Andreas Dünser

Chefredakteur "thema vorarlberg" (andreas.duenser@themavorarlberg.at)

„Die Hälfte vermitteln – das wäre gut“

Mai 2016

Wirtschaftsforscher untersuchten die Arbeitsmarktintegration von anerkannten Flüchtlingen, die zwischen 2005 und 2014 nach Österreich zugewandert sind. Ergebnis: „Deutlich mehr Geringqualifizierte, geringerer Integrationserfolg als bei anderen Zuwanderungsgruppen.“ AMS-Chef Anton Strini gibt Auskunft über die Situation in Vorarlberg. Fazit? „Nicht unvermittelbar – aber eine schwierige Situation.“

Der Arbeitsmarktintegrationserfolg von anerkannten Flüchtlingen ist geringer als der von anderen Zuwanderungsgruppen – zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO). Einer der Gründe? Mangelnde Qualifikation. „Unter den im Zeitraum 2005 bis 2014 aus Asylgründen Zugewanderten waren mit 62 Prozent deutlich mehr Personen mit höchstens Pflichtschulabschluss als in früheren Kohorten“, heißt es in dem Bericht. Auch wer besser qualifiziert ist, tut sich schwer; da scheitert die Integration in den Arbeitsmarkt oft an nicht vorhandenen oder nur sehr geringen Deutschkenntnissen. Und einfacher wird die Sache nicht: Die große Flüchtlingsbewegung des Vorjahres, die in Österreich in Summe fast 89.000 Asylanträge brachte, ist in der Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts noch gar nicht berücksichtigt – angesichts der vielen offenen Asylverfahren, die in Österreich im Durchschnitt ein Dreivierteljahr dauern.

Derzeit erst 400 vorgemerkt

Beim AMS Vorarlberg sind derzeit erst 400 Konventionsflüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte als arbeitslos vorgemerkt, wobei davon nur ein kleiner Teil bereits aus der Flüchtlingswelle des Vorjahres stammt, der größere Teil aber aus älteren Flüchtlingsbewegungen, maßgeblich aus Tschetschenien. Und in der Qualifikation zeigen sich erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Volksgruppen. Während 40 Prozent der vorgemerkten Syrer – auch der Iraker – einen höheren Bildungsabschluss haben und damit mit dem österreichischen Bildungsschnitt durchaus vergleichbar sind, haben laut AMS-Chef Anton Strini „Tschetschenen, Afghanen und Somalis oft nicht einmal einen Pflichtschulabschluss“. Sind diese Menschen deswegen völlig unvermittelbar? „Nein“, sagt Strini, „solange sie gewisse Deutschkenntnisse haben, handwerklich halbwegs geschickt und motiviert sind – und sich auch an die Arbeitsbedingungen in unserem Land halten.“ Strini zufolge wurden zwischen Jänner und März 107 Personen vermittelt – unter ihnen 40 Tschetschenen, 22 Afghanen, 20 Syrer und 13 Somalis. Und doch ist das bestenfalls eine Momentaufnahme: „Es ist eine schwierige Situation, weil es sich dabei stets um Leute handelt, die mangels Qualifikation auch immer wieder arbeitslos werden.“

Strinis Prognosen

Und es werden weitere Arbeitsuchende folgen. Strini rechnet damit, dass zu den 400 in „eineinhalb bis zwei Jahren“ jene 1100, „die bereits einen positiven Asylbescheid bekommen haben“, auf das AMS Vorarlberg zukommen werden – in Summe also 1500 Flüchtlinge auf den Arbeitsmarkt kommen, zumindest mittelfristig. „Wobei wir selbstredend nicht alle unterbringen werden; gelingt es uns, die Hälfte zu vermitteln, wäre das gut.“ Doch auch hier ist das Ganze höchst relativ zu sehen: Erstens sind auch die 1500 nur eine Momentaufnahme. Und zweitens? „Auch wenn wir die Hälfte vermitteln können, sind das Menschen, die am Arbeitsmarkt nie die besten Jobs bekommen und damit in prekären Verhältnissen bleiben werden, weil sie immer wieder von Arbeitslosigkeit betroffen sein werden.“ Strini macht dies am Beispiel jener Tschetschenen fest, die bereits länger im Land sind: „Die werden immer zu einer Gruppe der am Arbeitsmarkt besonders gefährdeten Gruppen zählen – sofern sie überhaupt eine Beschäftigung finden, werden sie zwar mittelfristig immer wieder Jobs bekommen, aber auch immer wieder arbeitslos werden.“ Strini spricht in diesem Zusammenhang von einem „Rädchen, das sich vor allem bei Unqualifizierten ständig dreht – rein in den Arbeitsmarkt, raus aus dem Arbeitsmarkt. Das ist die Realität.“

Kommentare

To prevent automated spam submissions leave this field empty.