Herbert Motter

Der Nächste, bitte

September 2018

Bestehender Kundenstock, erfahrene Mitarbeiter, bewährtes Geschäftsmodell: In manchen Branchen ist eine Betriebsnachfolge oft der klügere Weg als die Neugründung eines Unternehmens.
Die Zahl an Unternehmen, die vor allem wegen der Pensionierung ihres Chefs zur Übergabe anstehen, nimmt aufgrund der demografischen Entwicklung auch in Vorarlberg zu.

Wenn Firmenübergaben scheitern oder kein Nachfolger gefunden wird, gehen nicht nur das Lebenswerk eines Pioniers, unersetzliche Erfahrung und Know-how für den Wirtschaftsstandort verloren, auch Tausende Arbeitsplätze stehen österreichweit auf dem Spiel. „Eine Betriebsnachfolge schafft aus volkswirtschaftlicher Sicht einen großen gesellschaftlichen Mehrwert. Unternehmen entkommen der Zerschlagung, Arbeitsplätze können erhalten werden“, erklärt Christoph Mathis, Ansprechpartner für die Betriebsnachfolge in der Wirtschaftskammer Vorarlberg. Vergangenes Jahr wurden in Vorarlberg 277 Unternehmen übernommen, um 18 Prozent mehr als noch 2016. Das Ergebnis aus dem Jahr 2017 bedeutet zudem den höchsten Wert seit sieben Jahren. Für 2859 Betriebe in Vorarlberg wurde somit seit 2007 eine Nachfolgeregelung gefunden. Jedes Jahr werden durch Betriebsübergaben rund 1800 Arbeitsplätze gesichert. Dennoch kann sich die Suche nach einem Nachfolger – speziell bei Kleinstbetrieben – schwieriger gestalten als noch vor Jahren. Betrug der Anteil an Übertragungen innerhalb der Familie vor 20 Jahren noch 75 Prozent, so hat sich dieser Wert heute bei rund 50 Prozent eingependelt. Gründe hierfür sind sinkende Geburtenraten, Bildungsexpansion beziehungsweise anderweitige Interessen und anderer fachlicher Hintergrund der Kinder. Damit nimmt die Bedeutung eines Verkaufs an Mitarbeiter, an ein externes Management, an Mitbewerber oder an strategische Partner zu. Aber auch wenn ein geeigneter Nachfolger innerhalb oder außerhalb der Familie gefunden ist, sind zahlreiche Themen zu regeln und zu optimieren. Von der Kaufpreisfindung über Finanzierungsfragen, steuer-, gesellschafts-, zivil- und erbrechtlichen Themen bis hin zur Mediation können Lösungen erforderlich sein. 

Komplexe Angelegenheit 

Christoph Mathis: „Dies zeigt auch die Komplexität einer Nachfolgeregelung. Es scheint daher nur logisch, dass optimale Lösungen oft nicht von heute auf morgen erzielt werden können und dass es ratsam ist, sich für die eine oder andere Frage Experten mit ins Boot zu holen.“ Die Dauer einer Betriebsübergabe variiert zwischen einem und drei Jahren, „dies hängt vor allem davon ab, ob noch Vorbereitungen zu treffen sind und ein Nachfolger vorhanden ist. Wichtig ist dabei immer die rechtzeitige Planung. Je eher man damit beginnt, desto besser kann man agieren“, betont Mathis. Ein bewährtes und erfolgreiches Tool für alle, die ihren Betrieb übergeben wollen, oder jene, die an einer Übernahme interessiert sind, ist etwa die österreichweite Nachfolgebörse www.nachfolgeboerse. at, seit Juni im neuen, responsiven Design. „Unter mehr als 1000 Inseraten kann man auf dem Online-Marktplatz den richtigen Betrieb für die eigene unternehmerische Laufbahn oder den geeigneten Nachfolger für sein Unternehmen finden“, sagt Christoph Mathis. 

Hilfe von der Wirtschaftskammer 

Seit 2005 setzt die Wirtschaftskammer wichtige Impulse durch Veranstaltungen und Beratungsleistungen und hat auch ein Netzwerk an wichtigen Partnern im Nachfolgeprozess aufgebaut. Ziel ist es, die notwendigen Kompetenzen für den reibungslosen Ablauf einer Nachfolge zusammenzuführen. 2017 wurden 149 Beratungen durchgeführt und Anfragen von Übergebern bearbeitet (2016: 116). Persönliche Gründerberatungen für Übernehmer wurden im vergangenen Jahr 69 registriert (2016: 75). 
Für die kommenden Jahre ist mit einem anhaltend hohen Übergabegeschehen zu rechnen. Das Potenzial an Unternehmensübergaben setzt sich dabei aus Unternehmern zusammen, die einerseits aufgrund des Erreichens des Pensionsalters übergeben, oder andererseits eine vorzeitige Übergabe planen. Der häufigste Grund für die Unternehmensübergabe ist das Alter der Übergebenden. In 66 Prozent der Fälle geben die Übergeber ihr Unternehmen mit Erreichung des pensionsfähigen Alters an den Nachfolger weiter. Der Trend zur Nachfolge ist österreichweit ungebrochen, was auch in einer Studie der KMU-Forschung Austria bestätigt wird. Demnach waren und sind zwischen 2015 und 2024 etwa 42.400 kleine und mittlere Arbeitgeberbetriebe mit Übergaben konfrontiert. Durch erfolgreiche Übergaben können in den kommenden zehn Jahren rund 424.000 Arbeitsplätze gesichert werden.

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