Sabine Barbisch

Anita Schneider: „Ich bin gerne eine Wälderin – Dieses Erbe inspiriert mich“

Juli 2018

Vom kindlichen Berufswunsch, Bäuerin zu werden, hat sich Anita Schneider während ihrer Studienzeit entfernt und sich beruflich in der Vielfalt der Kommunikationsbranche in Konstanz wiedergefunden. Über die Fotografie nähert sich die Bregenzerwälderin ihrem Kindheitstraum nun wieder an.

Die Interessen so vielfältig, dass sie in kein klassisches Berufsbild passen: „Pressearbeit, Fotografie, grafisches Gestalten, Texten, Übersetzen – egal ob in der Kultur, im Tourismus, der Gastronomie oder in der Kommunalpolitik – ich kann mich für fast alles begeistern“, gibt Anita Schneider einen kleinen Einblick. Als junges Mädchen sah sie sich in der Zukunft als Bäuerin – was nicht verwundert, wenn sie von ihrer Kindheit im Bregenzerwald erzählt: „Das Bauernjahr im Rhythmus der Jahreszeiten zu begehen, die Wechsel vom Tal auf das Vorsäß, auf die Senn- und die Hochalpe und wieder zurück, das habe ich immer sehr gemocht. Abends zerkratzt und glücklich vom Brombeersammeln heimzukommen, beim Heimziehen im Herbst laut rufend und stolz vor den Kühen herzulaufen.“ Nach der Matura und Auslandsaufenthalten in Frankreich, Irland, Schottland und Kanada hat sie sich dennoch entschieden, ihren Heimatdort Andelsbuch für ein Studium in Konstanz zu verlassen: „Das soziale Netz, das dort so viel trägt und auch so viele gute Seiten hat, war mir mit Anfang 20 zu invasiv – das ‚jeder kennt jeden‘ hat mich eingeengt.“ So studierte sie Englisch, „um mein Fernweh nach Schottland zu stillen“ und Deutsch „für meine Liebe zu Sprache und Literatur“. Für die Stadt am Bodensee entschied sie sich, weil es ihr dort lieber war, als nach Innsbruck oder Wien zu ziehen: „Ich war weg und doch nah meiner Heimat: Konstanz ist näher am Bregenzerwald als Innsbruck und durch den doppelten Grenzüberschritt in die Schweiz und dann nach Deutschland gefühlt weit aus der Welt. Das war perfekt.“ Heute lebt sie mit ihrem Mann in einer Wohnung in einem der kleinen Gässchen der Konstanzer Altstadt. Die Rheinbrücken am Bodenseetrichter, am Kilometer Null des Rheins, gehören zu ihren Lieblingsplätzen: „Bei guter Sicht sehe ich Richtung Osten auf die Bregenzerwälder Berge und unter meinen Füßen fließt das Wasser von der Subers- und Bregenzerach Richtung Nordsee. Das Thema Heimat wird an dieser Stelle schnell relativiert.“

Ein inspirierendes Erbe

Diese besondere Verbindung zwischen ihrer Herkunft und ihrem aktuellen Lebensmittelpunkt in Konstanz zieht sich durch mehrere Ebenen: „Ich lebe sehr gerne hier in Konstanz, aber ich bin auch gerne eine Wälderin. Das ist mein Erbe, und es inspiriert mich.“ Dieser Verbindung möchte Anita Schneider in Zukunft über Fotografie und Text noch mehr Ausdruck verleihen: „Nach spannenden Jahren im Kommunikationsbereich habe ich einige schöne Ideen für Buchprojekte und auch mein Beratungsangebot im Bereich Naturcoaching im Bregenzerwald möchte ich weiter ausbauen.“ Ihrem frühen Berufswunsch, Bäuerin zu werden, nähert sich Schneider über das fotografische Porträtieren der Bio-Landwirtschaft ihres Bruders und beim Aushelfen als Hirtin auf der Hochalpe an. Rund zwei Monate hat sie heuer schon alleine dort in den Egger Bergen verbracht: „Nach vielen Jahren am Schreibtisch wollte ich einfach einmal für längere Zeit in die Natur und etwas Körperliches machen.“ Die Arbeit, die auf der Alpe anfällt – ganz anders als die gewohnten Tätigkeiten im Büro: „Zäune machen, Holz sägen oder Wege bereiten – das Ergebnis ist unmittelbar sicht- und nutzbar. Dieses Eigenverantwortliche verleiht außerdem Selbstvertrauen und macht viel Freude“, sagt Schneider. Auch die Ruhe, die sie dort fernab von Straßen und Elektrizität findet, zieht sie an. „Zeit zu haben für das, was man will, und dann auch noch viel davon: Das ist Luxus. Am Abend habe ich oft die Sonne rot über dem Bodensee untergehen sehen und wusste: Dort drüben wartet Konstanz auf mich.“

Anita Schneiders feinfühligen Blick auf die Welt zeigen auch ihre Fotografien, die sie auf ihrer Website präsentiert. Einige der Motive drehen sich um den Bregenzerwald und sind als Postkarten bei Behmann in Egg erhältlich. Lieblingsmotive fertigt sie für ihre Kunden auf Wunsch auch als Karten oder Bilder an. Fast perfekt inszeniert wirken ihre Bilder, trotzdem entstehen sie spontan: „Meine Kamera packe ich nur aus, wenn mich eine Landschaft oder ein Mensch auch persönlich anspricht. Ohne diese persönliche Verbindung zum Motiv lässt mich auch das beste Bild kalt.“ So steht der Bregenzerwald oft im Fokus ihrer Bilder: „Vermutlich gerade, weil ich nicht mehr hier wohne, will ich ihn immer wieder fotografieren. Das hat wohl etwas mit Sehnsucht zu tun. Konstanz ist eine wunderschöne, lebendige Universitätsstadt mit Blick über den See auf die Berge – diese Aussicht genieße ich täglich, aber ich fotografiere sie nur sehr selten.“

 

Lebenslauf
Anita Schneider wurde am 16. April 1982 geboren und ist in Andelsbuch aufgewachsen. Nach der Matura an der HLW Marienberg hat sie ein Bachelor- und Masterstudium in British and American Studies an der Universität Konstanz absolviert. Neben Anstellungen im fremdsprachigen Ausland war sie zuletzt in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit und Projektmanagement in städtischen Betrieben und Gesundheitsunternehmen im Kreis Konstanz tätig. Zusätzlich schloss Anita Schneider Ausbildungen zur Psychologischen Beraterin und zum Naturcoach ab. Aktuell ist sie in der grafischen und textlichen Gestaltung tätig und bietet Naturcoachings an. Mit ihrem Mann lebt sie in Konstanz.

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