Sabine Barbisch

Elvira Barriga: „Ich habe einen neugierigen Geist, der gerne in die Ferne schweift“

Oktober 2019

Wie ein Praktikum in einem anderen Land den weiteren Lebensweg prägen kann, zeigt die Biografie von Elvira Barriga: Aus geplanten fünf Monaten in Berlin wurden elf Jahre. Über eine Zwischenstation in Toronto erreichte die international erfolgreiche Kreativdirektorin schließlich ihre Traumstadt New York, wo sie die vergangenen Jahre lebte. In „Thema Vorarlberg“ erzählt sie von dieser Geschichte, internationalen Großprojekten und was es mit ihrem Sabbatical auf sich hat.

Das ARoS Art Museum in Dänemark, das Fashion for Good Center in Amsterdam, The Legacy Museum in Alabama, das Hyde Park Barracks Museum in Sydney und die Galerie für Umweltgeschichte im National Museum of Australia – alle diese Stätten haben eines gemeinsam: Die dort umgesetzten Konzepte, Installationen und Ausstellungen tragen die künstlerische Handschrift von Elvira Barriga. Die 41-jährige, in Bregenz und Hard aufgewachsen, ist eine international renommierte Kreativdirektorin, die im Laufe ihrer Karriere zahlreiche eindrucksvolle Projekte realisiert hat. Dabei begann ihre Karriere recht unspektakulär mit einem Pflichtpraktikum: „1998 habe ich mein Intermedia-Studium an der Fachhochschule Vorarlberg begonnen. Der Studiengang war noch neu, das Curriculum sehr breit aufgestellt, und ich fand es schwierig, mich von hier aus in der Kreativszene zu orientieren. Mein Pflichtpraktikum habe ich dann in Berlin beim ‚atelier:doppelpunkt‘ absolviert. Ein klassisches Grafikdesign-Büro, das von vier wunderbaren Frauen geführt wurde und deren Kunden hauptsächlich im Kulturbereich ansässig waren. Ich habe mich unverzüglich in die Stadt, den gesellschaftlichen Freiraum und in das Arbeiten im konkreten Kontext verliebt.“ Aus den geplanten fünf Praktikumsmonaten in Berlin wurden schließlich elf Jahre, sieben davon war Barriga Partnerin bei „blotto design“. 
Ihr Bruder Stefan begann unterdessen eine Karriere als UNO-Diplomat in New York: „Dadurch bin ich mehrere Male über den Teich geflogen und war fasziniert und inspiriert von der Vielfältigkeit und Reichhaltigkeit des kulturellen Lebens dort. Nachdem ich bei ‚blotto design‘ ausgestiegen war und sich kurz danach auch meine Beziehung aufgelöst hatte, war ich plötzlich wieder frei und ungebunden.“ Die Kreativdirektorin bewarb sich in einigen ausgewählten Büros in New York, konnte dann aber einem Angebot von Bruce Mau Design (BMD) nicht widerstehen – und zog nach Toronto: „Sie boten mir genau die internationale Projektarbeit und die Herausforderung an, nach der ich strebte. Ich habe meinen Job bei BMD geliebt und war dort von 2012 bis 2015 – aber Toronto ist eben nicht New York!“ 2015 landete sie dann schließlich in ihrer Traumstadt New York. 
Die Tochter einer Österreicherin und eines Spaniers sagt, dass sie durch das Leben in Großstädten wie Berlin, Toronto und selbst in New York ihre Idee von Heimat und „Zuhausesein“ nicht mit einem bestimmten geografischen Ort identifiziert: „Das schafft Bewegungsfreiraum. Zudem habe ich einen sehr neugierigen und auch etwas unruhigen Geist, der gerne in die Ferne schweift.“ 

Vision einer neuen Form des Erzählens

Die vergangenen vier Jahre arbeitete Elvira Barriga bei „Local Projects“, verantwortete unterschiedliche Bereiche, war unter anderem als Kreativdirektorin für Ausstellungsgestaltung und interaktive Installationen im öffentlichen Raum zuständig. Dort hat sie multidisziplinäre Teams von Architekten, Designern, Redakteuren und Softwareingenieuren geführt. Auch die Leitung und Neuausrichtung der Abteilung für „Visual Experience Design“ verantwortete Barriga. Sie erzählt: „Bei ‚Local Projects‘ haben wir stets nach neuen Formen des Erzählens und der Wissensvermittlung gestrebt. Wir haben an originellen Design- und Technologieideen gearbeitet, die überraschende und sinnvolle Erfahrungen ermöglichen; Erfahrungen, die man nicht im Museum erwartet.“ Ihre Projekte waren fast ausschließlich im Ausland angesiedelt, die vergangenen zwei Jahre hat die 41-Jährige, wie eingangs erwähnt, zwei große Museumsprojekte in Australien geleitet. 
Spannende Aufgaben in dieser Dimension bringen aber auch Herausforderungen mit sich: „Mein Geist liebt das Reisen, aber mein Körper ist irgendwann nicht mehr hinterhergekommen. Ich war beinahe ständig im Jetlag; auf diese Form der permanenten körperlichen Erschöpfung hätte ich gerne verzichtet.“ Deshalb befindet sich Barriga aktuell in einem Sabbatical, im April hat sie ihre Tätigkeit bei „Local Projects“ gekündigt: „Ich habe in den vergangenen zwanzig Jahren den Hauptanteil meiner Zeit und Energie dem beruflichen Werdegang gewidmet, und schließlich war es an der Zeit für eine Prioritätenverschiebung. Die nächsten Monate werde ich in erster Linie meiner Gesundheit und meinen Liebsten widmen.“ Aktuell befindet sie sich hauptsächlich in Europa, genießt das Reisen und die Zeit ohne Jetlag und bereitet sich auf ihre berufliche Selbstständigkeit vor.

Lebenslauf

Am 19. Juli 1978 wurde Elvira Barriga, die mit ihrem Bruder Stefan in Bregenz und Hard aufgewachsen ist, geboren. Nach dem InterMedia-Studium an der Fachhochschule Vorarlberg landete sie über ein Pflichtpraktikum beim „atelier:doppelpunkt“ in Berlin, wo sie die folgenden elf Jahre lebte. Von 2004 bis 2010 war sie Partnerin bei „blotto design“, arbeitete danach als freischaffende Designerin und Art-Direktorin, unter anderem bei „Meire und Meire“, bevor sie 2012 nach Toronto zog. Dort leitete sie das „Brands & Environments“-Team als Kreativdirektorin. 2015 folgte der Umzug nach New York, dort arbeitete die 41-Jährige die vergangenen drei Jahre als Kreativdirektorin und Direktorin des „Visual Experience Design Departments” bei „Local Projects“. Seit Mai 2019 befindet sich Elvira Barriga im Sabbatical, sie lebt in einer Partnerschaft.

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