Peter Freiberger

Das Zauberwort heißt Geduld

September 2015

Die erfolgreiche Vorarlberger Tennisspielergeneration um Julian Knowle und Yvonne Meusburger ist Geschichte. Bis die nächsten potenziellen Stars heranrücken, wird es wohl dauern, denn bei den 14- bis 18-Jährigen klafft eine große Lücke. Die heimischen Tennisfans müssen sich in Geduld üben.

Yvonne Meusburger, vor noch nicht langer Zeit die Nummer 37 der Welt, hat überraschend ihre Karriere beendet, Martin Fischer sagte dem Profisport heuer ade, Julian Knowle hat altersbedingt den Zenit seiner Karriere wohl überschritten. Bleibt damit derzeit praktisch nur Doppelspezialist Philipp Oswald, der die Fahne des Vorarlberger Tennisverbands (VTV) hochhalten soll, zumal Tamira Paszek überwiegend eigenständig trainiert.

Die Zukunftsperspektiven für das Vorarlberger Tennis schauen somit auf den ersten Blick nicht rosig aus. Dabei hatte man sich zum Ziel gesetzt, beim olympischen Turnier 2016 in Rio vertreten zu sein. „Yvonne Meusburger befand sich auf Olympiakurs, leider hat sie über Nacht den Profisport an den Nagel gehängt“, sagt Joachim Kretz, Headcoach vom Campus des VTV in Dornbirn. Im Campus will der Verband Topspieler ausbilden und an die Weltspitze heranführen.

Aus finanziellen Erwägungen nimmt man im Campus auch Nicht-Vorarlberger auf; der bekannteste zuletzt war Andreas Haider-Maurer, der sich in Dornbirn unter den Fittichen von Kretz auf die Australian Open vorbereitete. „Als er kam, lag er in der Weltrangliste ungefähr auf Rang 80, er ging dann als Nummer 47“, erinnert sich der Headcoach.

Zu viel Manpower für Auswärtige

„Auswärtige“ bringen zwar Geld, benötigen aber extrem viel „Manpower“. „Deshalb soll der Campus künftig in erster Linie der Ausbildung der heimischen Talente dienen“, betont VTV-Präsident Gottfried Schröckenfuchs. 32 Spielerinnen und Spieler trainieren derzeit dort. Davon spielen sechs international und vier national, die Übrigen gehören zum Nachwuchsbereich.

Der Campus ist zwar eine Einrichtung des VTV, jedoch seit heuer praktisch selbstständig. „Wir entwickeln nicht nur Spieler, sondern zudem Persönlichkeiten“, hebt Joachim Kretz eine Besonderheit der Arbeit von ihm und dem insgesamt vierköpfigen Trainerteam hervor. Dank dieser Philosophie habe sich auch Yvonne Meusburger derart gut entwickelt.

Das Konzept legt großen Wert auf die Gesamtbildung der Sportler. Dabei nimmt die schulische Bildung ebenfalls eine tragende Rolle ein. „Wenn es sportlich einmal nicht läuft, benötigt der Spieler alternativ in anderen Bereichen Erfolge“, erklärt Kretz den Gedanken dahinter. „Wir würden uns daher mehr Plätze im Sportgymnasium Dornbirn wünschen“, sagt Präsident Schröckenfuchs. Acht wären notwendig, nächstes Schuljahr gibt es freilich nur zwei.

Aktuell verfügt der VTV lediglich über ein außergewöhnliches Talent, das demnächst in die sportliche Lücke der 14- bis 18-Jährigen eindringen könnte: Die erst 13-jährige Emily Meyer aus Brand ist die aktuelle U14-Staatsmeisterin sowohl in der Halle wie im Freien. Im Rahmen des Davis Cups im Juli in Kitzbühel durfte sie bereits an einem Junior-Training teilnehmen.

Ein großes Event pro Jahr im Land

Jährlich eine größere Tennisveranstaltung mit internationaler Beteiligung wünscht sich Präsident Schröckenfuchs für Vorarlberg. „So ein Event würde Begeisterung für den Sport im Land entfachen“, glaubt er. Und er sieht gleichzeitig den finanziellen Aspekt lukrativer Einnahmen. Bisher sei ein solches Highlight aber an fehlenden Sponsorengeldern gescheitert. Allerdings hat man die Hoffnung auf die Durchführung einer größeren Veranstaltung im Land nicht aufgegeben, wenngleich kein finanzielles Risiko eingegangen werden soll. „Wir trainieren im stillen Kämmerlein, zum Spielen müssen wir die Sportler wegschicken“, klagt Schröckenfuchs.

Nicht wirklich befriedigend präsentieren sich außerdem die infrastrukturellen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Arbeit. Es mangelt nicht an der Soft-, aber an der Hardware. „Wir sind überall nur eingemietet und geduldet“, bedauert Schröckenfuchs. Und er zieht einen plakativen Vergleich: „Das ist, als müsste ein europäischer Spitzenpianist ohne Klavier das Auslangen finden.“

Lösungsansätze sieht er mehrere. Zum Beispiel könnte ein längerfristiger Vertrag mit der Messe Dornbirn Erleichterung und Planbarkeit schaffen. Vereinskooperationen wären eine weitere Möglichkeit, die Situation zu verbessern – und dies kostengünstig.

Schließlich steht der Gedanke im Raum, ein Grundstück zu erwerben und darauf die erforderliche Infrastruktur zu schaffen. Freilich – dazu würde es enormer Förderungen und Sponsorengelder bedürfen. „Schwer zu stemmen“, meint Präsident Schröckenfuchs.

Welche Lösung auch immer gefunden wird – mittelfristig will der Verband auf eigene Strukturen zurückgreifen können. Was die tägliche Arbeit betrifft, möchte man jedenfalls den Fokus stärker auf den Nachwuchsbereich legen mit dem Ziel, dass irgendwann wieder ein Vorarlberger in der Hauptrunde eines Grand-Slam-Turniers steht. Das geht allerdings nicht von heute auf morgen. „Geduld ist gefragt“, weiß Headcoach Kretz.

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