Klaus Feldkircher

(geb. 1967) lehrt an der FH Vorarlberg, ist als freier Journalist tätig und betreibt das Kommunikationsbüro althaus7. Als Autor, Texter und Konzepter hat er bereits zahlreiche Sachbücher veröffentlicht. Weiters ist er in der Erwachsenenbildung tätig und lehrt Deutsch und Latein an der Schule Riedenburg/Bregenz.

Reden wir miteinander und nicht übereinander

Juli 2024

Das sagte schon Madeleine Sophie Barat, Gründerin des Sacré-Coeur Ordens, vor über 200 Jahren – und das ist ein Ansatz, um über Ideen für eine funktionierende Schule von morgen nachzudenken. Vielleicht sollten wir von einer Grundvoraussetzung ausgehen, um über Utopien in einem späteren Schritt nachzudenken.

Schnell eine „schulverändernde“ Idee zu formulieren, ist verlockend. Doch Schule ist ein dermaßen komplexes Konstrukt, das so weitreichende Einflüsse auf jeden Einzelnen, unsere sozialen Zellen – die Familien – und schließlich auf unsere ganze Gesellschaft hat, dass dieser Verlockung, etwas „hinauszuschießen“, das dieser Komplexität nicht gerecht werden kann, widerstanden werden muss. 
Um den Blick zu erweitern, wurde im Vorfeld vom Autor, der am Sacré Coeur Riedenburg in Bregenz unterrichtet, mit zahlreichen Kollegen und Kolleginnen fachgesimpelt, was denn Aspekte einer solchen Utopie sein könnten. Und siehe da, so utopisch muten diese Ansätze dann ja gar nicht an.

Kommunikation
Ein erfahrener Kollege, Stefan Riedmann, nennt als elementare Grundvoraussetzung einer „verstehenden“ Schule die direkte Kommunikation miteinander ohne technischen Schnickschnack und Firlefanz, die eine empathische Auseinandersetzung mit dem Gegenüber erfordert. Heutzutage gehe es oftmals eher darum, WhatsApp-Nachrichten just in time zu bekommen, Likes in den Sozialen Netzwerken zu sammeln und nicht zuletzt seinen Followern zu zeigen, wo man sich gerade aufhält oder was man gerade isst. Der Druck auf Jugendliche, möglichst viel zu posten und zu liken, jeden Moment, jede freie Sekunde, sei groß. Denn etwas zu versäumen wäre ja eine Katastrophe. Hier zitiert Riedmann den Sänger Tim Bendzko: „Ich muss ja noch die Welt retten“, und wenn schon nicht retten, zumindest mitbekommen, dass sie untergeht.
Der erfahrene Pädagoge bezeichnet dieses Verhalten als Beziehungs- und Kommunikationsnebel, der sich nicht nur über unsere Kinder und Jugendlichen lege. Das Stichwort: auf Augenhöhe mit dem Smartphone, aber nicht mehr mit den Menschen um uns herum. Vielleicht ein Anstoß, das eigene Verhalten – im Sinne der Vorbildwirkung – einmal zu hinterfragen?

Individualisierung
Einen Schritt weiter geht der ehemalige Direktor der Schulen Riedenburg, Gebhard Hinteregger, der analysiert: „Personale Bildung soll die besonderen Fähigkeiten der Lernenden bestmöglich zur Entfaltung bringen, dadurch soll ein beruflich und privat erfüllendes Leben ermöglicht werden.“ Um dann einen Schwachpunkt in unserem Bildungssystem zu identifizieren, das sich vielfach an den Defiziten der zu Unterrichtenden orientiert. „Fehler zählen“, wird das in Fachkreisen genannt. Dass dies den Aufbau eines positiven Selbstwertgefühls beeinträchtigt, muss an dieser Stelle wohl nicht ausgeführt werden. Deshalb plädiert er für eine Alternative zur Ziffernbeurteilung. Ein Ansatz ist für ihn das verbale Feedback, um ein „Wohlfühlen“ in unserer Bildungslandschaft möglich zu machen. Eine Meinung, die übrigens auch die aktuelle Direktorin der Riedenburg, Maria Strolz, teilt.
Eine weitere wichtige Voraussetzung, um das bestmögliche Gemeinwohl in einer Gemeinschaft zu fördern, sei die zwingende Notwendigkeit, dass die Lernenden möglichst früh die Komplexität und Heterogenität unserer Gesellschaft erfahren. Daher befürwortet er Schulen mit einer sozialen Durchmischung als Abbild unserer aktuellen Bevölkerungsstruktur.

KI
Der junge Kollege Stefan Reichart sieht Chancen auf einem anderen Gebiet: „Es stellt sich die Frage, wie KI in den Unterricht und die Unterrichtsgestaltung integriert werden kann.“ Reicharts Ansätze: Maßgeschneiderte Lernprogramme, angepasst an den jeweiligen Lernstil oder das jeweilige Arbeitstempo. KI werde auch Lehrkräfte dabei supporten, Lernfortschritte besser nachzuverfolgen und personalisierte Rückmeldungen zu geben. Auch die virtuelle Realität könnte in gar nicht so ferner Zukunft das traditionelle Klassenzimmer modifizieren. Reisen werden so mit einem neuen Lernimpuls erlebbar gemacht, was die Welt und damit eine positive Globalisierung, weil Horizonterweiterung, vorantreiben könnte. Kästners „Fliegendes Klassenzimmer“ lässt grüßen.
Manches klingt wie eine entfernte Zukunft, anderes mutet simpel an, weil es ja im Baukastensystem unserer Schule durchaus vorgesehen und bereits angelegt ist. Ist es auch, meinen wir, man muss es nur tun. Und hier sind wir alle gefordert, denn Schule fußt auf dem Fundament der Kommunikation, und wenn es uns gelingt, diese wertschätzend und empathisch zu gestalten, haben wir die Basis für die Möglichkeit für Wissenszuwachs und persönliche Entwicklung gelegt.

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