Andreas Dünser

Chefredakteur "thema vorarlberg" (andreas.duenser@themavorarlberg.at)

Ulrich Ilgs „nüchterne Überlegungen vor den Wahlen“

März 2024

Einen Monat vor den Landtagswahlen im Oktober 1949 veröffentlichte der damalige Landeshauptmann Ulrich Ilg im „Vorarlberger Volksblatt“, der Tageszeitung der Volkspartei, seine „nüchterne Überlegungen vor den Wahlen“. Bereinigt um die damals aktuellen politischen Themen und bereinigt um die Wahlwerbung für seine ÖVP ließen sich Ilgs Worte auch heute noch als Appell an die gesamte Wählerschaft lesen; vor allem angesichts des heurigen „Superwahljahres“ mit EU-Wahl, Nationalratswahl und Landtagswahl. Aber lesen Sie selbst, diese Auszüge aus Ilgs „nüchternen Überlegungen“.

Wir stehen am Beginn eines großen politischen Kräftemessens in ganz Österreich …
Dessen ungeachtet gibt es aber doch einen großen Kreis von politisch Gleichgültigen, Kurzsichtigen oder Verärgerten, die diese Tragweite nicht erfassen, oder denen alles gleichgültig ist, was über ihre tägliche Bedürfnisbefriedigung hinausgeht. An diese Kreise muss diesmal die Wahlwerbung in besonderer Weise herangetragen werden.
Ich höre jetzt schon die Stimmen: „Es muss doch ein einträgliches Geschäft sein, dass die so an ihren Posten kleben, diese Politiker, und dass sie so um die Gunst des Volkes werben.“ Solche und ähnliche Bemerkungen sind am meisten dazu angetan, dass anständige Menschen davor zurückschrecken möchten, für eine politische Tätigkeit sich herzugeben. Gott sei Dank denken nicht alle Leute so.
Es war denn auch alles eher als ein Vergnügen, in den letzten Jahren ein politisches Mandat zu bekleiden …
In Wirklichkeit geht es nicht um persönliche Liebhaberei, sondern um wichtige öffentliche Interessen und es wäre unverantwortlich, der Besetzung öffentlicher Stellen gleichgültig gegenüberzustehen. Das muss besonders jenen gesagt werden, die in Bausch und Bogen alle politischen Funktionäre verurteilen oder pauschal die politischen Parteien, welche bisher Verantwortung getragen haben, als fünftes Rad am Wagen wegwerfend behandeln.
Es ist auch sehr einfach, über politische Parteien abfällig zu urteilen. In Wirklichkeit hat bisher noch niemand den Weg gezeigt, wie man ohne solche in einer Demokratie dem öffentlichen Leben Inhalt geben kann. Auch jene, die das Wort „Parteiwirtschaft“ andauernd im Munde führen, wissen nichts Besseres zu tun, als zu den bisherigen Parteien nur noch eine neue Partei hinzuzufügen. Nach alter Erfahrung wird dadurch das Regieren aber nicht leichter gemacht. Das mögen sich alle politischen Erneuerer deutlich hinter die Ohren schreiben.
Wichtig erscheint allerdings, dass der Auswahl der Posten ein größeres Augenmerk geschenkt wird. Zum Wesen einer erfolgreichen Demokratie gehört objektive, sachliche Zusammenarbeit.
An Lügen, Beschimpfungen und Verleumdungen wird es nicht fehlen. Die unverschämtesten Behauptungen werden in Umlauf gesetzt werden, denen man wehrlos gegenübersteht. Wir können nur hoffen, dass die Leute nicht so dumm sind und auf jeden Schmarren und jede Hetzerei hineinfallen.

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