Klaus Feldkircher

(geb. 1967) lehrt an der FH Vorarlberg, ist als freier Journalist tätig und betreibt das Kommunikationsbüro althaus7. Als Autor, Texter und Konzepter hat er bereits zahlreiche Sachbücher veröffentlicht. Weiters ist er in der Erwachsenenbildung tätig und lehrt Deutsch und Latein an der Schule Riedenburg/Bregenz.

Clarissas Raketenwelt

Dezember 2021

Clarissa Steurer hat etwas erreicht: Sie ist Inhaberin von Clarissakork, einer gutgehenden Manufaktur in Krumbach. Und deren Produkte? Sind – wohl unschwer zu erraten – Produkte ausdem Naturmaterial Kork.

In Clarissas Keller-Manufaktur im vorderen Bregenzerwald werden Teppiche, Wohnaccessoires, Kissen, Tischsets, Glasuntersetzer, Pinnwände, Wickelauflagen etc. aus Korkleder gefertigt, teilweise auf Maß, teilweise in Serie. Kork mag ja ein wunderbares Material sein, aber es drängt sich die Frage auf, wie eine Frau aus dem Bregenzerwald zu diesem so gar nicht heimischen Rohstoff, den sie aus Portugal importiert, kommt. Clarissa meets Kork, sozusagen.

Schritte in die textile Welt

Um diesem Umstand auf die Spur zu kommen, müssen wir das Rad der Zeit zurückdrehen. Clarissa Steurer wurde mit Textilien groß. Sie besuchte die HTL Dornbirn, wo sie in die Geheimnisse der textilen Welt eintauchte. Im Anschluss stürzte sie sich sofort ins Berufsleben, pendelte für ihren Arbeitgeber regelmäßig zwischen dem bulgarischen Plovdiv und Vorarlberg. Nach etwa 18 Monaten intensiver Reisetätigkeit wurde sie im selben Betrieb Produktmanagerin. Ihre Aufgabe: „Ich gab den Designern einen groben Rahmen vor, innerhalb dessen sie ihre Ideen verwirklichen konnten.“ Die Parameter? Natürlich die Kosten, aber auch Vorgaben im textilen oder stilistischen Bereich. In Summe verbrachte sie vier Jahre in diesem Unternehmen. Weitere Stationen ihres Werdegangs: zwei Startups für Textilien und zwei Ausflüge in die Welt der Werbeagenturen, danach Huber Trikot, wo sie für die Submarke Skinny den Onlineshop mit aufbaute. „Ich habe überall mitgenommen, was ging. Habe Wissen aufgesogen wie ein Schwamm.“ Und diese Eigenschaft sollte sich später als nützlich erweisen. Der nächste Schritt brachte sie ins Marketing eines bekannten Vorarlberger Magazins, wo sie für den Verkauf verantwortlich war. „Eine harte Schule“, wie sie erzählt. Aber es hat sich gelohnt, das beweisen heute die Zahlen ihres Labels Clarissakork.

Beginn der Selbständigkeit

Doch zunächst sollte eine weitere tiefgreifende Veränderung ihr Leben beeinflussen: Sie wurde schwanger. Während dieser Zeit verfestigt sich ein Wunsch: Clarissa war von Unternehmern beeindruckt, hatte die Selbständigkeit sozusagen im Blut. Vater, Mutter, Tanten, Großeltern, alle standen erfolgreich auf eigenen Füßen. Und das war dann auch ihr Ziel. 
„Aber womit beginnen? Der Textilbereich kam für mich nicht in Frage. Hier hatte ich zu viel Einblick und wusste um die Schwierigkeiten der Branche.“ Die Idee: Sie wollte hochwertige Leinentischwäsche produzieren. Die Idee war geboren, der Besuch beim Sticker jedoch ein kurzer. Die Maschinen seien für ihre Bedürfnisse zu groß, so der Inhaber. Aber ein Augenblick sollte Clarissas Geschäftswelt nachhaltig beeinflussen: Sie beobachtete, wie eine Tapete bestickt wurde. Das war der Anfang ihrer Idee. Wenig später spielte der Zufall eine Rolle: Clarissa wurde durch eine TV-Sendung in den Bann des Naturrohstoffs Kork gezogen. Und damit nahm ihre Manufaktur ihren Lauf.
Steurer befasste sich intensiv mit dem Material Kork, in das sie sich nach eigenen Aussagen sofort verliebte: „Eigenschaften und Haptik waren für mich einzigartig.“ Und so entstand die Idee, Teppiche aus Kork zu produzieren. „Ich habe viel Zeit und Arbeit in die Produktentwicklung gesteckt“, erzählt sie. Bis zur ersten Serienreife 2018 dauerte es neun Monate, bis sie den Schritt in den Fachhandel und in Concept Stores wagte. „Ich habe Adressen recherchiert, nachtelefoniert und bin durch ganz Österreich gefahren, um unsere Produkte zu präsentieren.“ Das
Problem dabei: Die Abnahmemengen waren
(noch) zu gering. Deshalb investierte sie in der Folge ihre Energie in den Aufbau eines Onlineshops, ohne aber den Fachhandel zu vernachlässigen.

 

Wer einmal bei uns kauft, ist korksüchtig. Wir haben sehr viele Wieder­käufer. Clarissa Steurer

Influencer-Frösche küssen

Zusätzlich setzte sie in dieser Zeit auf Unterstützung durch Influencer und baute gleichzeitig ihren eigenen Instagram-Kanal auf. „Für Online-Marketing war kein Geld da, daher setzte ich auf den Deal ‚Ware gegen Werbung‘. Ich habe zu Beginn viele Influencer-Frösche geküsst, bin mit einigen ins Geschäft gekommen. Aber bald hat sich herausgestellt, wer mich wirklich weitergebracht hat.“ Mit einigen von ihnen arbeitet sie heute noch zusammen. In ihrem Business laufe sehr viel über Empfehlungsmarketing. Und: „Wer einmal bei uns kauft, ist korksüchtig. Wir haben sehr viele Wiederkäufer.“
Und so entwickelte sich ein gewisser Bekanntheitsgrad, der sie den nächsten Schritt gehen ließ: 2019 nahm sie das gesamte Business in die eigenen Hände, da sie mit der Qualität der gelieferten Ware nicht mehr zufrieden war. Sie schaffte sich einen Maschinenpark an, um selbst produzieren und liefern zu können. Und zwar ohne Qualitätsverlust. Die Rohstoffe bezog sie – nach langer Prüfung potenzieller Lieferanten – direkt aus Portugal.

2 Minuten 2 Millionen

Ein weiterer Meilenstein war die Teilnahme an der TV-Sendung „2 Minuten 2 Millionen“. Steurer wurde vom Scouting-Team des Senders eingeladen. Nach einem selbstproduzierten Video war schnell klar: Clarissakork hat es in die Sendung geschafft. Die Aufnahme erfolgte im November 2020, die Ausstrahlung im Jänner 2021. Trotz einiger Angebote zog es die Inhaberin aber vor, ihren Weg weiter ohne Investoren zu gehen. Wen mag es ob des Erfolges und der Herkunft – aus dem Bregenzerwald – verwundern?
„Natürlich hat uns die Sendung einen ordentlichen Schub verliehen. Doch unser Unternehmen bestand schon damals aus sechs Personen. Und die Geschäftsentwicklung von der Produktion bis zur Ausstrahlung hat uns damals recht gegeben mit unserer – von den Investoren als zu hoch befundenen – Bewertung.“

Wie eine Rakete

Heute sind in ihrem Unternehmen 12 Personen angestellt, geplant ist ein neuer Standort, an dem sich das Unternehmen weiterentwickeln soll. Die weiteren Ziele: eine Online-Expansion in den skandinavischen Raum, auch eine Erweiterung in den Architekturbereich ist angedacht. „Unser bisheriges Geschäftsmodell werden wir beibehalten und optimieren. Aber es ist immer gut, mehrere Standbeine zu haben.“ Wie sie das zeitlich managen will? „Manchmal fühle ich mich wie eine Rakete. Alles zischt an mir vorbei. Mir geht es oft etwas zu langsam, daher fälle ich rasch Entscheidungen. Das ist unsere Stärke.“ Ein Statement als Proof of Concept.

www.clarissakork.com

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