Angelica V. Marte

Unternehmerin, Wissenschaftlerin, Filmemacherin

In diesen Krisenzeiten wirklich wieder mit alten Führungsmustern?

September 2022

Stellen Sie sich eine Führungskraft vor. Noch deutlicher. Was sehen Sie jetzt? Ich kann ja nicht Gedanken lesen, oder doch? Ich nehme an, wir haben etwas ähnliches gesehen. Einen Mann. Mir fällt dazu Oliver Blume ein, seit gut drei Wochen neuer VW-Vorstand. Was können wir daraus schließen? Denken wir an eine Führungskraft, denken wir automatisch (unbewusst) an eine männliche Führungskraft. Think manager, think male.
Eine 70er-Jahre-Annahme, der Prototyp einer erfolgreichen Führungskraft korreliert mit dem männlichen, patriarchalen Stereotyp. In den letzten 50 Jahren hätte sich das ändern können. Wir haben aus unzähligen, weltweiten Führungsforschungen eine klare Datenlage: heterogene Teams, also an Führungsbeziehungen beteiligte Personen, die unterschiedlich sind und führen, führen besser gemeinsam und gemeinsam besser. Das macht Unternehmen generell innovativer, agiler und kollektiv intelligenter.
Oliver Blume hat sein neues Vorstands-Team so verändert, dass es wieder männlicher und kulturell einheitlicher ist. Also homogener. Unbewusst? In Zeiten kumulativer Krisen, von Krieg bis Klimakatastrophe, von drohender Rezession über Fachkräftemangel, von Rohstoffknappheit bis Wohlstandsrückgang. Sollten wir nicht alles dafür tun, bessere Lösungen schneller umzusetzen? Aber nein, offenbar bewirken Krisen Rückschritte. Es wird der nächsten Generation schlechter gehen als uns Eltern. Und unserem Planeten erst recht. Wollen wir das wirklich?
Wolfsburg ist weit weg, aber leider nur geografisch. Im Übrigen: eine höhere kollektive Intelligenz haben Gruppen dann, wenn der Frauenanteil mindestens 30 Prozent beträgt (weil sie eine höhere soziale Sensibilität beisteuern) und wenn der Sprecher-Anteil in Meetings gleichmäßig wechselt.