Klima retten mit Wald und Unternehmertum
Jodok Batlogg, IT-Spezialist und Gründer von Tree.ly, entwickelt mit seinem Team Projekte in heimischen Wäldern, bei denen CO2-Zertifikate gekauft werden können. Solche Gutschriften ermöglichen es der regionalen Forstwirtschaft, den Wald klimafit umzugestalten.
In Europa gibt es rund 16 Millionen Waldbesitzer. Viele kümmern sich nicht um die Bewirtschaftung, und manche wissen nicht einmal, wo ihr Wald liegt. Sie haben ihn einfach geerbt. Der Förster ist ein unbesungener Held, und er kämpft einen undankbaren Kampf, da die Holzpreise immer noch nicht mit den gestiegenen Arbeitskosten mithalten können. Andere Einnahmequellen gibt es nicht.“ Das ist ein Zitat aus Jodok Batloggs Blog, in dem der Gründer von Tree.ly auf die Probleme eingeht, die der Klimawandel mit sich bringt. Er liefert aber auch Lösungsmöglichkeiten, die sein Start-up verspricht: den Mechanismus des Handels mit Emissionsgutschriften. Das bedeutet, dass Unternehmen und Einzelpersonen die Möglichkeit haben, die Verantwortung für ihre CO2-Emissionen zu übernehmen und diese auszugleichen.
Ein Pionier
Dieses Geschäftsmodell ist das Ergebnis eines Entwicklungsprozesses, den der Unternehmer und IT-Spezialist Jodok Batlogg aus Bezau gegangen ist. Ein langer Weg, der ihn viele Teile der Erde sehen hat lassen.
Seine Liebe zu Technik und IT hat der Bregenzerwälder schon früh entdeckt, als er seinem Onkel beim Reparieren aller erdenklichen Gegenstände geholfen hat. Bereits in jungen Jahren hat er einen Preis für eine LEGO-Konstruktion erhalten. Im BORG Egg programmierte er eine Software-Lösung für eine industrielle Anlage, die über Jahrzehnte genutzt wurde. Nach der Matura zog es ihn an die Interstaatliche Hochschule für Technik NTB Buchs, die er mit dem Master abschloss. Nach einem weiteren Studium an der Uni Karlsruhe gründete er sein erstes Unternehmen, seitdem ist er bis heute als Entrepreneur tätig.
Die Pandemie ab 2020 bewirkte auch bei Jodok Batlogg ein Umdenken. Der Freizeitsportler schreibt in seinem Blog über sein Leben sinnierend, nachdem er einen Berg im Bregenzerwald erklommen hat: „Ich hatte das alles. Und doch saß ich da und weinte auf dem Gipfel des Hügels. Ich fragte mich: Was mache ich hier? Irgendetwas fehlt. Das Leben ist zu kurz… Ich habe mich nach über sieben Jahren entschieden, etwas Neues zu machen… Aber ich bin Unternehmer und sehe in dem Wandel, der vor uns liegt, viele Chancen. Ich möchte etwas bewirken…
Ich möchte großen Unternehmen beim Wandel helfen. Unternehmertum/Kapitalismus nutzen, um unser Klima zu retten.“ Das war der Startschuss für Batloggs neues Unternehmen Tree.ly.
Klima, quo vadis?
Hitze, Sturm, Starkregen, Vermurungen sind Folgen des Klimawandels. Klimaerscheinungen wie diese zeitigen dramatische Folgen für uns alle. Man denke nur an die vergangenen Monate, als die Schweiz von sintflutartigen Regenfällen heimgesucht wurde. Als Spanien über 200 Tote durch Starkregenfälle zu verzeichnen hatte. Als in Italien „Land unter“ herrschte. Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen.
Doch was lässt sich dagegen tun? Um entgegenzuwirken, müssen Emissionen vermieden, reduziert und und kompensiert werden. Und hier setzt Batloggs Idee von Tree.ly an: Mit dem Kauf von CO2-Zertifikaten werden Klimaschutzprojekte unterstützt. Ein alter Hut, wird sich der eine denken. Kennen wir, wird ein anderer einwenden. Das Neue an Batloggs Idee? Regionalität und Zweckbindung der Mittel: „Viele Unternehmen wollen nicht Projekte in der Südhemisphäre finanzieren. Ihnen ist wichtig, in ihrem unmittelbaren Lebensraum etwas zur Verbesserung der Klimasituation beizutragen.“
Regionale CO2-Zertifikate
Deshalb entwickelt sein Unternehmen Tree.ly aktuell regionale Projekte in heimischen Wäldern, bei denen CO2-Zertifikate gekauft werden können. Durch den Erwerb solcher Gutschriften wird es der regionalen Forstwirtschaft ermöglicht, ihren Wald klimafit umzugestalten und weiterhin nachhaltig zu bewirtschaften.
Aber was genau sind solche CO2-Zertifikate? Dabei handelt es sich um Instrumente für Unternehmen, ihren ökologischen Fußabdruck zu verbessern. Sie investieren in Projekte, die CO2-Emissionen binden und reduzieren. „So werden speziell in Wäldern nicht nur Treibhausgasemissionen reduziert, auch die Artenvielfalt, der Naturschutz, die Wiederherstellung von Lebensräumen und damit auch die Entwicklung von Gemeinden werden gefördert“, erklärt Batlogg. Denn Wälder nehmen Kohlenstoff aus der Atmosphäre auf und binden diesen in Biomasse. Und: „Um dem Klimawandel entgegenzutreten, müssen wir Emissionen vermeiden und reduzieren. Wenn dies nicht möglich ist, soll für die verbleibenden Emissionen trotzdem die Verantwortung übernommen werden – durch eine Bepreisung – und dem Kauf von CO2-Zertifikaten. Wichtig: Der Erlös aus diesen Gutschriften muss in den Wald reinvestiert werden.“
Verantwortung Wald
Das Geschäftsmodell von Tree.ly sieht vor, dass sich Waldbesitzer für einen Zeitraum von 30 Jahren dazu verpflichten, eine bestimmte Menge CO2 durch die Speicherung von Holzbiomasse im Wald zu binden, beziehungsweise zusätzlich zu speichern und gleichzeitig den Wald nachhaltig zu bewirtschaften. Damit wird das Fortbestehen eines intakten Ökosystems durch das Klimaschutzprojekt von Tree.ly, das ISO-zertifiziert und TÜV-geprüft ist, gewährleistet.
Der Einsatz des Geldes aus den Gutschriften ist ausschließlich für forstliche Maßnahmen vorgesehen, die nachvollziehbar zu einer besseren Waldstruktur und CO2-Bindung beitragen. Dazu zählen neben Personalaufwendungen im Waldgebiet auch Maßnahmen, die die Klimaresilienz durch standortheimische, klimaangepasste Baumarten fördern. Solche Maßnahmen können Nachpflanzungen, Änderung der Waldbaukonzepte, Inventuren etc. sein.
Vorteile lokaler Zertifikate
Europas Wälder bedecken heute nur noch 39 Prozent der Landfläche – ein starker Kontrast zu früheren Zeiten. Doch trotz weltweiter Abholzungstrends konnte Europa seit 1990 seine Waldfläche um neun Prozent vergrößern. „Dennoch mangelt es nach wie vor am Bewusstsein für den Wert der europäischen Wälder, es besteht dringender Handlungsbedarf.“ Batlogg verweist auf die Möglichkeit, lokale Klimaschutzprojekte zu unterstützen. Und damit wertvolle heimische Öko-Systeme zu erhalten.
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