Das „Landesstadion“ steht in Altach
Waren sich vor zehn Jahren die Vorarlberger Spitzenfußballclubs grundsätzlich über den Bau eines Landesstadions einig, so wurde dieses Vorhaben mittlerweile zu Grabe getragen. Freilich – nach Ansicht von Johannes Engl, dem scheidenden Präsidenten des SCR Altach, habe sich die Schnabelholz-Arena in Altach inzwischen ohnehin zum Landesstadion gemausert. Rivale Lustenau sei hier herzlich willkommen.
Blenden wir zurück ins Jahr 2006. Damals im Sommer endete ein Spitzengespräch zwischen Horst Lumper, dem Präsidenten des Vorarlberger Fußballverbands (VFV), und den Topclubs im Land mit einem klaren Bekenntnis zur Errichtung eines Landesstadions. Das Land – die Sportagenden lagen in der Hand von LR Siegi Stemer – setzte zum nächsten Schritt an: die Klärung der Standortfrage. Zwischen Bregenz und Hohenems sollte der Vorarlberger Fußballtempel entstehen.
Ein Jahr später lag dann bereits eine Machbarkeitsstudie auf dem Tisch. Die Conclusio unter anderem: „Nicht vorstellbar ist, dass einer der Spitzenvereine seine neue Heimat in einer Landesarena sucht und findet. Ein reines Fußballstadion ist derzeit wenig realistisch.“ Eine Lösung könne zwischen einer Multi-Arena und einer Arena für alle liegen. Auch eine Fußballarena mit Nebennutzungen sei denkbar.
„Leider gelang es nicht, einen Standort zu finden, der allen Clubs passte“, bedauert Horst Lumper, der nach wie vor die Geschicke des VFV leitet. Heute sei das Projekt vom Tisch, es bestünde kein Bedarf mehr. „Wer soll darin spielen?“, fragt er eher rhetorisch. „Die Vereine wollen ihre eigenen Arenen behalten, modernisieren und ausbauen.“ Lumper hätte sich ein Stadion in der Größenordnung wie in St. Pölten vorstellen können. Die rund 8000 Plätze bietende NV-Arena lässt sich ohne größeren Aufwand für spezielle Anlässe auf eine Kapazität von 13.000 Plätzen erweitern.
„Stammpublikum bleibt aus“
Auf Vereinsseite stellt Hubert Nagel, Präsident der Lustenauer Austria, aktuell unmissverständlich klar: „Ich halte gar nichts von einem Landesstadion.“ Es sei lächerlich, eine große Arena zu bauen, die bloß zweimal jährlich benötigt werde. Außerdem müsse sich ein Stadion in der Nähe des jeweiligen Clubs befinden, sonst bliebe das Stammpublikum aus.
Zwei oder drei moderne, kleinere Stadien würden den Bedarf locker decken, der wichtige Heimvorteil ginge so nicht verloren. Die Austria selbst wird 2017 mit dem Umbau bzw. der Modernisierung des Reichshofstadions beginnen. Nagel: „Wir wollen Notwendigkeiten und Auflagen erfüllen.“ Faktisch entstehe ein neues Stadion mit Blickrichtung höchste österreichische Spielklasse. Die Arena soll nach den Arbeiten kurzfristig und vorübergehend erweiterbar sein.
„Ein Landesstadion hätte damals sicher Sinn gemacht“, meint Johannes Engl, scheidender Präsident des Lokalrivalen SCR Altach, den wir deshalb auf seinen Wunsch hin als Privatperson zitieren. Engl war vor zehn Jahren auf der Seite der Befürworter. Heute sehe die Situation freilich komplett anders aus. „Inzwischen steht in Altach bereits zu viel“, begründet er. Einen kostenintensiven Neubau an einem neutralen Ort für wenige Spiele im Jahr hält er jetzt für einen kuriosen Gedanken.
Beim Status quo wird es bei der Cashpoint Arena nicht bleiben. Im Jänner fällt der Startschuss für die Modernisierung der Sportanlage Schnabelholz. Im ersten Schritt errichtet man die Südtribüne neu. Außerdem wird es unter anderem einen von der Trainingsanlage losgelösten, separaten Trakt mit Umkleidekabinen geben, der ausschließlich für den Spieltag zur Verfügung steht. Altach bereitet sich optimistisch auf künftige Teilnahmen an der Europa League vor, um nicht abermals nach Innsbruck ausweichen zu müssen.
„Im Prinzip hat Vorarlberg mit dem Schnabelholz bereits ein Landesstadion“, lässt Engl aufhorchen. Es spiele für einen Club doch keine Rolle, „ob er seine Partien fünf Kilometer weiter rechts oder links austrägt“. Damit widerspricht er Austria-Boss Nagel klar. Das Beispiel München, wo sowohl der FC Bayern als auch 1860 München in der Allianz Arena kicken, zeige, dass eine Koexistenz von Lokalrivalen in einem Stadion möglich sei. Dies sieht VFV-Präsident Lumper ähnlich. Für Nagel wäre hingegen schon der wöchentliche Vereinswechsel im Kantinenbereich finanziell viel zu aufwendig. Nur Großklubs könnten dies locker stemmen.
„Austria Lustenau herzlich willkommen!“
Stichwort Rivalität: Vorrangig sei es nach Ansicht von Engl, nicht das Gegeneinander in den Vordergrund zu stellen, sondern gemeinsam Synergien zu suchen, diese zu nutzen und damit in Österreich zu reüssieren. Er betont dies aus gutem Grund: Kirchturmdenken habe seinerzeit das Landesstadion verhindert.
Die Lustenauer Austria sei im Schnabelholz herzlich willkommen. In Anbetracht der Aussagen von Hubert Nagel und der kurz bevorstehenden Sanierung des Reichshofstadions scheint es allerdings fraglich, ob diese Botschaft bei den Grün-Weißen tatsächlich Gehör findet. „Das Land muss sich jedenfalls klar zu einem bestehenden Stadion bekennen“, verlangt Engl.
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