Veronika Fehle

Puzzeln am Gebhardsberg – Sanierung der Deckengemälde in vollem Gange

November 2017

Stück für Stück entsteht derzeit unter den Händen von Claudio Bizzarri und seinem Team ebenjenes Deckengemälde der Kapelle am Gebhardsberg wieder, das vor knapp zwei Monaten wortwörtlich aus allen Wolken fiel. Bis zum Frühjahr werden die Restaurierungsarbeiten abgeschlossen und die Kirche wieder geöffnet sein.

Stück für Stück entsteht derzeit unter den Händen von Claudio Bizzarri und seinem Team ebenjenes Deckengemälde der Kapelle am Gebhardsberg wieder, das vor knapp zwei Monaten wortwörtlich aus allen Wolken fiel. Bis zum Frühjahr werden die Restaurierungsarbeiten abgeschlossen und die Kirche wieder geöffnet sein.

Öffnet man derzeit am Bregenzer Gebhardsberg die Türen der Wallfahrtskirche, bietet sich den Besuchern ein ganz besonderer Anblick. Stangen, Gerüste, Stege und Leitern, wohin das Auge blickt. Irgendwo ganz hinten linst noch der Hochaltar mit seiner weißen Gebhards-Statue zwischen den Verstrebungen hervor. Ganz klar: Hier ist Baustelle. Hier wird gearbeitet – und zwar zügig und flott und hochkonzentriert. Doch, doch, man ist schon richtig hier. Das ist schon die Kapelle am Bregenzer Gebhardsberg. Nur, dass sie derzeit eben einer Generalsanierung der Deckengemälde unterzogen wird.

In 1000 Stücke

Der direkte Grund dafür findet sich rund zwei Monate vor dem heutigen Lokalaugenschein. Damals, Ende August, hatten sich nämlich Teile des bemalten Deckenputzes gelöst und waren in tausend Stücke zersprungen. Das betroffene Deckengemälde befand sich über der Orgelempore, so, dass niemand zu Schaden kam – außer dem Gemälde selbst natürlich. Dieses zeigte bis zu jenem Tag eine reizende Szene aus dem Leben des jungen Gebhard, der dem Heiligen Konrad zum Unterricht übergeben wird – sein „erster Schultag“ quasi.

Glück im Unglück

Dieses Bild des oberschwäbischen Malers Gebhard Fugel war „futsch“, zumindest Teile davon. Aber nicht selten kommt zum Unglück ja doch noch eine Portion Glück dazu. Und das gilt auch für Fugel, einen der bekanntesten Vertreter des Nazarener-Stils im Bodenseeraum, und sein Werk, das um 1895 entstanden ist. Wo in diesem Fall das Glück lag: Nun ganz einfach in der Tatsache, dass große Teile des Gemäldes zwar herabgestürzt waren, dabei aber doch in relativ große Stücke zerbrochen sind. Die großen wie die kleinen Stücke wurden dann sofort eingelagert – und damit begann für das Restauratoren-Team die Arbeit.

Denk(mal)würdige Vorlage

Geleitet wird das Team, das sich derzeit am Gebhardsberg ans große Puzzeln macht, von Claudio Bizzarri. Und so wird dort jetzt sortiert, angepasst, geklebt und mit Holzlatten befestigt. Immer zur Hand ist dabei ein Foto des zerbrochenen Bildes, das quasi als Landkarte durch das denk(mal)würdige Puzzle dient. Wo die einzelnen Teile aufeinandertreffen, werden die dabei entstehenden Fugen ausgebessert – und wo tatsächlich Leerstellen bleiben sollten, wird natürlich neu verputzt und die fehlende Bemalung ergänzt. Wobei er, so Claudio Bizzarri, sehr zuversichtlich sei, dass nach Abschluss der Restaurierungsarbeiten für den Betrachter so gut wie kein Unterschied zum vorherigen Zustand zu erkennen sein werde.

Musiker oder doch Restaurator? Beides!

Claudio Bizzarri ist übrigens für alle, die sich schon einmal haupt- oder auch ehrenamtlich mit der Restaurierung oder Sanierung denkmalgeschützter Gemälde befasst haben, kein Unbekannter. Seit nunmehr 20 Jahren ist er immer wieder auf Vorarlberger (Kirchen-)Baustellen anzutreffen. Dabei war sich Bizzarri anfangs gar nicht so sicher, ob es für ihn nicht doch die Musik sein sollte. Aber er gab den Gemälden, die seiner Hilfe bedurften, dann doch denn Vorzug. Gut für die Kunst, schade für die Musik. Geboren 1954 in Spoleto (Umbrien) machte er sich nach seiner Ausbildung am Instituto Centrale in Spoleto zunächst selbstständig. Mit dem Umzug nach Österreich folgten auch die ersten Aufträge in Vorarlberg, die er als Teil des ACT – des „Advanced Conservation Teams“ – gemeinsam mit Claudia Podgorschek, Peter Berzobohaty und anderen umsetzte. Der Bregenzer Martinsturm und die Bregenzer Michaelskapelle fallen in diese Zeit. Heute ist es beinah unmöglich, durchs Land zu fahren und dabei nicht zumindest einem Bizzarri-Werk zu begegnen. Pfarrkirche Hatlerdorf, Dornbirn St. Martin, Damüls, Bludesch, Reuthe, Tschagguns und weitere. Und jetzt eben auch noch der Bregenzer Gebhardsberg – zwar ungeplant, aber nicht mit weniger Herzblut und Begeisterung.

Wie es dazu kam

Wie aber kam es überhaupt dazu? Die Kirche am Bregenzer Gebhardsberg wird in der Regel nur während der Sommermonate genutzt. Das heißt, dass sie während des Winters nicht beheizt ist. Daraus folgen natürlich Schwankungen im Bereich der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit. Dazu kam, dass die Decken­gemälde der Kapelle auf Holzleisten angebracht waren. Und Holz arbeitet bei unterschiedlichen Temperaturen und unterschiedlicher Feuchtigkeit. Dieses Ursachengemenge habe, so der stellvertretende Pfarrkirchenrat Karl Schwärzler, zu einer Verschärfung des natürlichen Alterungsprozesses geführt. Als Vorsichtmaßnahme wurde nun im Zuge der Sanierungsarbeiten die gesamte Decke der Kapelle auf schadhafte Stellen untersucht, die sofort mit Spezialmörtel hinterfüllt und neu fixiert wurden.

Im Frühling wieder geöffnet

Nach Abschluss der Sanierung und einer gründlichen Reinigung der Decke wird die Wallfahrtskirche am Gebhardsberg ab dem kommenden Frühjahr wieder öffentlich zugänglich sein. Derzeit ist die Kapelle nämlich aufgrund der Bauarbeiten gesperrt.

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