Eva Niedermair

Redakteurin
Thema Vorarlberg

Im Aufbruch – Erfolgreich Gründen in Vorarlberg

September 2024

Mit 1329 neuen Unternehmen im Jahr 2023 belegt das Land einen Spitzenplatz in Österreichs Gründungsszene. Was treibt Menschen wie Alexander Keckeis, Sarah Ranak und Christoph Nagel an, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen? Ihre Geschichten zeigen, wie Leidenschaft, Innovationsgeist und ein starkes Netzwerk in Vorarlberg ideale Bedingungen für Erfolg schaffen – und machen Mut, eigene Träume zu verwirklichen.

Der Gründungsgeist ist in Österreich trotz der vielen wirtschaftlichen Unsicherheiten intakt. Die Wirtschaftskammer Österreich meldete im vergangenen Jahr 36.380 Neugründungen für das gesamte Land. 1329 davon wurden in Vorarlberg gegründet, das entspricht einem Plus von rund sechs Prozent und damit dem zweitbesten Wert seit Beginn der Erhebungen im Jahr 1992. Die aktuelle Gründungszahl wurde hierzulande zuletzt nur im Jahr 2021 leicht übertroffen.
In Vorarlberg weht ein frischer Wind – „Das Vertrauen in die erfolgreiche Wirtschaftsstruktur, der gute Branchenmix, die starke regionale, wie auch internationale Vernetzung, die hohe Lebensqualität – all das ist der Nährboden für die zahlreichen Unternehmensgründungen in Vorarlberg. Besonders erfreulich ist dabei, dass mehr als die Hälfte der Unternehmen durch Frauen gegründet wurden“, hält Wilfried Hopfner, Präsident der Wirtschaftskammer Vorarlberg, fest. Die stärkste Gründungsbranche in Vorarlberg sowie auf Bundesebene ist mit Abstand das Gewerbe und Handwerk, gefolgt vom Handel.
 
Die Zahlen sprechen für sich
Mit diesen positiven Gründerzahlen ist Vorarlberg in der österreichischen Gründerlandschaft weit vorne dabei. Diese Zahlen unterstreichen nicht nur die Attraktivität der Region, sondern auch den Mut und die Entschlossenheit der Vorarlbergerinnen und Vorarlberger, ihre Visionen in die Tat umzusetzen. „Das ist ein bedeutender Moment für unsere Wirtschaft“, sagt Wirtschaftskammer Vorarlberg Präsident Wilfried Hopfner „denn jede Gründung ist ein Zeichen von Vertrauen in den Standort und in die Zukunft.“ Ein klares Zeichen also für den Unternehmergeist und die Innovationskraft in Vorarlberg.
 Aber was treibt diese Menschen an, sich auf das Abenteuer der Selbstständigkeit einzulassen? Und was macht Vorarlberg zu einem solch fruchtbaren Boden für neue Ideen? Ist es der Traum von Unabhängigkeit, der Wunsch nach Selbstverwirklichung oder schlicht die Leidenschaft für ein bestimmtes Thema?
 Mehr als gute Gründe
Matthias Frieß ist der Leiter des Gründerservice in der Wirtschaftskammer Vorarlberg, er betont, dass die Hauptmotive für die Selbstständigkeit im vergangenen Jahr, neben – ‚lieber sein eigener Chef sein zu wollen‘ auch die ‚flexible Zeit- und Lebensgestaltung‘, sowie ‚mehr Verantwortung tragen zu wollen‘, gewesen sind. „Tatsächlich zählt für 72,7 Prozent der Vorarlberger Neugründer und Neugründerinnen ‚sein eigener Chef sein zu wollen‘ zum stärksten Gründungsmotiv“, betont Frieß. Für fast genau so viele – 71,2 Prozent – ist die ‚flexible Zeit- und Lebensgestaltung‘ ein Grund für die Selbstständigkeit.
Einer der diesen Weg bereits gegangen ist und heute zu den rund 25.200 erfolgreichen Unternehmern und Unternehmerinnen in Vorarlberg zählt ist Alexander Keckeis. Mit nur 28 Jahren hat sich der gelernte Meister in Gas-, Sanitär- und Heizungstechnik 2023 im Anschluss an seine Gründungsberatung beim Gründerservice der Wirtschaftskammer Vorarlberg selbstständig gemacht. Er sagt: „Als Sanitärtechniker wagte ich den Sprung in die Selbstständigkeit, um meine Leidenschaft für das Handwerk auszuleben und kundenorientierten Service anbieten zu können. Ich wollte immer schon mein eigener Chef sein, deshalb war es für mich nach der Meisterprüfung der nächste, logische Schritt.“
Ebenso erfolgreich ist die 36-jährige Sarah Ranak. Sie hat es gewagt, ihre Träume in die Realität umzusetzen. Ranak gründete 2013 ihre erste Firma als Grafikerin und legte damit den Grundstein für ihre unternehmerische Laufbahn. Doch ihr Herz schlug schon immer für mehr – für nachhaltige, tierversuchsfreie Kosmetik und für ein Café, das Menschen zusammenbringt. „Am Anfang stand ein Traum, eine Gedankenspielerei oder eigentlich ganz viele Träume“, erzählt sie. Bis sie schließlich zusammen mit drei weiteren Mitstreiterinnen vor dreieinhalb Jahren das „Badhus Café und Laden“ in Lingenau, eröffnete. Das „Badhus“ ist seither ein Ort, der nicht nur mit köstlichem Gebäck und hochwertiger Kosmetik begeistert, sondern auch ein Statement für Nachhaltigkeit und Regionalität setzt. „Wir wollen mit dem ‚Badhus‘ präsenter machen, dass regionale und biologische Produkte der Standard sein sollten – und nicht das Konventionelle“, betont Ranak.
Aus einer ganz anderen Branche aber nicht weniger erfolgreich ist Christoph Nagel, Gründer und Inhaber von „ReThink IT – IT-Sicherheit neu gedacht.“ Für den 38-jährigen IT-Techniker hat die Selbstständigkeit zunächst nebenberuflich mit der Erledigung kleinerer Aufträge für IT-Dienstleister begonnen, bevor er sich im September 2023 voll auf die Umsetzung seiner eigenen Visionen mit ReThink IT konzentrierte. Sein Hauptmotiv für den Weg in die Selbstständigkeit beschreibt Nagel so: „Viele Unternehmen sind derzeit machtlos gegenüber Cyber-Angriffen. Meine Vision mit „ReThink IT“ ist es, durch die Verbesserung der Effektivität der bestehenden IT-Sicherheitssysteme, die Resilienz gegenüber Cyber-Angriffen in den Unternehmen zu stärken“. Auch er wollte sein eigener Chef sein und betont: „Zur Umsetzung meiner Vision wollte ich meinen eigenen Ideen folgen, ohne auf vorgegebene Muster, Denkweisen und Vorgaben Rücksicht zu nehmen. Ich wollte die Grenzen selbst definieren.“
 
Unterstützung weiterhin gefragt
Damit Gründen in Vorarlberg weiterhin attraktiv bleibt, muss konsequent bei den angegebenen Gründungs-Hindernissen angesetzt werden. Matthias Frieß konkretisiert: „Zu den größten Herausforderungen bei Neugründungen zählen für gut ein Drittel der Befragten Unternehmerinnen und Unternehmer nicht nur Themen wie die Sozialversicherung, Steuern und Abgaben, sondern für weitere 25 Prozent auch die allgemeinen rechtlichen Hürden und die dazugehörigen Amtswege.“
Herausforderungen, die Sarah Ranak und Alexander Keckeis kennen. Keckeis spricht beispielsweise die Unsicherheit an, für eine Zeit kein fixes Einkommen zu haben. Doch davon ließ sich der 28-jährige nicht abhalten. Er beschäftigt heute drei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auch Christoph Nagel, kennt Herausforderungen im Gründungsprozess. Er sagt: „Zweifel kommen immer dann auf, wenn kurzfristig keine Nachfolgeprojekte in Aussicht sind.“ Wie bei den anderen hat sich aber zum Glück auch bei ihm der Erfolg schnell eingestellt und aus diesen Tiefen wurden sehr schnell Höhen, nämlich dann, wenn ein positiver Projektabschluss zu Folgeprojekten geführt hat.
Bei Gastronomin Sarah Ranak waren es Genehmigungsverfahren in ihrer Branche, die das Projekt Café und Laden wieder infrage stellten. In ihrem Fall zeigte sich die Stärke eines Gründungsteams: „Es ist immer jemand da, der motiviert, der sagt, das schaffen wir auch noch“, hebt Sarah Ranak hervor. Dieser Zusammenhalt war und ist ein Schlüssel zum Erfolg des „Badhus“.
Gemeinsam mehr erreichen
Auch ein starkes Netzwerk ist essenziell für den Erfolg von Gründungen in Vorarlberg. Matthias Frieß, hebt hervor, wie wichtig es ist, dass Gründerinnen und Gründer Unterstützung finden – sei es durch Beratungen, Förderungen oder durch den Austausch mit anderen Unternehmerinnen und Unternehmern. „Vorarlberg bietet hier eine einmalige Infrastruktur“, erklärt Frieß. „Wir haben starke Institutionen, die Gründungen unterstützen und fördern, und eine Wirtschaft, die neuen Ideen gegenüber sehr aufgeschlossen ist.“
Der IT-Experte Christoph Nagel fasst seine drei wichtigsten Erkenntnisse wie folgt zusammen: „Egal was andere machen, glaube an deine Vision, vertraue deinem Bauchgefühl und gönn dir ab und zu eine Pause.“ Dass habe ihm geholfen in stressigen Situationen und schwierigen Phasen motiviert zu bleiben. Auch Installationsfachmann Alexander Keckeis baut auf ein gutes Netzwerk: „Wenn man Menschen um sich hat, die einen unterstützen schafft man vieles leichter, gerade die Anfangszeit bringt oft Stress und endlose Tage mit sich, da ist es wichtig ein gutes Netzwerk aus Freunden und Familie um sich zu haben.“ Das erlebt auch Sarah Ranak: „Als Gründerin muss man der Typ sein, der viel Zeit investieren will“, sagt sie. „Aber die Gemeinschaft, die hinter einem steht, und das Team, mit dem man zusammenarbeitet, machen vieles einfacher.“
 
Gründen in Vorarlberg: Ein Blick in die Zukunft
Nichtsdestotrotz sind die genannten Gründerinnen und Gründer überzeugt, als Selbstständige die Möglichkeit zu haben, eigene Ideen, für die man wirklich brennt, verfolgen und umsetzen zu können. „Man ist immer wieder gezwungen, seine Komfortzone zu verlassen und entwickelt sich so auch persönlich weiter“, betont Christoph Nagel und fügt noch hinzu: „Wenn du unsicher bist, ob du deine Ziele erreichen kannst, sprich mit Menschen, die ähnliche Ziele haben.“
Generell zeigt die Entwicklung der Gründungsszene in Vorarlberg, dass die Region nicht nur jetzt, sondern auch in Zukunft ein attraktiver Standort für neue Unternehmen bleibt. Die hohe Lebensqualität, die Innovationsfreude der Bevölkerung und die Unterstützung durch starke Netzwerke machen das Ländle zu einem idealen Ort, um eigene Ideen zu verwirklichen. Damit der große Mut und der starke Wille der Vorarlberger Neugründer erhalten bleibt, hält die Wirtschaftskammer Vorarlberg an den zentralen Forderungen für die idealen Gründungsbedingungen fest: Hürden- und Bürokratieabbau, steuerliche Entlastung, attraktive Arbeitsmarktbedingungen sowie ein noch besserer Zugang zu Informationen, Netzwerken und eine kompetente Servicierung. Es werden die idealen Rahmenbedingungen für alle gefordert. Die Menschen übernehmen große unternehmerische Verantwortung, sorgen für sichere und familienfreundliche Arbeitsplätze und halten die Wertschöpfung im Land. Das verdient größten Respekt und die beste Unterstützung. Unterstützung kommt auch von der Wirtschaftskammer Österreich, die fordert, die Digitalisierung weiter voranzutreiben. Durch eine weitere Digitalisierung der Behördenwege in der Gründungsphase soll künftig eine raschere und transparentere Gründung möglich sein.
Schließlich gilt selbstständiges Unternehmertum als wichtige Stütze der österreichischen Wirtschaft. Um heimische Potenziale noch mehr zu fördern und die Innovationskraft im Land zu stärken hat die österreichische Bundesregierung einen Antrag auf umfangreiche Reformmaßnahmen des bereits gut aufgestellten frühphasigen Förderwesens für innovative Startups und Gründer in der Frühphase definiert. „Eine wichtige Anpassung war die Schaffung der ‚Flexiblen Kapitalgesellschaft (FlexKapG)“, betont Matthias Frieß. Sie ist die erste neue, nationale Rechtsform seit über 100 Jahren, unter anderem mit dem Ziel eine international wettbewerbsfähige Gesellschaftsform zu schaffen mit einer attraktiven Etablierung von Mitarbeiterbeteiligungen am Unternehmen.
In Vorarlberg wurden seit 1. Jänner 2024 15 flexible Kapitalgesellschaften gegründet.
 
Ein starkes Fundament für neue Ideen
Zusammenfassend lässt sich sagen: Vorarlberg hat das Potenzial, zur Gründerhochburg Österreichs zu avancieren. Die jüngsten Zahlen zeigen, dass der Trend klar nach oben geht und die Geschichten erfolgreicher Gründerinnen und Gründer, wie die von Sarah Ranak, Alexander Keckeis und Christoph Nagel machen Mut. Doch es braucht weiterhin Unterstützung und den Willen, neue Ideen zu fördern. Denn nur so kann Vorarlberg auch in Zukunft ein Land der Möglichkeiten bleiben – für alle, die den Mut haben, ihre Träume zu verwirklichen.
In diesem Sinne hält Sarah Ranak fest: „Wenn du nicht aufhören kannst, darüber nachzudenken, mach es einfach“. Ihre eigene und die Erfolgsgeschichten der anderen Gründer zeigen, dass es sich lohnt, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen – gerade in Vorarlberg, wo Tradition und Innovation Hand in Hand gehen.

Mitarbeit: Sabine Barbisch und Daniela Vonbun

Startup Vorarlberg: Eine zentrale Anlaufstelle 

Anfang Juni eröffnete die Startup Vorarlberg GmbH in der Postgarage am Campus V in Dornbirn. Das neue Kompetenzzentrum bietet Gründerinnen und Gründern wichtige Unterstützungsangebote.
Mit der Gründung der Startup Vorarlberg GmbH erhält Vorarlberg eine zentrale Anlaufstelle für Startups und Gründungsinteressierte, die als Kompetenzzentrum gezielt die Förderung technologie- und wissensbasierter Unternehmen im Land vorantreibt. Dies ist ein wichtiger Schritt, um den Wirtschaftsstandort Vorarlberg innovativ und zukunftsorientiert weiterzuentwickeln.
Durch die Bündelung von Kompetenzen und Ressourcen unter dem Dach der neuen Gesellschaft sollen wertvolle Synergien entstehen, die wiederum eine stabile Basis für nachhaltige Innovationskraft schaffen. Die Startup Vorarlberg GmbH steht dabei für eine enge Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft, Politik und Bildung; sie soll laut den Zuständigen dazu beitragen, „dass Vorarlberg optimal auf die Herausforderungen einer dynamischen und sich wandelnden Wirtschaftslandschaft vorbereitet ist“.
Ein zentrales Element dieser Einrichtung ist die deutliche Erweiterung der Unterstützungsangebote für Gründerinnen und Gründer. Das umfassende Betreuungsnetzwerk bietet Gründungs­interessierten alle notwendigen Werkzeuge – von der ersten Idee bis zur erfolgreichen Unternehmensetablierung. Das Angebot umfasst maßgeschneiderte Beratungsleistungen, in jeder Gründungsphase, intensive Förderprogramme, die die finanzielle Basis sichern, sowie spezielle Veranstaltungen und Workshops, die das unternehmerische Know-how vertiefen und erweitern.
Ein weiterer entscheidender Aspekt der Startup Vorarlberg GmbH ist die gezielte Vernetzung innerhalb der regionalen Startup-Szene. Der Austausch von Erfahrungen, Ideen und Ressourcen wird aktiv gefördert und spielt eine zentrale Rolle für den Erfolg junger Unternehmen. Die Postgarage am Campus V dient dabei als neuer Treffpunkt und bietet den idealen Raum für Co-Working, Networking und kreative Zusammenarbeit. Hier können sich junge Unternehmerinnen und Unternehmer in einem dynamischen Umfeld mit Expertinnen und Experten, Investoren und etablierten Unternehmen vernetzen. Diese enge Zusammenarbeit innerhalb des Netzwerks bietet nicht nur wertvolle Unterstützung in den ersten Schritten der Unternehmensgründung, sondern fördert auch langfristig das Wachstum und die Innovationskraft der Startups. So entsteht eine lebendige Community, die den Austausch und die Zusammenarbeit in der Region stärkt und Vorarlberg als attraktiven Standort für innovative Gründungen positioniert.
Die Initiative zeigt, wie wichtig es ist, ein dynamisches und unterstützendes Umfeld für Gründerinnen und Gründer zu schaffen, in dem innovative Ideen gedeihen können. Langfristig soll diese Initiative dazu beitragen, die regionale Wirtschaft nachhaltig zu stärken, neue Arbeitsplätze zu schaffen und Vorarlberg als ein führendes Zentrum für Unternehmertum zu etablieren.

Kommentare

To prevent automated spam submissions leave this field empty.