Klaus Feldkircher

(geb. 1967) lehrt an der FH Vorarlberg, ist als freier Journalist tätig und betreibt das Kommunikationsbüro althaus7. Als Autor, Texter und Konzepter hat er bereits zahlreiche Sachbücher veröffentlicht. Weiters ist er in der Erwachsenenbildung tätig und lehrt Deutsch und Latein an der Schule Riedenburg/Bregenz.

Casemanagement – dringender denn je

Februar 2025

In einer Gesellschaft, in der wir dank guter Gesundheitsstandards immer länger auf der Erde verweilen dürfen, nehmen auch die Begleiterscheinungen zu. Krankheiten wie Demenz sind dabei eine Herausforderung, die nicht so leicht zu meistern sind. 
Eine Institution, die Betroffene und Angehörige dabei unterstützt, möglichst lange bis zu einem gewissen Maß selbstbestimmt zu leben, ist der Beruf der Casemanagerin. Barbara Ritschel, zuständig für das Leiblachtal, erklärt ihren Job so: „Wir sind Anlaufstelle für Menschen, die pflege- und betreuungsbedürftig sind.“ Um dann zu erläutern, was tatsächlich dahinter steckt: „Wir stehen den Betroffenen und Angehörigen mit Informationen, Beratung, Fallbegleitungen und zahlreichen weiteren Hilfestellungen zur Seite, um den Alltag für alle so lebenswert wie möglich zu gestalten.“ In Gesprächen und Hausbesuchen werden die Bedürfnisse und Ressourcen der Betroffenen erhoben. Dabei werden die Angehörigen, die Wohnsituation, das Umfeld, aber auch die Finanzen in die Beobachtungen miteinbezogen, „um daraus einen stimmigen, individuellen Hilfeplan zu erstellen“, so Ritschel.

Eine Managerin für eine Talschaft 
Die gelernte diplomierte Gesundheits- und Krankenschwester hat ihre Ausbildung in Wien absolviert. Nachdem sie nach Vorarlberg gekommen war, lernte sie im LKH Bregenz das damals neue Casemanagement kennen. Nach ersten Informationen war für sie klar: „Das ist das, was ich mit den Angehörigen am Nachmittag im Spital mache, wenn ich mit Betroffenen und Angehörigen abkläre, wie das Leben zu Hause weitergehen soll.“  So bewarb sich Ritschel vor acht Jahren für die Stelle als Casemanagerin im Leiblachtal. „Viel von meiner Tätigkeit ist Netzwerkarbeit“, betont sie. Als Verantwortliche für das Leiblachtal ist sie für eine Talschaft von circa 15.000 Einwohnern tätig. „Pro Jahr betreuen wir circa 300 bis 400 Fälle.“ „Wir“ bedeutet im Normalfall zwei Personen, aktuell ist sie aber auf sich alleine gestellt. „Geht alles“, meint sie gelassen. Aber nur dann, wenn der Beruf auch Berufung ist, ist unser Eindruck. 
Die Kontaktaufnahme durch Angehörige, seltener durch Betroffene, erfolgt durch den persönlichen Kontakt via Telefon, Email oder anderes. „Oft wünschen Angehörige über bestimmte Situationen zu Hause eine Beratung oder wissen schlichtweg einfach nicht mehr weiter“, erzählt die Casemanagerin. „Dann kommen wir nach einem Erstgespräch nach Hause, um die Situation zu analysieren. Anhand erster Eindrücke können wir mitunter schon erste Tipps für den Alltag geben.“

Zahlreiche Hilfestellungen
Auf die Frage, was denn Anzeichen für eine Demenz sein könnten, erklärt sie: „Bei Personen mit einer demenziellen Entwicklung müssen wir gerade im frühen Stadium genau hinschauen: Die Betroffenen versuchen ihre Erkrankung zu überspielen, was mitunter recht gut gelingt.“ Im Gespräch gebe es dann aber Hinweise, die auf eine Erkrankung deuten. Das seien zum Beispiel die Frage nach der Uhrzeit, der Jahreszeit oder einfache Rechenaufgaben, so Ritschel. Weitere Anzeichen seien morgens langes Verweilen im Bett oder Herumspazieren im Pyjama bis Mittag. Auch die Vernachlässigung der Hygiene oder ein übervoller Kühlschrank mit verdorbenen Lebensmitteln seien Indizien. 
Durch solche Hausbesuche und Gespräche mit den Angehörigen macht sich die Casemanagerin ein Bild, aufgrund dessen ein Hilfeplan erarbeitet wird. Was es denn für Unterstützung gebe, wollen wir wissen. „Das sind Institutionen wie der MOHI (Mobiler Hilfsdienst), der Krankenpflegeverein, die ambulante gerontopsychiatrische Pflege, eine mögliche 24-Stunden-Betreuung oder die Pflegeheime.“
„Einige Betreuer und Betreuerinnen des MOHI verfügen über eine Heimhelferausbildung und werden von uns im Umgang mit Demenzkranken weiter geschult.“ Oft sei es nur ein kurzer Weg, bis die Betreuerinnen eine Beziehung zu den Erkrankten aufbauen. Wichtig sei eine Regelmäßigkeit, um dem Tag eine Struktur zu geben. Die Betreuerinnen liefern auch wertvolles Feedback, wie das Zuhause funktioniere, ob und wie der Hilfsplan adaptiert werden müsse und vieles mehr. „Wenn eine erkrankte Person ihre Zahnpasta im Kühlschrank aufbewahrt und diese dann isst, dann ist Handlungsbedarf“, gibt die Casemanagerin ein Beispiel.
Der Krankenpflegeverein indes übernimmt Aufgaben wie das Medikamentenmanagement, Unterstützung bei der Hygiene o.a. Die ambulante gerontopsychiatrische Pflege tritt dann auf den Plan, wenn die zu betreuende Person jegliche Hilfestellung verweigert. Nun wird versucht, über Beziehungsarbeit die Umsetzung der angebotenen Unterstützung zu erreichen, was mitunter schon einige Wochen dauern könne. Eine weitere wirksame Hilfestellung bietet das SMO mit Methoden zur Gedächtnistherapie.

Medizinische Abklärung
Als sehr wichtigen Schritt nennt Ritschel die medizinische Abklärung der Krankheit durch den Facharzt. „Nur so kann gewährleistet werden, dass die Erkrankten die richtige Diagnose und damit auch die entsprechende medikamentöse Therapie erhalten.“ Demenz sei eben nicht heilbar, aber durch die richtigen therapeutischen Maßnahmen könne sie verzögert werden.
In diesem Zusammenhang verweist Ritschel auf die gute Zusammenarbeit der betreffenden Stellen im Land. „Wir sind ja nicht nur Anlaufstelle für die Erkrankten im Leiblachtal, sondern auch die Pufferstelle für Spitäler und Pflegeheime“, gibt sie Einblick. Bestehe nach einem Krankenhausaufenthalt Bedarf an Pflege, so wenden sich die Spitäler an die einzelnen Casemanager, um eine Nachsorge zu gewährleisten. Und wenn die Unterbringung in einem Pflegeheim unumgänglich sei, so ginge das auch über ihren Tisch.
Auf die Frage, wie sie mit dem psychischen Druck umgehe, meint sie: „Die Menschen sind sehr dankbar, wenn wir ihnen helfen können. Allein schon zuzuhören nimmt Druck aus der Situation. Und wenn wir dann noch durch Einzelmaßnahmen die Situation verbessern können, ist das eine große Erleichterung.“ In diesem Zusammenhang verweist sie auf die ausgezeichnete Zusammenarbeit zwischen allen betroffenen Stellen, die einiges an Unterstützung bieten können. Ihr Wunsch für die Zukunft: eine höhere Wertschätzung, auch finanzieller Natur, für die Pflegekräfte, um mehr Personal und eine höhere Verweildauer im Beruf zu erreichen: „Zum Wohle des Menschen und ihres Bedarfs.“

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