Sabine Barbisch

Von Ideen, die beim Traktorfahren entstehen

März 2024

Daniela Alge wurde im Bregenzerwald geboren, betreibt mit ihrer Familie einen Bio-Bauernhof im Allgäu und hat sich von einer Pädagogin zur Autorin entwickelt. Ein Gespräch über regionale Krimis und heilsames Schreiben.

In Bizau im Bregenzerwald ist Daniela Alge mit ihrer Familie, der Vater Waldaufseher, die Mutter vermietete Ferienzimmer, aufgewachsen. „Während der Woche waren wir immer mit den Nachbarskindern draußen unterwegs, im Winter mit Schulfreundinnen auf dem Hirschberg beim Skifahren und Boarden, im Frühling und Herbst mit der Oma im Vorsäß, an Sommer-Wochenenden mit der Familie in den Bergen“, erinnert sie sich zurück. Nach der Pflichtschule in Bezau entschied sich die junge Frau für eine Ausbildung als Kindergartenpädagogin in Feldkirch. Bis 2002 verantwortete sie die Leitung des Kindergartens in Mellau, die folgenden fünf Jahre war sie Älplerin und Schneesportlehrerin. Vor siebzehn Jahren hat Daniela Alge mit ihrem Mann Christian dann den Hof im Allgäu übernommen, auf dem dessen Großmutter aufgewachsen war. Heute lebt das Paar mit ihren drei Kindern auf dem Bio-Bauernhof im nahen Wangen. 
Im Allgäu fühlt sich die gebürtige Bregenzerwälderin wohl: „Die Wälder haben mit den Allgäuern sehr viel mehr Gemeinsamkeiten als mit den Wienern. Die Grenze zwischen dem Bregenzerwald und dem Allgäu ist nach meinem Gefühl nur auf Papier gezeichnet.“ Außerdem schätzt es die 49-Jährige, ländlich zu wohnen, findet Ausgleich in den Bergen, genießt aber auch die Nähe zur Stadt Wangen. „Dort gibt es noch richtig viele kleine Läden, in denen ich alles bekomme, was ich im Alltag brauche.“ 
Für die Autorin, Schreibgruppenleiterin und Landwirtin ist klar: „Ich komme ganz wunderbar ohne ein Amazon-Konto klar und würde mir wünschen, dass meine Leserinnen meine Bücher in kleinen Buchhandlungen vor Ort kaufen.“ Im März 2024 wird Daniela Alges neuer Roman „Die Botschaft der Eule“ erscheinen. Die Veröffentlichung findet diesmal im Selbstverlag statt: „Ich bin glücklich über die vielfältigen Möglichkeiten für Autorinnen heutzutage und dass es auf diesem Weg wirklich möglich ist, eigene Schreib-Träume zu leben und zu verwirklichen, ohne sich an einen Markt und die Vorstellung anderer anpassen zu müssen.“ 

Schreibfreundin, Buchliebhaberin, Landwirtin
Bücher begleiten Daniela Alge seit ihrer Kindheit: „Ich habe immer viel gelesen und mir gewünscht, selbst mal ein Buch zu schreiben.“ Kurz vor ihrem 30. Geburtstag kam sie diesem Ziel auf unkonventionelle Weise näher, wie sie lachend erzählt: „Ich absolvierte einen Fernlehrgang mit dem Titel ‚Schreiben lernen – Autor werden‘ beim Humboldt-Institut, das damals auf der Rückseite vieler Zeitschriften Werbung machte.“ Parallel dazu kam der Trend zu Regionalkrimis bei der Neo-Autorin an: „Und damit auch der Gedanke, dass ich nicht zum Recherchieren nach Schweden oder Irland reisen muss, ein Krimi kann auch im Bregenzerwald spielen“. 
Die 49-Jährige ist mittlerweile die Autorin von acht Büchern, davon vier Krimis. Sie hält auch Schreibkurse und bewirtschaftet mit ihrem Mann den Biohof. Der Alltag ist stark von der Natur geleitet. Im Winter und an Regentagen sind ihre Schreibzeiten länger, im Sommer komme sie oft wochenlang kaum dazu. „Eine Landwirtschaft ist kein Job mit geregelten Arbeitszeiten, du kannst keinen Urlaub planen und oft genug keinen Feierabend. Es gilt, die Pausen zu nützen und dann zu schreiben.“ Aber kein Nachteil ohne Vorteil: „Dafür kann ich aber auch während der Woche mal vormittags auf die Skipiste, wenn andere im Büro sind. Das genieße ich sehr. Ich mag es, meine eigene Chefin zu sein und täglich selbst zu entscheiden, was ich wann und wie mache.“ Die Vielfalt ihrer Arbeiten ist eine wichtige Basis ihres kreativen Schaffens, und sie sagt, ihre besten Ideen entstehen oft dann, „wenn ich stundenlang mit dem Traktor über die Wiesen fahre, um das Heu zu wenden“. 

Regionalkrimis als Türöffner
Ihren Schreibstil beschreibt sie als realistisch. „In meinen Romanen wird es nie darum gehen, dass eine Frau am Ende glücklich ist, weil sie ihren Traummann gefunden hat. Ich schreibe lieber über Menschen, die ihre Zufriedenheit in sich selbst finden, die sich ihr eigenes Leben gestalten, damit sie sich damit wohlfühlen und sich nicht von anderen Menschen, von vermeintlicher Schönheit, Fitness oder beruflichen Erfolgen abhängig machen.“
So bezeichnet sie die Regionalkrimis, die sie erfolgreich veröffentlicht als „Türöffner in die Welt der Schriftstellerinnen: Ich hatte 2013 drei Kleinkinder und einen Hof und schlicht keine Zeit für Reisen und Recherchen. Also schrieb ich über das, was ich kannte: Die Menschen im Bregenzerwald.“ Ihr Erstlingswerk entstand folglich „intuitiv und spontan“. Über ihre Hauptfigur, Kommissar Reinhold Waldinger, fand sie rasch einen Verlag, der Erfolg bei den Lesern motivierte sie für drei weitere Krimis mit ihm. Dennoch sagt sie heute: „Man spürt es bei meinen Krimis: Die Ermittlungen, Morde, Action und so weiter sind gar nicht mein Metier. Es ging immer um die Menschen dahinter, wie es dazu kam, dass sie so handelten.“ 

Heilsames und autobiografisches Schreiben
Das Schreiben ist für die Wahl-Allgäuerin längst über den Beruf der Schriftstellerin hinausgewachsen. „Wenn ich meine Gedanken regelmäßig aufs Papier bringe, fallen mir irgendwann Wiederholungen und Muster auf.“ Wenn ein aktuelles Problem auch schon in älteren Notizen auftauche, komme der Moment, das Thema anzugehen: „Schreiben macht sichtbar, was sonst unbewusst den ganzen Tag in meinem Kopf abläuft, und gibt mir so die Chance, destruktive Muster zu erkennen, zu benennen und Lösungen zu suchen.“ 
Aus diesem Grund absolviert die Buchliebhaberin aktuell einen Lehrgang zum Thema heilsames Schreiben und beschäftigt sich mit autobiografischem Schreiben. „Diese Art des Schreibens, abseits der Veröffentlichungen und fiktiver Geschichten, hat mir persönlich sehr viel gebracht. Sich regelmäßig zu reflektieren, seine Träume aufzuschreiben und immer wieder den Fokus auf ein Ziel auszurichten bereichert mein Leben sehr. Das möchte ich auch in meinen Schreibangeboten weitergeben.“ 

Lebenslauf
Daniela Alge wurde am 6. März 1975 in Au geboren und ist in Bizau aufgewachsen. Sie hat die Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik in Feldkirch absolviert und von 1994 bis 2002 die Kindergartenleitung in Mellau verantwortet. Fünf Jahre als Älplerin und Schneesportlehrerin folgten, bevor sie ab 2007 Landwirtin und Mutter wurde. Seit 2013 ist die 49-Jährige Autorin; sie schreibt Bücher, leitet Schreibgruppen und ist Landwirtin. Daniela Alge lebt mit ihrem Mann Christian und den Kindern Sonja, Maja und Matteo in Wangen im Allgäu.  

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