Alter Glanz und neue Schönheit
Lange prägte Stillstand die Hohenemser Innenstadt, nur noch wenige Spuren von Handel und Handwerk waren sichtbar. Durch eine entschiedene und doch sensible Strategie wurde die Innenstadt erfolgreich wiederbelebt. Entstanden sind dabei Ensembles, die in altem Glanz und neuer Schönheit erstrahlen.
Viele Jahre hat sich in der Innenstadt von Hohenems wenig getan. Betriebe wurden geschlossen oder sind abgesiedelt, Häuser in der Marktstraße noch abgenutzt oder verkauft, deren Zustand überwiegend desolat. „Es wurde keine Phantasie mehr entwickelt“, fasst Markus Schadenbauer, Projektentwickler und selbst Bewohner von Hohenems, diese Phase zusammen. Dann kam – von der Stadt angetrieben und vom Land Vorarlberg mitgetragen – die Initiative für eine Stadtumfahrung, die vor dreizehn Jahren schließlich umgesetzt wurde. Heute kaum mehr vorstellbar, fuhr zuvor der gesamte Verkehr mitten durch Hohenems; täglich schlängelten sich mehrere tausend Fahrzeuge im Gegenverkehr durch die Stadt.
Schadenbauer sagt, dass „erst mit der Umsetzung der neuen Verkehrsführung“ – der sogenannten Stadtspange – tatsächlich sichtbar wurde, „wie tot die Innenstadt, insbesondere die Marktstraße, geworden war“.
Auf kleinem Raum
Die historische Marktstraße von Hohenems wurde vom Bundesdenkmalamt unter Schutz gestellt, sie stand nun – wie auch das ehemalige Jüdische Viertel – unter Ensemble-Schutz. Für viele war das gleichbedeutend mit einem endgültigen Ende der Einkaufsstraße. Markus Schadenbauer eröffnet eine andere Perspektive: „Dieser Schritt war das große Glück für die Stadt, denn er schuf die Möglichkeit, sich mit dem Bestand auseinanderzusetzen.“
Und dieser Bestand ist einzigartig: Hohenems hat durch seine Geschichte und Kultur großes Potenzial, die Stadt vereint die jüdische und die bürgerliche, aber auch die gräfliche Geschichte.
Allesamt einzigartige Gegebenheiten, die auf verhältnismäßig kleinem Raum zusammenkommen. Der Projektentwickler und Stadtexeperte erzählt: „In Hohenems gab es das erste Bankhaus, den ersten Buchdrucker und Kaiserin Sisi reiste inkognito als Gräfin von Hohenems. Das hat sehr viel Charme. Und bot die Chance, etwas zu schaffen, das mit dem Ort zu tun hat und nicht etwas Neues darüberzustülpen.“
In einer intensiven und engen Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen der Stadt, den Bewohnern, Unternehmerinnen und Architekten wurde so ein lebendiger Stadtkern geschaffen – oder eben der historische Kern wiederbelebt.
Identität erleben
Dafür wurde in den vergangenen zehn Jahren klug geplant, viel gebaut, sensibel revitalisiert. Den Häusern der Marktstraße und Harrachgasse, die einst von Handwerk und Handel geprägt und zuletzt in desolatem Zustand waren, wurde neues Leben eingehaucht. In der ersten Bautiefe finden sich nun eigentümergeführte Geschäfte und Dienstleistungsbetriebe. In der zweiten Reihe gibt es freigespielte, zugängliche Innenhöfe mit Cafés und Plätzen. Auch in der dritten Bautiefe gelang es, die geschichtlichen Stärken in die Gegenwart zu übertragen. „Die einmaligen geschlossenen Häuserzeilen der Marktstraße stammen meist aus der Zeit des 17. und 18. Jahrhunderts. Sie ins Heute zu transformieren und zukunftsfähig zu machen, ist eine reizvolle und anspruchsvolle Aufgabe“, führt Markus Schadenbauer aus.
Diese Leistungen wurden kürzlich gewürdigt: die Zentralvereinigung der Architekten und Architektinnen Österreichs hat den Bauherrenpreis 2023 der Schadenbauer Projekt- und Quartierentwicklungs GmbH und der Stadt Hohenems für das Projekt „Wiederbelebung Altstadt Hohenems“ zuerkannt. „Jedes Haus erstrahlt in altem Glanz oder neuer Schönheit und fügt sich doch in erster Linie in das Ensemble. Kein eitler Architekturzoo, sondern Bausteine für ein lebendiges und spürbar wertbeständiges Stück Stadt. Die Ortskernbelebung in Hohenems stemmt sich erfolgreich gegen Flächenverbrauch und Bodenversiegelung“, formuliert Angelika Fitz, Jurorin und Direktorin Architekturzentrum Wien, in der Jurybegründung.
Neues Leben
Die vielfältige Stadtgeschichte spiegelt sich nun mehr denn je in den einzelnen Häusern wider. Dieter Egger, Hohenemser Bürgermeister seit dem Jahr 2015, sagt über die Entwicklung des revitalisierten Stadtkerns: „In der historischen Hohenemser Innenstadt erwachte in den vergangenen Jahren eine Begegnungszone zum Leben, gewoben aus dem Geist der Vergangenheit und den Visionen von Morgen.“ Ein Netzwerk aus rund 50 Miteigentümern habe dieser Transformation „Hand in Hand mit Projektentwicklern und unserer Stadtplanung sowie privaten Bauherrn, Flügel verliehen. Alte Schätze wurden achtsam und hochwertig restauriert. Meisterwerke der Denkmalpflege wurden geschaffen und hauchen historischen Gebäuden neues Leben ein.“
Dieses „neue Leben“ wird mit einer klaren Strategie kuratiert. „Uns war es von Anfang an wichtig, die hochwertig sanierten Häuser mit Geschäften zu bespielen, die sich vom allgemeinen Angebot unterscheiden. Wir setzen also auf die Ansiedelung von eigentümergeführten Ladenlokalen mit besonderen Geschäftsideen. Ketten schließen wir aus“, stellt Projektentwickler Schadenbauer klar; sagt aber auch: „Was mutig klingt, war ganz einfach: Wir würden mit unseren historischen und sanierten Häusern deren Anforderungen ohnehin nicht erfüllen.“
Die Goldschmiedin Anna Waibel zählt zu den ersten „neuen Mieterinnen“ der revitalisierten Marktgasse. Im November vor acht Jahren hat sie ihren Standort in Hohenems eröffnet, damals noch inmitten der Baustelle. Ihre Vision, die sie mit diesem Schritt wagte, wurde Realität: „2015 war Vieles im Aufbruch, heute sieht man das Ergebnis dieser Entwicklung: Ich wollte ein Teil von etwas Tollem sein, das hier neu entsteht – und das ist gelungen.“
Auch Maiken Kloser arbeitet in der Marktgasse. Sie ist die Inhaberin des Atelier Maiken K, das seit 2020 in Hohenems angesiedelt ist. „Die Mietpreise der Geschäftsflächen sind geregelt, dadurch siedeln sich kleine Betriebe an, die auf Handwerk, Regionales, Kunsthandwerk oder – so wie ich – auf Mode spezialisiert sind. Alles hat einen nachhaltigen Fokus und passt zusammen.“ So habe sie schon Brautkleider angefertigt, der Blumenschmuck für die Hochzeit kam vom Blumenladen die Straße weiter runter, die Trauzeuginnen fanden ihre Outfits im Modeladen ums Eck und der Schmuck fürs Brautpaar kam ebenfalls aus der Hohenemser Marktstraße – eben aus der Hand von Anna Waibel. „So arbeiten wir über unsere Unternehmen hinaus alle zusammen, das ist das Schöne hier“, sagt Kloser. Die Unternehmerinnen haben zudem das „Kwartier“ gegründet, als Plattform für Veranstaltungen in Hohenems. Einzig die Frequenz sei noch ein Thema: „Da geht noch was, wir haben hier ein tolles Angebot an besonderen Geschäften, aber wir sind noch ein Geheimtipp.“
Alt und Neu im Dialog
Das alles soll weiterentwickelt und mit dem aktuell entstehenden RathausQuartier am nördlichen Eingang der Stadt vollendet werden. Auch für das älteste Innenstadtquartier „Alt Ems“ hat Markus Schadenbauer bereits eine Vision: „Beim denkmalgeschützten alten Rathaus oberhalb des Torbogens, am Emsbach, liegt der geschichtlich älteste Teil von Hohenems, stark geprägt durch die einst ansässigen Sägen und Mühlen. Die Gebäudekerne im ‚Alt Ems‘ stammen teils aus dem 14. Jahrhundert. Wie in den anderen Quartieren sollen sich auch hier Alt und Neu in einem Dialog auf Augenhöhe wiederfinden und einen weiteren Impuls zur Stärkung, Revitalisierung und Begegnung in Hohen-ems schaffen.“
Zentrumsentwicklung Hohenems
- 9 Neubauprojekte abgeschlossen
- 8 Neubauten in Planung
- 11 Gebäudesanierungen fertig
- 5 Sanierungsprojekte in Planung
- circa 40 neue Arbeitsplätze
- 17 neue Einzelhändler/Dienstleister
RathausQuartier (2018 – 2025)
- Nutzfläche: gesamt 9800 Quadratmeter
- Investitionsvolumen: circa 55 Millionen Euro
- 7 Baukörper
- Tiefgarage: 167 Plätze (davon 70 öffentlich)
- 77 Wohnungen
- 31 Einheiten für Handel, Dienstleistung
Quelle: Stadt Hohenems
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