Christian Feurstein

Wirtschaftsarchiv Vorarlberg

Firmen in historischer Mission

September 2015

37 heimische Unternehmen halten die Fahnen der Vorarlberger Wirtschaftsgeschichte hoch – im Interesse der gesamten Wirtschaftsregion Vorarlberg.

Seit einiger Zeit findet innerhalb der Privatwirtschaft eine verstärkte Beschäftigung mit Geschichte statt. In einer Epoche zunehmender Internationalisierung und Globalisierung wird die eigene Unternehmensgeschichte als Identitätsmerkmal neu entdeckt. Der Umgang damit ist von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich: angefangen vom Seniorchef, der selbst als Chronist aktiv wird, über ausführliche Darstellungen auf Firmen-Websites bis hin zu Unternehmen, die wissenschaftliche Dokumentationen bei Historikern in Auftrag geben.

Vergessen wird allerdings oft ein wesentlicher Umstand, nämlich dass der Werdegang des eigenen Unternehmens nicht losgelöst von der regionalen Wirtschaftsgeschichte erzählt werden kann. So kommt beispielsweise der ehemals dominierenden Textilindustrie längst nicht mehr jene Bedeutung zu, die sie noch vor einem halben Jahrhundert hatte (wenngleich manches heimische Textilunternehmen nach wie vor mit großem Erfolg am Markt besteht). Dennoch war diese Branche in ihrer Blütezeit ein wichtiger Auftraggeber für wachsende Betriebe, welche wiederum die heutige Wirtschaftsstruktur prägen. In den historischen Unterlagen früherer Textilunternehmen finden sich viele solche Geschäftsverbindungen. Selbst die Entstehung und Entwicklung ganz junger Unternehmen der Gegenwart ist eingebettet in den Kontext der Wirtschaftsgeschichte.

Diesem Umstand tragen mittlerweile 37 Unternehmen Rechnung, indem sie sich am Erhalt des Wirtschaftsarchivs Vorarlberg beteiligen. Die Einrichtung wurde 1983 unter Mitwirkung von Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung gegründet. Hier werden zum einen historische Quellen gesammelt und für die Forschung aufbereitet, aber auch die Wirtschaftsgeschichte der Öffentlichkeit vermittelt, etwa durch Ausstellungen oder Publikationen. Ein wesentlicher Pfeiler für den Erfolg und Fortbestand dieser Initiative sind neben den Interessenvertretungen und dem Land Vorarlberg die heimischen Unternehmen.

Wozu ein Wirtschaftsarchiv?

Bekannte Wirtschaftsarchive sind in großen Industrieregionen Europas zu finden. Auch Vorarlberg kann diesbezüglich auf eine lange Tradition zurückblicken. Deutlich wird dies anhand einer Berufszählung aus dem Jahr 1869, also zu einer Zeit, als noch die meisten Menschen ihr Brot in der Landwirtschaft verdienten. Schon damals wies Vorarlberg einen höheren Anteil an Beschäftigten in der Sachgüterproduktion auf als jedes andere Kronland der Habsburgermonarchie. Der hohe Industrieanteil ist geblieben, wenngleich die Wirtschaftsstruktur starken Veränderungen unterworfen war. Dies bedeutet aber auch, dass manches Traditionsunternehmen von der Bildfläche verschwand, während andere Branchen an Gewicht gewannen. Bei der Schließung eines Unternehmens droht immer auch der Verlust historisch wertvoller Aufzeichnungen. Wirtschaftsarchive bemühen sich in solchen Fällen um deren Sicherung und Erhalt für zukünftige Generationen. Im Wirtschaftsarchiv Vorarlberg sind neben der Industrie mittlerweile sämtliche Branchen vertreten, vom Handel bis zum Fremdenverkehr. Die Vermittlung der Wirtschaftsgeschichte beginnt bereits, wenn etwa Schüler für Maturaprojekte in den historischen Unterlagen recherchieren. Gleichzeitig ist das Archiv auch ein Aushängeschild für die Region. Es macht deutlich, welchen hohen Stellenwert die heimische Wirtschaft dem Bereich Bildung einräumt. Als wissenschaftliche Einrichtung zeigt es problematische Entwicklungen auf, dokumentiert aber auch Erfolgsgeschichten. Die Förderer erhalten darüber hinaus kostenlos Zugang zu den Beständen und werden in archivarischen und geschichtlichen Fragen beraten.

Einladung an alle Unternehmen

Es darf jeden Vorarlberger Unternehmer mit Stolz erfüllen, an einer Ini­tiative wie dem Wirtschaftsarchiv mitzuwirken. Dies kann bereits mit einem steuerlich absetzbaren Jahresbeitrag in Höhe von 300 Euro erfolgen. Die aktuelle Zahl von 37 beteiligten Unternehmen ist in der Wirtschaftsregion Vorarlberg aber noch stark ausbaufähig. Umso mehr Beachtung gebührt den bestehenden Förderern aus verschiedensten Branchen, vom Kleinbetrieb bis zum Konzern mit mehreren Tausend Beschäftigten. Es sind jedenfalls alle Unternehmen eingeladen, das Archiv zu unterstützen. Eine vollständige Auflistung der Förderer findet sich auf der Internetseite des Wirtschaftsarchivs Vorarlberg unter www.wirtschaftsarchiv-v.at.

Kommentare

To prevent automated spam submissions leave this field empty.