktionsfirma ‚Flaneur Films‘ verfolge ich das weiter – mit dem Fokus auf experimentelle Filme.“

Beim Filmemachen kann man Sehnsüchte, Wünsche und Ideen ausleben, erfüllen und gerne auch neu denken

„Kein Film gleicht je einem anderen.“

Mit ihrer eigenen Filmproduktionsfirma möchte Kiràly internationale, experimentell fiktionale sowie dokumentarische Filme machen, die ein sozio-politisches Anliegen haben und kulturell-regional spezifisch sind. „Also Filme“, führt sie aus, „die mit ihrem Anspruch von Pluralität und Komplexität Ideen und Wünsche aus Vergangenheit und Gegenwart für die Zukunft anregen. Filme, die sich voll und ganz der jeweiligen Arbeitsweise und Ästhetik der Regisseur/-innen verschreiben. Filmemachen ist essenziell die Kunst, mit Menschen Filme über Menschen zu machen.“ Dabei ist ihr wichtig, nachhaltige Kollaborationen mit Regisseur/-innen und Produktionspartner/-innen zu bauen, sozusagen „cinephile Allianzen: Filmemachen ist ein langwieriger intensiver Prozess, die inhaltliche und menschliche Basis will stimmen.“ 
Ihre persönliche Faszination für das Medium Film beschreibt sie mit der „Fülle der endlosen Kombinationsmöglichkeiten von Bild und Ton“ und den „sich immer wieder neu formenden Perspektiven und Eindrücken von Geschichten, Ideen und Anliegen – kein Film gleicht je einem anderem.“

Kindheit mit vielfältigen Einflüssen

Zsuzsanna Kiràly ist im siebenbürgischen Székelyudvarhely geboren worden, als Fünfjährige kam sie mit ihrer Familie nach Vorarlberg. Nach Abstechern in Sulzberg und Dornbirn hat sie den größten Teil ihrer Kindheit und Jugend in Lauterach verbracht. „Ich habe immer überschwänglich viel gelesen – Belletristik, Essays und Gedichte. Ich wusste, oder vielleicht hoffte ich, dass ich in irgendeiner Form mit Text und Fiktion arbeiten würde. Heute lese ich immer noch non-stop begeistert Literatur, und ich lese ebenso non-stop Drehbücher.“ 
2003, nach der Matura am BG Blumenstraße in Bregenz, zog sie zum Studieren nach Wien, von dort aus ging es 2007 und 2009 nach Berlin, wo Kiràly seitdem lebt und arbeitet, ihren Nebenwohnsitz hat die erfolgreiche Filmproduzentin weiterhin in Lauterach. „Je nachdem, wo man aufgewachsen ist, trägt man die jeweilige Landschaft in sich: Die Städter lieben ihre Städte, die Flachländler schwindelt es beim Anblick hoher Berge, und diejenigen, die zwischen Bergen und Seen aufgewachsen sind, haben ständig Sehnsucht danach“ – das stellt sie auch an sich selbst immer wieder fest: „Das erste und liebste Gesprächsthema mit anderen Alpenländlern ist die Sehnsucht nach der Landschaft der alten Heimat. Dann erzähle ich am liebsten, wie ich zu Schulzeiten immer den Pfänder hoch und zum Schwimmen in den See runter bin. Wie wir die Sommer mit Blick in den See hinein verbracht haben. Zum Glück kann man beim Filmemachen Sehnsüchte und Ideen ausleben, erfüllen und gerne auch neu denken.“ Eine aktuelle Produktion ihrer Firma „Flaneur Films“ – AFTERWATER von Regisseur Dane Komljen – spielt auch an Seen. „In dem Fall nicht am Bodensee, aber die Verbindungen zwischen meiner Schulzeit damals und meiner Arbeitszeit heute ist eine schöne Konstante.“

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