Guntram Lins

Asylanten und Migranten

Oktober 2015

Das alles beherrschende Thema der letzten Monate im Rundfunk, im Fernsehen und in den Zeitungen ist das Thema Flüchtlinge, sodass es einem schon bald auf die Nerven geht. Außer Frage steht, dass es nicht nur ein beherrschendes Thema der Tagespolitik, sondern ein gewichtiges Thema der Zukunft für alle Staaten Europas und daher auch für Österreich ist.

Wie wir mit den sogenannten „Flüchtlingen“ umgehen, wird nicht zuletzt die Zukunft unserer Kinder bestimmen. In der unendlichen Debatte der Medien und der Stammtische wird nach meiner Meinung viel zu wenig beachtet, dass „Flüchtlinge“ nicht gleich „Flüchtlinge“ sind.
Es gibt unter den „Flüchtlingen“ ohne Zweifel viele Asylwerber im Sinne der Genfer Konvention, also Menschen, die wegen ihrer Rasse, Religion oder politischen Überzeugung verfolgt werden und daher Anspruch auf Schutz und Unterkunft haben. Zu vermuten ist aber, dass die meisten der „Flüchtlinge“, die jetzt zu uns kommen und unbedingt nach Deutschland weiterreisen wollen, gar keine Asylanten im Sinne der Genfer Konvention sind, sondern Menschen, die aufgrund von Not und Elend in ihren Heimatländern ein besseres Leben in anderen Ländern suchen, also klassische Migranten sind: Sie wollen bei uns einwandern.

Der Wunsch, in ein Land mit besseren ökonomischen Verhältnissen einzuwandern, ist verständlich. Ebenso verständlich ist, dass die Zielländer dieser Einwanderung ein vitales Interesse daran haben, dass nur Menschen zu ihnen einwandern, die für eine bessere Zukunft des Landes einen Beitrag leisten können.

So halten es seit je her alle sogenannten Einwanderungsländer wie Australien, die USA oder Kanada. Sie stellen Bedingungen, wenn jemand zu ihnen kommen will. Der muss gewisse Qualifikationen erfüllen, ausgebildet, gesund und insgesamt von seinem bisherigen Lebenslauf her geeignet sein, sich in die Gesellschaft des Aufnahmelandes so zu integrieren, dass er einen positiven Beitrag für dessen Entwicklung leisten kann.

Diese Grundsätze sind eigentlich unbestritten; sie wurden aber in den letzten Monaten von einigen europäischen Staaten völlig missachtet. Die „Einladung“ der deutschen Bundesregierung mit Angela Merkel an der Spitze, dass die sogenannten Kriegsflüchtlinge aus Syrien nach Deutschland kommen können, hatte eine ungeahnte Folge. Offenkundig sind in tausenden Telefonaten mit Handys die Insassen der Flüchtlings­lager in der Türkei und im Libanon sowie die Einwohner Syriens, Pakistans und Afghanistans davon informiert worden, dass sich eine Lücke geöffnet hat, um in den reichen Westen einzuwandern und insbesondere in Deutschland eine neue Heimat zu finden.

Das hat Angela Merkel nicht bedacht, dass sich Hunderttausende auf den Weg machen werden, um über tausende Kilometer hinweg das neue Glück in „Germany“ zu suchen.

Unserer Regierung ist nichts anderes eingefallen, als einfach alle, die an den Ostgrenzen angestanden sind, unkontrolliert mit der Eisenbahn an die deutsche Grenze zu bringen und so das Problem zu verlagern. Dass man alle diese Einwanderer und allenfalls berechtigte Asylwerber, welche sich unter ihnen befinden, registrieren sollte, um später rationale Entscheidungen treffen zu können, wurde total übersehen.

Der deutschen Regierung, aber auch der österreichischen ist in dieser geradezu ausweglos erscheinenden Situation nichts anderes eingefallen, als europäische Solidarität einzufordern. Sie wollten die unbedacht Gerufenen wieder loswerden, und zwar am liebsten nach einer fixen Quote verteilt über ganz Europa. Da haben aber die anderen Staaten Europas verständlicherweise nicht mitgespielt und haben sich gedacht, die Deutschen haben sie gerufen, sie sollen mit dem Problem selber fertig werden.

Nun kippt die Stimmung in Österreich – siehe das Wahl­ergebnis in Oberösterreich –, aber auch in Deutschland.

Hat man anfänglich laut „refugees welcome“ gerufen, beschweren sich nun nicht nur die Bayern, sondern auch viele Verantwortliche in Städten und Gemeinden, dass sie nicht mehr in der Lage sind, die unhaltbaren Versprechungen der Regierung einzuhalten und einfach alle aufzunehmen. Der Spruch von Merkel – „Wir schaffen das“ – wird beantwortet mit „wir schaffen das nicht“.

In den Flüchtlingslagern der Türkei und der anderen nahöstlichen Staaten warten Millionen auf das Ende des Bürgerkriegs in Syrien. Wir werden weder sie noch alle Afrikaner, die lieber in Europa als in ihren Heimatländern leben wollen, aufnehmen können. Es wird daher wohl nichts anderes übrig bleiben, als von einer euphorischen zu einer realistischen Politik zurückzukehren: echte Asylwerber nach der Genfer Konvention aufzunehmen, Migranten aber nur nach Auswahl und zahlenmäßig beschränkt.

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