Herbert Motter

Bundesweite Initiative nimmt sich Vorarlberg als Vorbild

November 2018

Eine neue Initiative in Sachen Lehre will das Interesse an Lehrberufen österreichweit heben. Zukunft.Lehre.Österreich (z.l.ö.) nennt sich die Plattform von 34 namhaften Unternehmen, die künftig jeden zweiten Jugendlichen in eine Lehrlingsausbildung bringen möchte.

Um Milliarden an Produktivitätsverlusten in Zukunft zu vermeiden, müssen wir den Lehrlingsanteil in Österreich auf über 50 Prozent anheben“, fordert Werner Steinecker, Generaldirektor der Energie AG Oberösterreich und Präsident der Initiative. Als größte Herausforderung, zu deren Überwindung die Initiative „z.l.ö. – zukunft.lehre.österreich“ gegründet wurde, identifiziert er den aktuellen gesellschaftlichen Stellenwert der Lehre. Österreichweit hadere man seit Jahren mit einer 40-Prozent-Grenze. Renate Scheichelbauer-Schuster, z.l.ö.-Vizepräsidentin, erklärte recht deutlich: „Österreich braucht nicht nur Akademiker, sondern mindestens so viele Handwerker.“ Die Initiative z.l.ö. setzt sich aus führenden Wirtschaftsunternehmen und -treibenden zusammen. Ihr umfassendes Netzwerk besteht aus Partnern aus allen Bereichen von Politik, Wirtschaft, Forschung und Gesellschaft und soll in weiterer Folge durch Bundesländer-Niederlassungen flächendeckend in ganz Österreich vertreten sein. 

Für den äußersten Westen des Landes ist das erklärte Ziel der neuen Initiative nicht wirklich neu, kann Vorarlberg doch seit Jahren auf eine Lehrlingsquote über der 50-Prozent-Marke verweisen. Genau genommen haben sich 2017 52,76 Prozent der Jugendlichen für eine Lehre entschieden, davon sind über 70 Prozent Burschen. Vorarlberg ist seit Jahrzehnten das Bundesland mit der höchsten Lehrlingsquote in Österreich. So liegt auch aufgrund dieses Umstandes die Jugendarbeitslosigkeit in Vorarlberg mit 3,2 Prozent bei den 15- bis 19-Jährigen unter dem Österreichschnitt von 4,1 Prozent. Ein Forschungsbericht des Institutes für Bildungsforschung der Wirtschaft kommt zum Schluss: „Die Jugendarbeitslosigkeit ist tendenziell niedriger, je mehr Jugendliche eines Altersjahrganges eine Lehrausbildung absolvieren.“
Das System der dualen Ausbildung ist in Vorarlberg tief verankert: Viele Betriebe pflegen seit Langem die Tradition der Lehrlingsausbildung und der Wirtschaftsstandort Vorarlberg zeichnet sich durch eine hohe Zahl an eigens ausgebildeten Fachkräften aus. „Das Ziel für jeden Jugendlichen muss sein, die möglichst richtige Ausbildung im Sinne seiner Interessen und Fähigkeiten sowie den Anforderungen des Wirtschaftsstandortes entsprechend zu finden und nicht generell die höchst mögliche Ausbildung anzustreben“, erklärt Christoph Jenny, Direktor der Wirtschaftskammer Vorarlberg.

„Die vielen Aktivitäten, die bei uns üblicherweise von der Wirtschaftskammer, dem Land und der Arbeiterkammer gemeinsam getragen werden, sind ein Schlüssel für die in Vorarlberg vergleichsweise hohe Attraktivität der Lehre. Noch wichtiger sind aber die vielen Ausbildungsbetriebe, die mit großem Engagement den Jugendlichen eine qualitativ hochwertige und sehr praxisnahe Ausbildung bieten“, erklärt der WKV-Direktor.
Bei all diesen Aktivitäten geht es vor allem darum, Ausbildungsbetriebe in der Qualität der Ausbildung zu unterstützen (zum Beispiel Landesauszeichnung „Ausgezeichneter Lehrbetrieb“, Ausbilder-Akademie, Ausbildungsberater), Jugendliche und Eltern über die Vorteile und die vielfältigen Möglichkeiten einer Lehrausbildung zu informieren (zum Beispiel Lehrlingsplattform, i-Messe, Ausbildungsbotschafter) und immer wieder neue attraktive Angebote für interessante Zielgruppen (etwa Lehre und Matura) zu schaffen.
Es gebe aufgrund der Demografie einfach weniger Jugendliche, die überhaupt für eine Lehre infrage kommen und andererseits sei die lückenhafte schulische Vorbildung der potenziellen Lehranfänger eine große Herausforderung für die ausbildenden Betriebe. „Es gilt deshalb mehr denn je, beim Bildungssystem anzusetzen“, stellt Jenny klar und plädiert für „mehr Wettbewerb in der Bildungslandschaft, um die Qualität zu erhöhen.“ Mehr geeignete Lehranfänger heißt letztendlich auch mehr Betriebe, die ausbilden können und wollen.

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