
Vorarlbergs Zehner bei der Fortuna
Die heimischen Wurzeln sind sprachlich via Telefon aus Düsseldorf unverkennbar. Dort trägt Michael Liendl, der Vorarlberger in Diensten des deutschen Traditionsfußballklubs Fortuna, die magische Zehn auf seinem Trikot. Die Rheinländer haben mit ihm den Aufstieg in die erste Bundesliga im Visier.
Aus der Provinz auf die große Fußballbühne – so lässt sich der Wechsel des heute 29-jährigen offensiven Mittelfeldspielers vom Wolfsberger AC in Kärnten zu Fortuna Düsseldorf vor gut einem Jahr beschreiben. Auf dem Papier sieht es zwar wie ein Abstieg von einer ersten in eine zweite Fußballliga aus. Freilich – über die herausragende Qualität der zweiten deutschen Liga scheint jede Diskussion obsolet. Und bei allem Respekt: Wer möchte schon das beschauliche Wolfsberg und seine gut 7000 Zuschauer fassende Lavanttal-Arena mit der Esprit-Arena in Düsseldorf vergleichen? Die fasst 54.000 Besucher, im Durchschnitt kommen 30.000 Fans zu den Heimspielen der Fortuna.
Der Aufstieg eines Österreichers von Wolfsberg nach Düsseldorf klingt wie ein Fußballmärchen. Gut – Kevin Kampl wechselte sogar in die erste deutsche Liga, noch dazu zu Borussia Dortmund. Aber der Slowene kam eben von Abonnementmeister Salzburg, der wohl selbst gegen die deutsche Konkurrenz eine ganz gute Figur abgeben würde.
Mentor Helmut Schulte
Michael Liendl verdankt seinen Aufstieg neben seinen hervorragenden Leistungen in Österreich Helmut Schulte. Der konnte sich als Sportdirektor von Rapid ein ausgezeichnetes Bild des Vorarlbergers machen und hat ihn nach seinem eigenen Wechsel zur Fortuna, wo er seit 1. Jänner 2014 die Position des Sportvorstands innehat, gleich Ende Jänner nachgeholt.
Liendl hat sich seinen Aufstieg hart erarbeitet. In Graz geboren, kam er mit seinen Eltern im Alter von fünf Jahren nach Thüringen. Mit 17 entschloss sich Michael des Fußballs wegen, allein nach Graz zurückzukehren, wo er beim GAK unterkam. Kapfenberg, wieder der GAK, erneut Kapfenberg, die Wiener Austria und eben der Wolfsberger AC lauteten die weiteren Zwischenstationen bis zum Spitzenverein der zweiten deutschen Bundesliga.
„Ein Engagement im Ausland stellte immer mein großes Ziel dar“, erzählt Michael Liendl. Dieses Ziel hat er erreicht. Aber mehr als das – Michael hat sich vom ersten Spiel an einen Stammplatz in der Mannschaft erkämpft. Noch keine einzige Partie hat er bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe versäumt.
Lauf vom ersten Spiel an
„Der Einstand in Düsseldorf vor einem Jahr glückte mir tatsächlich sehr gut. Vom ersten Spiel an lief es ausgezeichnet für mich, was wesentlich zu einem guten Standing beigetragen und die Integration ins Team erleichtert hat“, so Liendl. Der Vorarlberger glänzte mit Toren und Assists, es dauerte nicht lange, bis er sogar die Rolle eines Führungsspielers innehatte.
Liendl demonstrierte von Anfang an seine Qualitäten. Den Niveauunterschied zwischen Deutschland und Österreich hält er für überschaubar. Liendl: „Auch in Österreich spielen die Spitzenteams wie Salzburg oder Rapid auf einem hohen Level. Bei Tempo und Zweikampfverhalten merkt man aber dann doch das höhere deutsche Niveau.“ Trotzdem – der österreichische Fußball befinde sich auf einem ausgezeichneten Weg. Dies würden besonders die vielen rot-weiß-roten Legionäre in starken ausländischen Ligen beweisen.
Beeindruckt zeigt sich Michael vom Drumherum bei der Fortuna. „Alles viel pompöser als zu Hause“, zieht er ein erstes Resümee. Das untermauern allein schon das Stadion und die Zuschauerzahlen.
Liendls Vorzüge – Übersicht, Technik, tolles Passspiel, Stärken bei Standards und Torgefährlichkeit – haben ihn nicht nur in Düsseldorf zum Führungsspieler gemacht, sondern auch schon das Interesse von Österreichs Teamchef Marcel Koller geweckt. Der hatte ihn für das Ländermatch in Tschechien am 3. Juni 2014 in die Nationalmannschaft berufen und in der 63. Minute eingewechselt. Österreich gewann 2:1. „Damit ging ebenfalls ein Traum von mir in Erfüllung“, sagt Liendl, der auf weitere Chancen im Team hofft. Direkte Kontakte mit Marcel Koller gab es anschließend zwar nicht, dennoch stand Liendl seither auf Abruf im ÖFB-Kader.
Auf Platz sechs beendete die Fortuna die Saison 2013/2014, für die Meisterschaft 2014/2015 peilt man wieder den Aufstieg in die höchste deutsche Spielklasse an. Nachdem sich der Klub im Herbst bereits in die Aufstiegsränge vorgearbeitet hatte, ging es in der Folge ein paar Tabellenplätze hinunter. „Vor Weihnachten“, bedauert Michael Liendl, „hatte ich leider selbst einen Hänger, ich konnte nicht meine volle Leistung abrufen. Inzwischen bin ich jedoch wieder gut drauf. Mit meinem ersten Jahr bin ich insgesamt sehr zufrieden.“
Neuer Trainer für Liendl
Nach oben hin scheint für die Rheinländer im Frühjahr jedenfalls nach wie vor alles möglich – jetzt allerdings mit einem neuen Trainer. Bremens Torwartlegende Oliver Reck wurde Ende Februar nach der Heimniederlage gegen Nürnberg beurlaubt. Vorübergehend übernahm Taskin Aksoy.
Ob heuer oder in der Zukunft – der Aufstieg in die höchste deutsche Liga bleibt ein großes Ziel des 29-Jährigen. Aus dem fernen Düsseldorf pflegt der Vater eines 2½-jährigen Sohns unterdessen weiter die Kontakte ins Ländle, wo er Kindheit und Jugend verbracht hat. Kein Wunder, leben doch die Eltern nach wie vor in Thüringen. Außerdem hat er einige Freunde hier – und seinen Trauzeugen. Das verbindet mit daheim.
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