Martin Gundinger

… ist seit 2020 als Senior Research Fellow am Hayek Institut und am Austrian Economics Center tätig. Er wurde in dieser Funktion bereits zu fünf Budget-Expertenhearings eingeladen. Neben seiner Tätigkeit als Wirtschaftswissenschaftler hat er viele Interessengebiete, die von der Informatik bis zur Medizin reichen. Er begeistert sich für Spitzentechnologie und beschäftigt sich unter anderem mit Verschlüsselung, Anonymisierung und Genetik.
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Steuerstopptag: Hohe Kosten, wenig Leistung?

September 2024

Am 15. August war es endlich soweit: Der Steuerstopptag in Österreich fand statt. Knapp drei Wochen ist es her, seit die durchschnittlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ihre Arbeit nicht mehr ausschließlich für den Staat, sondern endlich für sich selbst verrichten. An diesem Tag, um genau 20.10 Uhr, hat ein durchschnittlicher Steuerzahler genug verdient, um alle seine jährlichen Steuern und Abgaben zu bezahlen. 
Wie wird der Steuerstopptag berechnet? Das Prinzip ist einfach: Es wird vom durchschnittlichen Bruttogehalt für das Jahr 2024 ausgegangen. Dieses liegt laut Prognosen bei 3611 Euro pro Monat, was einem Bruttojahresgehalt von 50.554 Euro entspricht. Der Arbeitgeber zahlt tatsächlich deutlich mehr: Bei diesem Bruttojahresgehalt belaufen sich die jährlichen Kosten auf 65.672,39 Euro. Diese Kosten für den Arbeitgeber entsprechen auch dem echten Gehalt, von dem in der Berechnung ausgegangen wird. Von diesem werden die Abgaben berechnet, die laut Prognosen zu bezahlen sind. Dabei werden Sozialbeiträge genauso berücksichtigt wie Einkommensteuern und Verbrauchsteuern. Als Resultat ergibt sich die Abgabenlast, mit der die Abgabenquote als Verhältnis zum echten Gehalt berechnet wird. Wird diese Abgabenquote dann auf das Jahr umgelegt, ergibt sich der Steuerstopptag.

Wie viel zahlen wir wofür?
Die Berechnungen des Steuerstopptags legen offen, welche Teile dieses „echten Gehalts“ an die verschiedenen Abgaben und Steuern gehen. Etwas mehr als ein Drittel des Einkommens – nämlich 34,35 Prozent – fließen in die Sozialversicherung und ähnliche Abgaben. Das bedeutet, dass von den etwa 65.670 Euro, die ein durchschnittlicher Arbeitnehmer dem Arbeitgeber kostet, ganze 22.560 Euro an diesen Bereich bezahlt werden müssen.
Die größte Einzelabgabe in dieser Kategorie ist die Pensionsversicherung mit 11.526,31 Euro (17,55 Prozent des echten Gehalts), gefolgt von Beiträgen zur Krankenversicherung (5,89 Prozent), Arbeitslosenversicherung (4,54 Prozent) und dem Familienlastenausgleichsfonds (3,00 Prozent). Kleinere Beträge fallen unter anderem für die betriebliche Vorsorge, Unfallversicherung und verschiedene andere Abgaben an.
Die sonstigen Steuern und Abgaben, die nicht direkt mit der Sozialversicherung in Zusammenhang stehen, belasten das Einkommen mit etwa 27,90 Prozent, also rund 18.322 Euro jährlich. Hier stechen vor allem die Lohnsteuer (9,08 Prozent) und die Mehrwertsteuer (7,39 Prozent) hervor. Doch auch die Kommunalsteuer, Kapitalertragsteuer, Mineralölsteuer und diverse kleinere Abgaben tragen erheblich zu der hohen Summe bei.
Nach allen Abgaben ergibt sich rechnerisch ein tatsächlich verfügbares Einkommen von 24.790 Euro. Die Abgabenquote liegt demnach bei 62,25 Prozent. Um die Zahlen etwas greifbarer zu machen: Die Kosten für den Arbeitgeber pro geleisteter Arbeitsstunde betragen etwa 42,37 Euro. Nach Abzug aller Abgaben bleiben hiervon 15,99 Euro übrig.

Sind die Kosten gerechtfertigt?
Dass diesen Abgaben Leistungen gegenüberstehen, wird mit dem Steuerstopptag nicht bestritten. Allerdings sollte die Frage gestellt werden, ob die zur Verfügung gestellten Leistungen die zweifellos hohe Abgabenbelastung in Österreich rechtfertigen. Wenn andere Länder in Europa bei teils deutlich geringeren Kosten zumindest gleich gute Ergebnisse erzielen, ist die Antwort darauf ein klares Nein.
Der Vergleich mit anderen Ländern legt in vielen Bereichen zumindest nahe, dass Steuergeld nicht ausreichend zielgerichtet eingesetzt oder sogar verschwendet wird. Jedenfalls bleibt Österreich oft bei ähnlich hohen oder höheren Kosten hinter den Erfolgen anderer Länder zurück. 
Letztlich ist die Frage, ob die Kosten gerechtfertigt sind, von jedem Einzelnen selbst zu beantworten. Dafür ist aber im ersten Schritt das Wissen um die Abgabenbelastung nötig. Mit dem Steuerstopptag soll die tatsächliche Abgabenbelastung in Österreich sichtbar gemacht werden, sodass eine ehrliche Diskussion über die Aufgaben und Ausgaben des Staates stattfinden kann. Eine solche Diskussion ist angesichts der Budgetsituation auch dringend notwendig.

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