Peter Freiberger
Der Altacher Alexander Martin präpariert die Ski vonTed Ligety.

Die Vorarlberger Weltcup–Armada

Oktober 2015

Nicht nur bei den sportlichen Erfolgen im Ski-Weltcup, sondern auch was die Besetzung der Trainerstäbe aller Nationen und der Serviceteams der Skihersteller betrifft, haben die Österreicher die Nase vorn. Diese rot-weiß-rote Abordnung knapp abseits der Rennpiste wird geprägt von ganz viel Vorarlberger Manpower. Eine Bestandsaufnahme.

Auf den Podesten hat man Vorarlberger Rennläufer in den vergangenen Jahren praktisch nicht gesehen. Dafür ziehen heimische Experten im Hintergrund erfolgreich die Fäden und bereiten den Boden für die Erfolge der Stars.

Beginnen wir bei den Trainern. Mathias Berthold (50) gilt als der bekannteste Ländle-Export. Derzeit hat der Montafoner das Amt des Cheftrainers der Herren des deutschen Skiverbands (DSV) inne und damit noch viel Aufbauarbeit vor sich. Zuvor war er in der gleichen Funktion höchst erfolgreich beim ÖSV tätig. Dorthin war er als DSV-Damen-Cheftrainer gewechselt.

Der knapp 51-jährige Christian Huber aus Feldkirch fungiert als Co-Trainer der ÖSV-Trainingsgruppe „Weltcup Speed Herren“. Die rot-weiß-roten Stars begleitet außerdem der Physiotherapeut Alexander Fröis (34). Sein ganz spezieller Schützling: kein Geringerer als Marcel Hirscher. Der vierfache Weltcup-Gesamtsieger vertraut voll auf die Künste seines persönlichen Therapeuten aus Bludenz. In der vergangenen Saison gehörte auch der Gaschurner Martin Marinac (36) dem Trainerteam der Weltcup-Technikgruppe der Herren an.

Der 51-jährige Feldkircher Roland Pfeifer arbeitet als Trainer im US-amerikanischen Herrenteam. Bis Jänner 2015 war er langjähriger Coach von Slalom-Wunderkind Mikaela Shiffrin, ehe es eine Rochade zu den Herren gab.

Ein Wälder für Shiffrin

Stichwort Shiffrin: Den Aufstieg der Königin zwischen den Stangen hat ein Bregenzerwälder praktisch von Anfang an mitverfolgt und begleitet. Kilian Albrecht, für den als Aktiver als bestes Ergebnis ein zweiter Platz im Slalom von Kitzbühel zu Buche steht, zeigte ein glückliches Händchen, indem er das Jahrhunderttalent als Manager unter seine Fittiche nahm. Darüber hinaus betreut der heute 42-Jährige unter anderem noch die Slowakin Veronika Velez-Zuzulova.

Die Skimarke Head mit Sitz in Kennelbach dominiert im Weltcup bei den Damen wie bei den Herren ganz besonders die Speedbewerbe. Was die Manpower von Head anbelangt, so geben hier die Vorarlberger den Ton an, wobei sich eine leichte Dominanz der Skiexperten aus dem Bregenzerwald nicht übersehen lässt. Kein Wunder – Kennelbach und den Wald trennt ja bloß ein Katzensprung … Der Rennsportleiter freilich kommt aus dem Montafon. Rainer Salzgeber, selbst ehemaliger erfolgreicher Weltcup-Fahrer, hat das wohl stärkste Skiteam unter seinen Fittichen. Größen wie Aksel Lund Svindal, Kjetil Jansrud, Ted Ligety oder Anna Fenninger fahren auf Head ab.

Dem 48-Jährigen zur Seite stehen zwei ebenfalls Weltcup-erprobte Ex-Rennläufer. Der Bezauer Patrick Wirth (44) kümmert sich um die Belange der Herren, Christian Greber aus Mellau um jene der Damen. Der 43-Jährige hat immerhin 2001 die extrem schwierige Abfahrt von Bormio für sich entschieden.

Experte für die Skischuhe

Großes Können und erstklassige „Brettln“ unter den Füßen reichen allerdings nicht aus, um Skirennen zu gewinnen. Der Skischuh muss auch passen. Viele behaupten ja, dass dem Skischuh die größere Bedeutung zukommt als den Ski selbst. Head baut in dem Bereich auf Wälderpower. Mastermind Hubert Immler, ein 53-jähriger Alberschwender, zeichnet für die Skischuhentwicklung und die Koordination mit den Läufern verantwortlich. Ihn unterstützt das Trio Patrick Bechter (33, Dornbirn), Peter Muxel (33) und Bartholomäus Bischof (45, beide aus dem Bregenzerwald).

Wer am Renntag eine regelrechte „Waffe“ unter den Füßen haben will, braucht nicht nur einen exzellenten, sondern auch einen bestens präparierten Ski. Die Skipräparierung fällt in den Zuständigkeitsbereich des Servicemanns. Die Besten der Besten im alpinen Skizirkus setzen dabei auf Vorarlberger Experten. Aksel Lund Svindal und sein kaum weniger erfolgreicher Landsmann Kjetil Jansrud legen ihr sportliches Geschick in die Hände von Stefan Berthold. Der 44-Jährige aus Schruns ist der Cousin von Mathias Berthold.

Der Kanadier Erik Guay lässt sich seine Ski vom 29-jährigen Egger Bernd Fetz präparieren, die zwei österreichischen Speed-Asse Olympiasieger Matthias Mayer und Georg Streitberger vertrauen auf die Wälder Ingo Fink (26) und Philipp Geiger (26).

Damen-Superstar Lindsey Vonn wäre wohl ohne die Arbeit des Lustenauers Heinz Hämmerle nicht annähernd so erfolgreich. Der 53-Jährige gilt als Urgestein und Legende im alpinen Ski-Weltcup. Vor der erfolgreichsten Skirennläuferin aller Zeiten verhalf er als Servicemann unter anderem Patrick Ortlieb und Hannes Trinkl zu außergewöhnlichen Erfolgen. A propos außergewöhnliche Erfolge: Die feierte auch Anna Fenninger. Um zwei Mal den Gesamtweltcup zu gewinnen, mehrere Weltmeistertitel und einen Olympiasieg zu holen, bedarf es großartiger skifahrerischer Leistungen – und man benötigt die bereits zitierte „Waffe“ unter den Füßen. Richtig schnell macht diese „Waffen“ Fenningers Serviceman Mike Jöchl. Der 41-Jährige kommt aus Vandans.

Weltcup-Inventar „Tschunti“

Auf Vorarlberger Manpower im Team von Head kann weiters US-Superstar Ted Ligety zählen. Der Alt­acher Alexander Martin (43) präpariert die Ski für den Riesentorlaufspezialisten. Andrew Weibrecht wiederum greift auf das Know-how von Guntram Mathis zurück. Tschunti – so nennen ihn praktisch alle im Skizirkus – gehört ebenfalls längst zum fixen Weltcup-Inventar. Der 48-jährige Hohenemser hatte früher unter anderem bei der Präparation bzw. Auswahl der Ski für die Legende Bode Miller stets ein sehr glückliches Händchen.

Thomas Rehm aus Schröcken sorgt dafür, dass das schwedische Slalom-Ass André Myhrer möglichst rasch die Zielflagge sieht. An Erfahrung bei der Zusammenarbeit mit Stars fehlt es dem 50-Jährigen nicht. Immerhin vertraute vorher „Gold-Maria“ Höfl-Riesch dem Vorarlberger Servicemann. Der gebürtige Alberschwender Michael Gmeiner (29) kümmert sich um die aufstrebende Schwedin Sara Hector.

Ein weiterer Vorarlberger im Skizirkus und im Dienste von Head heißt Stefan Kappaurer (42). Der Bezauer hat die Leitung der Head-Gleittests inne.
In unserer Bestandsaufnahme darf schließlich der „Einzelkämpfer“ Andreas Erath aus Au nicht fehlen. Der 37-Jährige kümmert sich auf selbstständiger Basis um das Feintuning, die Abstimmung und das Reparieren der Skischuhe für das Weltcup-Team der Schweizer Skimarke Stöckli. Zeitweise testet er auch für Atomic.

Fazit: Ohne Manpower aus dem Ländle geht im alpinen Ski-Weltcup (fast) nichts.

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