Klaus Feldkircher

(geb. 1967) lehrt an der FH Vorarlberg, ist als freier Journalist tätig und betreibt das Kommunikationsbüro althaus7. Als Autor, Texter und Konzepter hat er bereits zahlreiche Sachbücher veröffentlicht. Weiters ist er in der Erwachsenenbildung tätig und lehrt Deutsch und Latein an der Schule Riedenburg/Bregenz.

Mitarbeitende gesucht, biete … Ja, was denn?

September 2022

Wer kennt sie nicht, die Suche nach Mitarbeitenden. Sei es in der Produktion, in der Gastronomie, in Kindergärten, in Schulen, ja sogar in Vorstandsetagen, überall wird händeringend nach geeignetem Personal gesucht.
Doch die Suche ähnelt mitunter der nach der Nadel im Heuhaufen. Wie kann gutes Personal gefunden werden? Wie können Mitarbeitende gehalten werden? Ist es das Gehalt, das sie an das Unternehmen bindet? Oder etwas anderes? 
Diesen Fragen sind wir im Gespräch mit Helmut Sepp, Mitinhaber der Kathan & Sepp GmbH in Dornbirn nachgegangen. Helmut Sepp gilt als ausgewiesener Experte für Fragen rund ums Personal. Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre und der Wirtschaftspädagogik, wo er sich auf den Bereich Personalwirtschaft fokussierte, war er 13 Jahre bei einem großen Personalberater tätig, bis er sich zusammen mit seinem Kollegen Christoph Kathan 2007 selbständig machte und eine eigene Unternehmensberatung für Personalmanagement eröffnete. Nach vorsichtigem Beginn mussten schnell Mitarbeitende gefunden werden, um die anfallende Arbeit im wachsenden Unternehmen zu bewältigen. 2014 erfolgte der Umzug in die Josef-Ganahl-Straße, wo heute umfassende Personalwirtschaft mit acht Angestellten betrieben wird.

Wandel eines Berufsbildes
Die Verhältnis von ausgeschriebenen Stellen zu Bewerbern habe sich in den letzten Jahren drastisch verändert, erklärt der Personalberater. Pro Stelle habe es früher 50 bis 100 Bewerbungen gegeben. Aus dieser Vielzahl von Gesuchen das richtige herauszufinden, war die Hauptaufgabe eines Personalberaters. 
Die Unterlagen wurden in drei Stapel aufgeteilt, auf den ersten kamen die nicht geeigneten Bewerbungen, auf den zweiten die eventuell geeigneten, die in Evidenz gehalten wurden, auf den dritten die der am besten passenden. „Und trotzdem waren dann immer noch circa 15 Interviews zu führen“, erklärt Sepp. Nach den Gesprächen wurden ca. fünf Bewerber:innen an die Unternehmen vermittelt, die dann die für sie am besten geeigneten auswählten, mitunter wurden noch weitere Methoden für die finale Findung angewendet: Assessment-Center, Persönlichkeitstests und so weiter.
Auf die Frage nach dem Unterschied zu heute erklärt Helmut Sepp: „Momentan gibt es Tage, an denen wir mehr Suchaufträge als Bewerbende erhalten. Es gibt Wochenenden, an denen wir nur zwei bis drei Bewerbungen im Posteingang finden.“ Deshalb ist es nötig, in allen Kanälen – analog und digital – präsent zu sein. „Und trotzdem ist der Rücklauf momentan sehr gering“, so Sepp. Neben den herkömmlichen Wegen auf der Suche seien regelmäßige Recherchen auf diversen Plattformen unabdingbar.
Und damit habe sich die Arbeit des Personalberaters auch stark verändert. War die Akquise früher noch nicht so relevant, so müsse er heute immer mehr Personal für seine Kunden akribisch suchen. „Daneben beraten wir Unternehmen, was ihre Hausaufgaben sind, aber vor allem auch, wie sie ihre Arbeitnehmer:innen halten können“, gibt Sepp Einblick in seine Arbeit.

Employer Branding
Damit spricht er das Employer Branding an: Für eine Firma sei es heute nicht nur wichtig, eine gute Marke, ein gutes Produkt samt gutem Marketing zu haben mit der Hoffnung, diese Fakten sprechen sich herum. Vielmehr müsse sie bereits an den ersten Kontaktpunkten – oft auf der Webseite – dafür sorgen, dass die offenen Vakanzen schnell zu finden sind.
Dabei müssten die Benefits an dieser Stelle unbedingt erwähnt werden, am besten gleich zu Beginn, so Sepp. Früher seien diese Informationen „irgendwo rechts unten versteckt“ gewesen. Ein Firmenauto, Firmenhandy usw. waren der Klassiker. Heute seien es andere Werte, die Jobsuchende locken.
Außerdem sei ein Augenmerk auf Bewertungsplattformen für das Unternehmen zu legen, denn „bereits ein paar unvorteilhafte Posts“ können die Suche nach Mitarbeitenden deutlich erschweren.

Arbeitsklima und Flexibilisierung
Aber wenn es nicht mehr die materiellen Benefits sind, die die zukünftigen Angestellten zu locken vermögen, was ist es dann? „PKW und Smartphone sind heute schon fast selbstverständlich. Vielmehr geht es aktuell um Arbeitsplatz- und Arbeitszeitflexibilisierung.“ Die Viertagewoche sei schon fast ein Muss, viele wollen nicht mehr als eine 80 Prozent-Beschäftigung. Der Grund: Arbeitnehmer:innen wollen sich verstärkt Zeit nehmen für Kinderbetreuung, Weiterbildung, ihre Work-Life-Balance etc. 
Daher müssten Unternehmen auch offen mit diesen Wünschen umgehen, um bei den Bewerbern die Nase vorne zu haben. Weitere Themen seien Nachhaltigkeit, z.B durch Elektromobilität, eine zusätzliche Urlaubswoche, mitunter auch Home-Office, das sich seit der Pandemie immer größerer Beliebtheit erfreut. Auch Dienstreisen stünden in diesem Zusammenhang nicht mehr besonders hoch im Kurs, man könne ja fast alles in TelKos klären.

Arbeitgeber als Bewerber
Ein ganz zentraler Aspekt im Employer Branding sei das Thema Wertschätzung im und durch das Unternehmen. Deshalb sei das Instrument „Mitarbeitergespräch“ heute wichtiger denn je. Es reiche nicht mehr, ein Gespräch nach Schema F zu führen. Es sei vielmehr nötig, sich nach dem Wohlbefinden und nach der Zufriedenheit des Personals regelmäßig zu erkundigen, am besten mehrmals pro Jahr. 
Außerdem sei es von immenser Bedeutung, die familiäre Situation von möglichen Kandidaten mit einzubeziehen bzw. sich auch darum zu kümmern. Ein Mitarbeiter, der keine sozialen Kontakte hat, werde wahrscheinlich sehr bald Unternehmen und Region wieder verlassen, wenn es ihm nicht gelingt, Anschluss zu finden. Und dabei müsse eben auch das Unternehmen helfend zur Seite stehen.
Damit befindet sich das Unternehmen nicht mehr in der klassischen Rolle des Arbeitgebers, sondern der Institution, die sich bei seinen zukünftigen Mitarbeitenden bewerben muss.

Neue Wege, neue Modelle
Für die Zukunft wird es von allen Beteiligten eine enorme Flexibilität brauchen, um einerseits die Unternehmen und die Wirtschaft in Schwung zu halten und andererseits die Mitarbeitenden zufriedenzustellen. Denn die oben beschriebene Situation weist einen ernstzunehmenden Gap zwischen Gehältern, die gezahlt werden müssen, und einem gewinnbringenden Gebahren der Unternehmen auf. Daneben muss auch die Globalisierung mit allen Vor- und Nachteilen weiter voranschreiten, denn die aktuelle Bevölkerungsentwicklung lässt die Hoffnung nicht zu, dass die Zahl der Mitarbeitenden regional gedeckt werden kann.
„Wir müssen unsere Hausaufgaben in Zukunft noch exakter und innovativer machen. Wir müssen neue Wege gehen, sei es in der Kommunikation in allen Medien, sei es im sozialen Angebot für Bewerbende. Wir müssen die Unternehmen dazu bringen, dass sie ihren Beitrag leisten, Sozialsysteme schaffen, damit die Mitarbeiter sagen: Hier möchte ich gerne arbeiten, das ist eine eingeschworene Community“, schließt Sepp. Die Möglichkeiten, wohin es gehen sollte, hat er ja aufgezeigt.

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