
„Ich hab’ kein Pferd, ich hab’ einen Blog“
Bloggen als Hobby – das ist nicht mehr ausgefallener, als in seiner Freizeit dem Sport oder der Musik zu frönen. Obwohl die Befüllung und Gestaltung der modernen „Online-Tagebücher“ immer professioneller wird – viel mehr als ein Freizeitvergnügen ist das Bloggen hierzulande (noch) nicht.
Beginnt man eine Recherche zum Thema Blogs in Österreich, kann man über die Fülle und Vielfalt nur staunen. Dabei sind es nicht nur die urbanen Gegenden, aus denen im Internet fleißig zu allen möglichen Themen Beiträge publiziert werden. Der Boom hat keineswegs am Arlberg haltgemacht, auch im Ländle ist die Zahl der Blogger deutlich im Steigen begriffen, wie Anna Heuberger, selbst Bloggerin (h.anna) und Mitveranstalterin des Vienna Fashion Camp, der größten internationalen deutschsprachigen Konferenz von und für Mode-Blogger, mitteilt: „Es gab eine Zeitlang den Hotspot Wien, und die Blogs, die sich in den Bundesländern befunden haben, waren eher rar gesät. Das ist jetzt anders. Die anderen Bundesländer holen ganz schön auf, und wir sehen auch beim Vienna Fashion Camp einen hohen Zuwachs an Interessierten, die aus ganz Österreich anreisen.“
Konkrete Zahlen zu bekommen ist ein schwieriges Unterfangen, denn es gibt kein zentrales Verzeichnis aller registrierten Blogs. Durch unterschiedliche Plattformen, auf denen sich die Online-Autoren zusammenschließen, bekommt man allerdings einen ungefähren Eindruck von der Szene im Land. So sind auf der Liste der österreichischen Food Blogger 15 Blogs allein aus Vorarlberg dokumentiert. Die 2014 gegründete Plattform „Gsiblogger“ hat aktuell 26 Mitglieder. 50.000 Leser aus aller Welt erreichen sie zusammen monatlich, die Facebook-Seiten der Mitglieder haben gesamt 30.000 Fans. Laut Nadin Hiebler, die die Bloggergemeinschaft mit Kollegin Michelle Thaler ins Leben rief, gibt es aber noch mehr: „Nicht alle nutzen die Vernetzungsmöglichkeit über ‚Gsiblogger‘, und natürlich tauchen auch laufend neue Seiten auf.“
Wenn sich die Leserschaft vergrößert
Im Februar 2013 hat Nadin Hiebler ihren eigenen Blog „Glücklichmacherei“ ins Leben gerufen. „Ich habe mir gedacht: Ich koche und backe gerne – ein Rezeptheft mit all meinen Kreationen zu haben wäre toll. Warum also nicht einen eigenen Blog starten?“ Zu diesem Zeitpunkt sei ihr nicht wichtig gewesen, ob ihre Einträge jemand liest, sie wollte es einfach ausprobieren. „Deshalb habe ich anfänglich auch nur wenigen davon erzählt. Ich wusste ja nicht, ob es was ‚Gescheites‘ wird“, meint sie schmunzelnd. Natürlich hätte das Projekt auch schiefgehen können: „Ich hatte zum Beispiel keine Ahnung vom Programmieren.“ Doch der Erfolg ihres Blogs stellte sich schnell ein: „Für mich war es unfassbar, dass plötzlich 20 Leute am Tag meine Beiträge lesen.“ Die Zahl steigerte sich stetig. Das Kommentieren auf anderen Blogs und das Hinterlassen von Feedback führe zu mehr Klicks auf der eigenen Seite, auch Facebook und Instagram zu nutzen, sei wichtig, betont Hiebler. „Anfangs freute ich mich über fünfzig Leser am Tag, dann über 100. Heute sind es zwischen 1500 und 2000.“ Täglich, wohlgemerkt.
Tolle Bilder als Erfolgsfaktor
Doch wie hebt man sich mit seinem Blog von den vielen anderen ab? Hiebler sagt, egal von wo oder worüber man blogge, wichtig sei es, „speziell zu sein“, sie spricht vom „gewissen Etwas“. Heuberger ergänzt zwei weitere Erfolgskriterien: „Eine konsequente Linienführung und den Willen, sich in einem Thema nicht nur inhaltlich, sondern auch fotografisch weiterzuentwickeln.“ Das kann ihre Kollegin aus Vorarlberg unterschreiben: „Anfangs habe ich die Fotos mit irgendeinem Smartphone geschossen, ich hatte keine Ahnung von einer Profikamera oder einer guten Bildbearbeitung. Nach dem Kauf einer Spiegelreflexkamera habe ich mich zusehends mit der Produktion toller Bilder auseinandergesetzt – heute sind die das Aushängeschild meines Blogs.“
Von Hobby- und Fulltime-Bloggern
Klickt man sich durch die zahlreichen Vorarlberger Blogs, entsteht angesichts der Professionalität, dem Aufwand und der Liebe, mit denen die Seiten betrieben werden, der Eindruck, das geschehe hauptberuflich. Hiebler widerspricht: „Keiner der ‚Gsiblogger‘ verdient seinen Lebensunterhalt damit.“ Das sei auch bei den wenigsten das Ziel. Sie selbst will ihr Hobby jedenfalls nicht zum Beruf machen: „Dann würde es vielleicht keinen Spaß mehr machen.“ Rund vier Stunden investiert sie wöchentlich in die „Glücklichmacherei“ – andere hätten eben „ein Pferd, ich habe einen Blog“, sagt die Bloggerin mit der großen Lesergemeinde augenzwinkernd. Aktuell schießen Blogs, wie Hiebler es nennt, „aus dem Boden wie Schwammerl“. Sie befürchtet, dieser Trend könnte schon wieder enden, bevor erkannt werde, welches Potenzial darin liege. Heuberger ortet in ihrem Umfeld ein verstärktes Bewusstsein von Unternehmen, mit Bloggern zu kooperieren. „Das hat sich besonders in den letzten eineinhalb Jahren verstärkt, und einige Blogger wagen mittlerweile auch in Österreich den Sprung zum Fulltime-Blogger.“ Man wird sehen, ob auch dieser Trend etwas zeitverzögert ins Ländle schwappt.
Kommentare