Sabine Barbisch

Gamification wenn der menschliche Spieltrieb das Arbeitsleben spannender und effizienter macht

November 2016

Immer mehr Unternehmen entdecken, dass man den menschlichen Spieltrieb nutzen kann, um Mitarbeiter zu motivieren, Arbeitsprozesse effektiver zu machen und die Produktivität zu erhöhen. Der Bregenzerwälder Daniel Meusburger ist Gamification-Experte und spricht in „Thema Vorarlberg“ über den zunehmenden Einsatz von spielerischen Elementen in der Wirtschaft.

Der Einsatz von Spielelementen im spielfremden Kontext – das ist mit Gamification gemeint. Es geht darum, den menschlichen Spieltrieb zu nutzen und spielerische Elemente in Arbeitsabläufe zu integrieren, um die Motivation der Mitarbeiter zu steigern und Arbeitsprozesse effizienter zu machen. Mit der rasch voranschreitenden Digitalisierung sind zudem alle technischen Möglichkeiten gegeben, um etwa monotone Tätigkeiten in der Produktion durch virtuelle Animationen aufzupeppen. Der Bregenzerwälder Daniel Meusburger ist Berater für Innovation und Gamification bei Accenture, einer der weltweit größten Managementberatungs-, Technologie- und Outsourcing-Dienstleister mit etwa 400.000 Mitarbeitern, und ein wahrer Gamification-Experte. „Ich habe im Rahmen meiner Bachelor-Arbeit untersucht, wie man Gamification im Lernbereich einsetzen kann, um die Motivation zu verstärken und Lernerfolge zu erzielen.“ Kurz nachdem er die Zusammenfassung seines Projekts im Internet gepostet hatte, meldete sich ein Senior Manager von Accenture bei ihm – der Rest ist Geschichte. Meusburger setzt sich bei Accenture in München mit den neuesten Technologietrends wie etwa Gamification oder auch Virtual Reality auseinander. Bis im Frühjahr 2017 arbeitet er von Paris aus, weil er dort seinen Master absolviert.

„Für mich macht die Verbindung von Technologie und Psychologie die Faszination von Gamification aus“, sagt Meusburger. „Was motiviert die Nutzer beim Spielen, und in welchen anderen Bereichen kann man diese Konzepte anwenden?“ – das definiert er als zentrale Frage. Die Vorteile beim Einsatz von spielerischen Elementen in der Wirtschaft erkennen auch immer mehr große Industriebetriebe. Bei aller Freude über den Erfolg dieser Idee gibt der Berater zu bedenken: „Bevor man Gamification in einem Unternehmen einführt, muss definiert werden, was sich verbessern soll – zum Beispiel getätigte Vertragsabschlüsse oder auch Prozessdurchlaufzeiten. Dann muss mit Fokus auf den Faktor Mensch analysiert werden, welche Spielelemente die Mitarbeiter motivieren und Verhaltensweisen fördern, von denen alles weitere positiv beeinflusst wird.“ Und schlussendlich geht es nicht darum, dass die Mitarbeiter während der Arbeit spielen, sondern dass spielerische Elemente in einem spielfremden Kontext genutzt werden. Visualisierung und Animationen sind hierbei wertvolle Instrumente. „Fortschrittsbalken oder Levels geben den Beschäftigten im Alltag kontinuierlich Feedback, was beim traditionellen Jahresgespräch verspätet und oft nur unzureichend passiert“, erklärt Meusburger.

Gamification bringt Schwung in Routine

Dass Gamification mehr als reine Punktesysteme bedeutet, ist mittlerweile allen klar. Das erfordert aber höhere Investitionen, denn die Spieldesigns müssen anspruchsvoll sein, damit sie nicht nach wenigen Einsätzen schon eintönig werden und ihren Zweck damit nicht erfüllen. „Einfache Punktesysteme und Ranglisten über bestehende Arbeitsabläufe zu stülpen, funktioniert nicht. Dann ist völlig klar, dass nicht die Bedürfnisse der Mitarbeiter im Vordergrund stehen. Aus dem Spiel wird dann zusätzlicher Wettbewerbsdruck“, stellt der Gamification-Experte klar. Das wäre absolut kontraproduktiv und könnte sogar die Frustration steigern. Für den Erfolg bei der Integration von Gamification in Arbeitsabläufe sind laut dem Accenture-Berater vor allem transparente Regeln und ein Spieldesign notwendig, das auf die Bedürfnisse der Nutzer ausgerichtet ist. Außerdem dürften Mitarbeiter nie zu Gamification gezwungen werden. „Richtig angewendet hat Gamification das Potenzial, in vielen Branchen Schwung in Routineaufgaben zu bringen“, ist Meusburger überzeugt.

Klare Spielregeln

Eingesetzt werden die spielerischen Elemente deshalb schon jetzt vielfach in Produktionsbetrieben, wobei Gamification auch in Dienstleistungs- und Handelsunternehmen angewendet wird, berichtet Meusburger – etwa wenn klassische Loyalitätsprogramme wie Kundenkarten weiterentwickelt werden.

Neben den vielen Vorteilen stellen sich bei näherer Betrachtung des Themas aber auch kritische Fragen: Was passiert etwa mit der Fülle an Daten, die dabei gesammelt wird? Der Gamification-Experte erklärt: „Gamification fördert bestimmte Verhaltensweisen und gibt Feedback – technisch wird also das Verhalten des Beschäftigten aufgezeichnet. Es gilt also vorsichtig zu sein, denn mit diesen Daten hat man sehr viel Wissen über den Mitarbeiter, das theoretisch komplett gesammelt werden kann. Deshalb ist es im Vorfeld ungemein wichtig, sicherzustellen, dass diese Daten geschützt werden und den richtigen Zweck erfüllen. Also nicht für die Bestrafung und nicht als Überwachungstool missbraucht werden, sondern um den eigentlichen Sinn von Gamification zu erfüllen: die Integration von spielerischen Elementen in die Arbeitswelt zum Wohle des Mitarbeiters und des Unternehmens.“

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