Sonnenschutz mit Vorarlberger Wurzeln
Vor 150 Jahren wurde der Piz Buin zum ersten Mal bestiegen. Weltweite Bekanntheit erlangte der höchste Berggipfel Vorarlbergs jedoch in einem ganz anderen Zusammenhang: als Synonym für Sonnenschutzprodukte des Unternehmens Greiter.
Der in Lauterach aufgewachsene Franz Greiter lernte während des Zweiten Weltkriegs in Erfurt seine zukünftige Ehefrau Marga kennen, deren Eltern einen Kosmetikbetrieb besaßen. Das junge Paar beabsichtigte, dieses Geschäft weiterzuführen. Doch die nachkriegszeitlichen Verhältnisse bewegten die beiden dazu, sich in Vorarlberg niederzulassen. Im Lauteracher Elternhaus begannen sie, selbst Kosmetikartikel herzustellen. Anfänglich fuhr Franz Greiter mit dem Fahrrad die umliegenden Drogerien ab, um seine Erzeugnisse zu bewerben, während Marga in einem kleinen Kosmetikzimmer ihre Kundinnen betreute.
Der kleine Betrieb wuchs rasch. In der Bregenzer Innenstadt eröffnete Marga Greiter einen Kosmetiksalon, ihr Ehemann wurde alleiniger Eigentümer der Lauteracher Produktion. Dort waren Anfang der 1950er-Jahre bereits über 20 Mitarbeiter beschäftigt. Das Sortiment umfasste verschiedene Kosmetika, darunter eine Gletschercreme für alpine Touren, benannt nach dem höchsten Berg Vorarlbergs, dem Piz Buin. Noch ahnte allerdings niemand, welchen Stellenwert dieser Name für das Unternehmen eines Tages erlangen würde.
Die Expansion des Kosmetikherstellers stand im Zeichen der europäischen Integration. 1954 eröffnete Greiter eine Produktionsniederlassung in Hirschegg im Kleinwalsertal. Die Talschaft zählt aufgrund ihrer Lage zum deutschen Wirtschaftsgebiet. Von hier aus konnte Greiter den deutschen Markt und später den gesamten EWG-Raum zollfrei beliefern. 1966 ging ein weiteres Werk für Sonnenschutzmittel und Kosmetika in der schweizerischen Gemeinde Altstätten in Betrieb, während man in Lauterach fortan Plastikfläschchen für Sonnencremes herstellte. 1976 wurde die Fabrik in Hirschegg geschlossen, weil EWG und EFTA die Zollschranken abgebaut hatten. Getrennte Produktionen in den beiden Wirtschaftsräumen waren nicht mehr notwendig.
Eine zentrale Bedeutung hatte bei Greiter der Bereich Forschung. In den 1950er-Jahren wurde erstmals der sogenannte Sonnenschutzfaktor wissenschaftlich definiert. Darauf aufbauend brachte das Unternehmen 1962 als erster Anbieter Sonnenschutzmittel mit Lichtschutzfaktor auf den Markt. Auch bei der Herstellung wasserfester Sonnencremes und vielen anderen Entwicklungen war man führend. Während andere Kosmetika in den Hintergrund rückten, gewann der Sonnenschutz immer mehr an Bedeutung. Um 1980 erzielte Greiter rund 80 Prozent des Umsatzes mit Piz-Buin-Erzeugnissen für über 40 Länder. Die Belegschaft umfasste etwa 200 Mitarbeiter. Neben den eigenen Standorten in Vorarlberg und der Schweiz erfolgte die Produktion bei zahlreichen Lizenzpartnern auf der ganzen Welt.
1985 erlag Franz Greiter knapp 66-jährig einem Herzinfarkt. Für den Fortbestand seines Unternehmens hatte er vorgesorgt. Nachdem sich der Unternehmer in den 1960er-Jahren von seiner ersten Ehefrau getrennt und ein zweites Mal geheiratet hatte, gingen die Anteile an seine Kinder aus beiden Ehen. Für die Geschäftsführung hatte Franz Greiter ein professionelles Management vorgesehen. Dennoch entschieden sich die Mehrheitseigentümer 1989 für einen Verkauf an den amerikanischen Weltkonzern Johnson & Johnson. Dieser legte in den darauffolgenden Jahren die Betriebsstandorte in Lauterach und Altstätten still. Die Marke Piz Buin ist aber bis heute ein Inbegriff für Sonnenschutz. Und in der Bregenzer Kirchstraße erinnert der Kosmetiksalon Marga Greiter an frühere Zeiten.
Kommentare