
„Leere Teller und ein volles Haus – das bestätigt mich“
Dieter Koschina ist, was man einen Spitzenkoch nennt. Er hat mit den Weltbesten der Branche zusammengearbeitet und sich in der „Vila Joya“ zwei Michelin-Sterne erkocht. Seine Bodenständigkeit ob dieser Leistung mag erstaunen, zeichnet aber nicht nur ihn, sondern auch seine Küche aus.
Es ist ein magischer Platz“ – so beschriebt Dieter Koschina seinen Lebens- und Arbeitsmittelpunkt in Portugal. Die „Vila Joya“, eine ehemalige Millionärsvilla in Albufueira, ist ein Luxushotel direkt an der Atlantikküste. Wer hier Urlaub macht, fühlt sich wie im Paradies. Aber auch Dieter Koschina, der den anspruchsvollen Gästen in der „Vila Joya“ seit nunmehr über zwei Jahrzehnten kulinarische Höhenflüge bereitet, empfindet den Platz als besten der Welt: „Die 300 Sonnentage im Jahr, das beständige Rauschen des Meeres, die Möglichkeit, sich in weniger als zwei Minuten in die Wellen des Atlantiks zu stürzen – das macht diesen magischen Ort aus.“
Vom Selbstbedienungsrestaurant zur Sterne-Küche
Dabei begann die berufliche Karriere von Dieter Koschina ganz bescheiden. Weil ein Berufseignungstest kein eindeutiges Ergebnis zeigte, seine Mutter selbst Köchin war, viele seiner Freunde eine Ausbildung als Koch oder Kellner machten und die Tante gute Kontakte hatte, begann der jugendliche Koschina seine Kochlehre in einem Selbstbedienungsrestaurant im Sägercenter in Dornbirn. „Ich sehe meine Ausbildung als großen Vorteil, denn viele gute Köche haben dort wegen der familienfreundlichen Arbeitszeiten gearbeitet.“ Außerdem habe er die Erfahrung gemacht, dass Lehrlinge in Spitzenrestaurants das erste Jahr oft nur Salat waschen dürfen, er hingegen habe gelernt, das Fundament der klassischen Küche zuzubereiten sowie schmackhafte Speisen aus einfachen und günstigen Waren zu zaubern. Nach dem Abschluss der Lehre in Hohenems schnupperte Koschina internationale Küchenluft und kochte sich hinauf bis zu den kulinarischen Top-Adressen der Welt. „In den 1980er Jahren in einen Sterne-Betrieb, wie etwa bei Witzigmann oder Winkler, hineinzukommen, war ein Privileg. Ich habe mich mehr als vier Mal vorgestellt, geklappt hat es nie“ – heute kann Koschina darüber lachen. „Ich blieb beharrlich, und eines Tages war es soweit: Ich wurde ins Team aufgenommen.“ Doch die Freude über diesen Triumph währte nur kurz, denn „es fingen acht weitere Jungköche zur selben Zeit an“. Glücklicherweise sei er nicht der jüngste gewesen, als „hartes Los“ beschreibt Dieter Koschina die Arbeit trotzdem: „Die Chefs waren sehr beherrschend und beinhart und Fehler wurden nicht geduldet.“ Gab es auch Positives? „Wir haben eine akkurate Technik und die Produkte genauestens kennengelernt, Menschlichkeit dagegen weniger.“
Der Weg nach Portugal
Dass er vor über zwei Jahrzehnten an diesem eingangs beschriebenen „magischen Platz“ an der portugiesischen Atlantikküste landete, war purer Zufall. „Ich habe in Wien gearbeitet, als ein Anruf aus Portugal für Werner Matt kam. Der war aber nicht da, und so wurde ich von der Eigentümerin der ,Vila Joya‘ vom Fleck weg engagiert.“ Eine sehr spontane, aber richtige Entscheidung: Seit über zwanzig Jahren lebt und arbeitet Koschina nun in der zum 5-Sterne-Haus umgebauten ehemaligen Privatvilla. „Dass ich nur eine halbe Minute von meiner Wohnung zum Arbeitsplatz brauche, ist herrlich, weil das auch bedeutet, dass ich in einer Minute am Meer bin. Der Nachteil beim Wohnen beim Arbeitsplatz: Wenn der Frühstückskoch verschläft, werde ich angerufen.“
Zwei Hände allein schaffen das nicht
Apropos kochen: Sind zwei Michelin-Sterne genug Bestätigung für einen Koch? „Wenn unser Haus voll ist und die Teller leer sind, bestätigt mich das, dazu braucht es keine Sterne.“ In der Praxis ist das eine große Herausforderung, denn „unsere Gäste sind auf der ganzen Welt unterwegs; sie wissen viel über Produkte und kennen die neuesten kulinarischen Hypes – und sie wollen eines: kulinarische Aha-Momente.“ Und das schafft auch einer der besten Köche nicht alleine. „Nur mit einem tollen Team kann man Abend für Abend solche Höchstleistungen bringen. In dieser Zeit herrscht eine gewisse Aggressivität, eine lässige Gelassenheit wäre fehl am Platz. Wir sind hoch konzentriert und müssen physisch und psychisch sehr belastbar sein. Wir kochen jeden Abend ein neues Menü – es gibt keine à la carte. Manchmal hat man eine Idee im Kopf, kombiniert gedanklich Top-Produkte zu einem Geschmackserlebnis. In der Fantasie ist man geradezu euphorisch, es kann aber schon mal sein, dass eine solche Kreation nach der Umsetzung im Kübel landet.“ Seine Küche beschreibt Dieter Koschina deshalb als „relativ spontan“. In den Menüs finden sich frische, mediterrane Elemente, die weniger mit Butter und Sahne als vielmehr mit Olivenöl und Reduktionen ihren einzigartigen Geschmack erhalten. „Wir sind keine Teller-Tätowierer, wir haben hochwertige Produkte, eine tolle Sauce, eine schmackhafte Beilage und einen wunderbaren Wein – das ist Perfektion.“
Job in Portugal, Familie in Vorarlberg
In der wenigen Freizeit, die Koschina während der Saison hat, braust er mit seiner Harley Davidson durch die Lande. Ansonsten gehört die Teilnahme an Koch-Events auf der ganzen Welt zu seinem Leben: „Dieser Austausch ist wichtig, denn man lernt in diesem Beruf nie aus – man ist immer ein Lehrbub.“ Wenn es die Zeit zulässt, macht er dann auch einen Abstecher zu seiner Familie nach Hard: „Meine Frau und mein Sohn leben dort. Das ist eine gute Lösung, denn mein Job ist mit einer Familie nicht vereinbar.“ So kommt die Familie in den Sommerferien zu ihm an die Algarve, im Winter verbringt Koschina einige Zeit im Ländle und ist dem Sohn ein Vorbild: „Er hat eine gute Hand in der Pâtisserie und kreiert mit seinen 13 Jahren schon Köstliches. Außerdem hat er einen bemerkenswerten Geruchssinn – fast besser als meiner.“
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