Sabine Barbisch

„Wir revolutionieren den Handel von morgen“

September 2015

Julia Bösch hat geschafft, wovon viele träumen: Sie beschäftigt 200 Mitarbeiter und kleidet 200.000 Kunden ein. Wie ihr der Sprung zur erfolgreichen Geschäftsfrau geglückt ist und warum sie mit Outfittery auf die Männerwelt setzt, erzählt die Wahl­berlinerin mit Vorarlberger Wurzeln hier.

Die Tochter eines Lustenauers ist verantwortlich für den Star am Start-up-Himmel: Julia Bösch hat zusammen mit Anna Alex „Outfittery“ gegründet. Die Idee hinter dem Unternehmen ist so simpel wie genial: „Unsere Kunden beantworten auf unserer Website zunächst ein paar Fragen zu Kleidungsstil, Markenvorlieben und Größen. Anschließend nehmen die Style-Experten von „Outfittery“ persönlichen Kontakt auf und stellen individuelle Outfits zusammen, die die Kunden nach Hause geschickt bekommen. Was ihnen gefällt, behalten sie, den Rest können sie kostenfrei zurückschicken“, erklärt Bösch das Konzept. Der Service sei perfekt für „alle Männer, die keine Zeit für lange Shoppingtouren haben, aber auch für solche, die einfach neugierig sind und sich neu inspirieren lassen möchten“. Das 2012 gegründete Unternehmen mischt mit diesem „Personal-Shopping-Modell für jedermann“ den Online-Modemarkt ordentlich auf.

Der Traum vom „Unternehmerin-Sein“ hat die Tochter eines Lustenauers und einer Tirolerin, schon seit ihren Jugendtagen beschäftigt. Das BWL-Studium in München und New York war für sie die erste wichtige Etappe auf dem Weg dorthin. Die heute 31-jährige Bösch entdeckte nach dem Studienabschluss in Berlin die Online-Modewelt für sich – bei Zalando war sie als Head of Business Development engagiert: „Ich wollte mir zunächst einmal anschauen, wie man ein Unternehmen aufbaut und damit expandiert. Dafür war der Job ideal – Zalando war damals gerade ein Jahr alt und schnell gewachsen.“ Neben dem Einblick in den Aufbau eines E-Commerce-Unternehmens und die Internationalisierung hat sie dort eine weitere wichtige Entdeckung gemacht: „Mir fiel zunehmend auf, wie unterrepräsentiert der Männermode-Markt im Online-Handel zum damaligen Zeitpunkt war – sämtliche Angebote richteten sich immer nur an Frauen. Das hat mich inspiriert.“

Revolution der Zukunft

Der Start glückte – „Outfittery“ wurde in Deutschland 2013 zum „Start-up des Jahres“ gewählt, Investoren haben Millionenbeträge in das Unternehmen investiert. Die Wahlberlinerin erklärt den Erfolg: „Unser Geschäftsmodell ist disruptiv: Es revolutioniert den Handel von morgen nachhaltig. Zuerst kam das klassische Online-Shoppen nach Katalog-Prinzip – das gesamte Sortiment wurde online verfügbar gemacht, der Kunde stand auf einmal vor einer Riesenauswahl an Mode. Doch damit waren viele schnell überfordert, denn es ist mühsam und zeitaufwendig, sich auf einer Website durch 10.000 Hemden zu klicken, ohne zu wissen, welches das richtige ist.“ Und genau hier setzt „Outfittery“ an. Die Gründerinnen setzten von Anfang an auf die Verbindung des Besten aus Offline und Online – „die persönliche Beratung aus dem stationären Handel mit der Bequemlichkeit des Online-Shoppens“.

Berlin oder Bodensee

Für Familienbesuche oder zum Skifahren kommt Julia Bösch immer wieder gerne nach Vorarlberg, der Firmensitz von „Outfittery“ befindet sich aber aus guten Gründen in Berlin: „Das ist einfach der Ort in Europa für die Start-up-Szene, die Talente aus aller Welt anzieht, und das ist super für uns, da wir ja von Berlin aus für alle unsere acht Märkte tätig und so immer auf Suche nach neuen internationalen Kollegen sind.“ Außerdem biete die deutsche Hauptstadt den „richtigen Mix aus Netzwerk, Kreativität, Inspiration und dazu noch niedrigen Kosten“. Der einzige Nachteil von Berlin sei, dass es so weit vom Bodensee weg ist. „Aber ich versuche, so oft es geht nach Hause zu fahren – der See fehlt mir einfach“, sagt die in Konstanz Aufgewachsene.

Achtung: Nur für Männer

Vor drei Jahren begann das Abenteuer „Outfittery“ – heute beraten Bösch und Alex mit ihren 200 Mitarbeitern rund 200.000 Männer in allen Fragen der Mode. Die Geschäftsführerin erklärt: „Mit dem Männermode-Markt hatten wir schon einen guten Riecher, aber ein wenig Glück ist natürlich auch mit dabei gewesen. Ich glaube, wir waren einfach mit der richtigen Idee zur richtigen Zeit am richtigen Ort und haben sie vor allem mit vollem Elan durchgezogen.“ Trotz allem Erfolg – die für Außenstehende vielleicht naheliegendste Ausweitung des Konzepts auf die weibliche Bevölkerungshälfte kommt für die Unternehmerinnen nicht infrage: „Das hat einen ganz einfachen Hintergrund: Frauen shoppen – Männer kaufen ein. Männern ist es zwar wichtig, gut gekleidet zu sein, aber sie opfern hierfür ungern ihre Freizeit.“ Bösch konkretisiert: „Männer gehen durchschnittlich zwei Mal im Jahr einkaufen, kaufen dann aber gleich ganze Outfits und lassen sich gern inspirieren. Sie kaufen sehr viel pragmatischer. Und dafür lieben wir sie und konzentrieren uns voll auf sie!“

Trotz des riesigen Erfolgs bleibt Julia Bösch bescheiden: „Wir sind ja nach wie vor ein Start-up und bemühen uns auch, diesen Spirit trotz der inzwischen 200 Leute beizubehalten. Die dauernde Anpassung in der Wachstumsphase ist natürlich immer eine Herausforderung, denn meine Rolle als Gründerin ändert sich ständig. Vor drei Jahren musste ich noch alles selbst machen, vom Packen der Boxen bis zum Versand. Was mich wirklich überrascht hat, ist, wie begeistert und loyal unsere Kunden sind – es gibt welche, die sind seit drei Jahren dabei, schicken sogar Blumen oder Postkarten aus dem Urlaub. Das ist immer wieder eine tolle Bestätigung“ – für das Konzept, die perfekte Umsetzung und die anhaltende Begeisterung fürs eigene Business.

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