Herbert Motter

Von historischen Machtwechseln

Oktober 2020

Die jüngsten Gemeinderatswahlen hatten einige Überraschungen parat. Politische Machtwechsel in den Vorarlberger Gemeinden sind dennoch eher eine historische Seltenheit. Ein Blick auf die sieben größten Kommunen des Landes.

In der Bodenseegemeinde Hard ging mit dem jüngsten Wahlsonntag eine lange Tradition zu Ende, denn mit Martin Staudinger wird erstmals seit 66 Jahren wieder ein SPÖ-Kandidat auf dem Bürgermeistersessel Platz nehmen.
Gehen wir dazu einen Schritt zurück ins Jahr 1947. Im April dieses Jahres wurden in Vorarlberg die provisorischen Gemeindevertretungen nach den Wahlergebnissen der Nationalratswahlen neu zusammengesetzt. Für die Vorarlberger Arbeiterbewegung ist damit Dienstag, der 15. April 1947, ein historisches Datum. An diesem Tag wurde zum ersten Mal in Vorarlberg ein Sozialist – nämlich Adolf Kölbl – von der Mehrheit einer Gemeindevertretung in Hard zum Bürgermeister bestellt. 1950 übernahm sein Parteigenosse Josef Blenk. Gewerkschafter Blenk wurde aufgrund einer Pattstellung im Gemeinderat per Losentscheid zum Gemeindevorsteher bestellt. Er verstarb jedoch 1954 und damit endete die Vorherrschaft der Sozialdemokratie in Hard, die nur sieben Jahre dauern sollte. Mit Unterstützung des „dritten Lagers“ wurde in Folge ÖVP-Gemeindevertreter Anton Gorbach zum neuen Bürgermeister gekürt. Eine lange Dominanz der ÖVP nahm ihren Anfang. Sie beanspruchte seit damals bis zum 27. September 2020 das Amt des Bürgermeisters.
Als „blaues Wunder“ titulierte „Die Presse“ 2010 den Machtwechsel in Lustenau. 50 Jahre regierte die FPÖ in Lustenau. Robert Bösch gewann 1960 die Mehrheit und blieb FPÖ-Bürgermeister bis 1982. Kurt Fischer (ÖVP) konnte vor zehn Jahren die seit damals anhaltende FPÖ-Vorherrschaft mit Dieter Alge und Hans-Dieter Grabher an der Spitze wieder brechen.
Historisch ist auch der aktuelle Wahlerfolg von Michael Ritsch (SPÖ) in Bregenz. 30 Jahre lang regierte – allein davon 22 Jahre mit Markus Linhart an der Spitze – die ÖVP in der Landeshauptstadt. Davor stellte von 1970 bis 1990 (Fritz Mayer 1970 bis 1988 und Norbert Neururer 1988 bis 1990) die SPÖ die Bürgermeister. Von 1950 bis 1970 war die Stadt Bregenz durch Karl Tizian in der Hand der Volkspartei.
In Hohenems gelang vor fünf Jahren Dieter Egger (FPÖ) eine geschichtsträchtige Polit-Kehrtwende, nachdem die ÖVP 70 Jahre von 1945 bis 2015 durchgehend in der Grafenstadt regierte. Die Stadt Bludenz erlebte seit 1945 zwei Machtwechsel. 1970 übernahm Hermann Stecher (SPÖ) das Bürgermeisteramt von der ÖVP. Othmar Kraft konnte es für die Bludenzer Volkspartei 1995 wieder zurückgewinnen.
In zwei Städte in Vorarlberg blieben bislang parteipolitische Machtwechsel aus. Feldkirch und Dornbirn sind beide seit 1945 in ÖVP-Hand. Jeweils vier Bürgermeistern waren vor den aktuellen Amtsinhabern Wolfgang Matt (Feldkirch) und Andrea Kaufmann (Dornbirn) seit 1945 im Amt.

Kommentare

To prevent automated spam submissions leave this field empty.