Von der Industrie- zur Wissensgesellschaft
CampusVäre: Umbau einer Industriehalle in eine „Werkstatt zur Entwicklung der Zukunft“ mit eigenem Festival und wirtschaftlichem Fokus.
Kreative sind der Rohstoff der Zukunft.“ Chris Müller, Gründungsdirektor der Tabakfabrik Linz, provoziert und verdeutlicht mit dieser Aussage seit Jahren, was Ökonomie und Sozialforschung wissenschaftlich erheben: Während sich die natürlichen Ressourcen unserer Erde erschöpfen, wird die Kreativkraft von Menschen wesentlich dazu beitragen, eine umfassend gelingende und erfolgreiche Zukunft zu gewährleisten.
Vorarlberg benötigt eine starke (Kreativ-)Wirtschaft, um Wohlstand und Entwicklung zu ermöglichen und eine gesunde Gesellschaftsstruktur aufrecht zu erhalten. Städte und Regionen weltweit stehen hierbei im Wettbewerb um Arbeits- und Fachkräfte. Laut dem US-amerikanischen Ökonomen Richard Florida gibt es einen direkt messbaren Zusammenhang zwischen der ökonomischen, also wirtschaftlichen Stärke einer Region und dem Verhältnis der dort lebenden Wissensarbeiter und Wissensarbeiterinnen, Künstler und Künstlerinnen, Musiker und Musikerinnen sowie verschieden sexuell orientierten Menschen.
Konkret heißt das: Je höher der Anteil der sogenannten „Kreativen Klasse“ in einer Region ist, desto wirtschaftlich florierender und gesamtgesellschaftlich funktionierender ist diese. Es ist ratsam, in Wahrheit sogar unumgänglich, dafür entsprechende politische Strukturen und Rahmenbedingungen zu schaffen. Kreatives Forschen, Denken und Handeln sind wichtige Werkzeuge, die aktiv ermöglicht und unterstützt werden müssen. Innovation braucht nicht nur die richtigen Menschen, sondern auch Räume und eine entsprechend offene Haltung von Politik und Gesellschaft, diese entwickeln zu dürfen.
Vorarlberg hat die Wichtigkeit von Innovation und Kreativwirtschaft erkannt und gibt ihr mit der CampusVäre sprichwörtlichen Raum: Die Stadt Dornbirn als Eigentümerin und Bauherrin transformiert gemeinsam mit dem Land Vorarlberg und weiteren Stakeholdern eine 12.000 Quadratmeter große ehemalige Industriehalle am Campus V in ein Zentrum für Innovation, Kultur- und Kreativwirtschaft. Wo früher Webstühle standen und bis zu 2000 Menschen für die Textilindustrie arbeiteten, sind heute das designforum Vorarlberg, Werkstätten für Architekten, Studierende und Kunstschaffenden, Ateliers, Ausstellungsräume für Design und Kunst und Westösterreichs einziges Materialteillager untergebracht. Eine der insgesamt sechs Hallen in der CampusVäre wird bis 2025 zu Büros für kreativwirtschaftliche Unternehmen und in Veranstaltungsräume umgebaut.
Oberste Priorität hat dabei der Einsatz von sekundären Ressourcen. Sind diese in ihrer Funktion erschöpft, kommen nachwachsende und kreislauffähige Bauteile in Einsatz. All dies wird mit dem bekannten Holzbaupionier Johannes Kaufmann und einem engagierten Team aus Handwerkern, Technikern und Planern realisiert. Das Ergebnis: Ein europäisches Pionierprojekt in Sachen „Urban Mining“. Alles, was da ist, wird wiederverwendet, erneut eingebaut oder umgebaut. Doppelt so viele Anfragen wie vermietbare Fläche, die zur Verfügung steht, gibt es derzeit. Ich darf dieses Projekt CampusVäre oder „Werkstatt zur Entwicklung der Zukunft“, wie wir es im Arbeitstitel nennen, als Geschäftsführerin und Kuratorin leiten. Bei nur 400.000 Einwohnern in Vorarlberg ist das ein beachtliches Bekenntnis der öffentlichen Hand zur Wichtigkeit von Kultur- und Kreativwirtschaft als Impuls für Stadt- und Regionalentwicklung. Die CampusVäre ist aktuell Österreichs größtes kreativwirtschaftliche Investitionsprojekt, Delegationen, Hochschulen, politische Funktionäre aus ganz Österreich und dem Bodenseeraum sind regelmäßig zu Gast, um sich über die innovative Entwicklung der CampusVäre vor Ort zu informieren. Über 3500 Besucher zählt die CampusVäre inzwischen bei über 40 Veranstaltungen im Jahr. Das Einbeziehen der breiten Öffentlichkeit in die Entwicklung ist ein wesentlicher Faktor in der Entwicklung dieses Ortes.
Wegen Umbau geöffnet: Das jährliche „Festival zur Entwicklung der Zukunft“ im Oktober ist ein Highlight im Jahresprogramm der CampusVäre. Besucher bekommen Einblick in den räumlichen Umbau der Industriehallen, einzelne Bauschritte werden aktiv vermittelt. Gleichzeitig richtet sich der Blick auf den gesellschaftlichen Umbau und die dynamischen Veränderungen von der Industrie- hin zur Wissensgesellschaft. Der Titel behandelt die Anpassungsfähigkeit von Räumen und Menschen an neue Gegebenheiten. Neun Tage lang sind die Industriehallen Bühne und Vermittlungsplattform, Werkstatt, Radrennstrecke, Kino, Konzertraum, Ausstellungsfläche und Treffpunkt.
In Kooperation mit der Vienna Design Week und der Klima Biennale Wien wird die Ausstellung „Design with a Purpose“ gezeigt und damit 30 Projekte österreichischer Gestalter, die zu einer klimafairen Zukunft beitragen. Der Autor und Journalist Bernhard Flieher radelt aus Salzburg in die CampusVäre und liest aus seinem Buch „Das Fahrrad“. Im Anschluss findet ein Radrennen durch die Hallen und über Rampen mit dem Künstlerduo Bildstein|Glatz statt. Mit dem „Zirkus des Wissens“ bringt die JKU Linz wissenschaftliche Erkenntnisse über künstlerische Methoden zu den Menschen. In die CampusVäre kommt der Kasperl und erzählt, was es mit der KI wirklich auf sich hat. Es gibt Konzerte, ein Farblabor und offene Ateliers in Halle 5 unter der Leitung von Roland Adlassnigg.
In der CampusVäre bündelt sich die innovative und kreative Kraft Vorarlbergs in Form von Menschen und Vorhaben. Sie ist einer neuen Generation Vereinshaus und Zukunftslabor gleichzeitig und bietet Experten, Pionieren, Start-ups, Expats und Innovationsvorhaben ein urbanes und einzigartiges Umfeld, um sich zu entwickeln. Für ein chancenreiches und erfolgreiches Vorarlberg heute und in der Zukunft.
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